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Das Haus zur besonderen Verwendung - Boyne, J: Haus zur besonderen Verwendung - The House of Special Purpose

Das Haus zur besonderen Verwendung - Boyne, J: Haus zur besonderen Verwendung - The House of Special Purpose

Titel: Das Haus zur besonderen Verwendung - Boyne, J: Haus zur besonderen Verwendung - The House of Special Purpose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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Oder wenn in deiner Nähe eine Bombe explodiert und du dann hinfällst? Oder, Gott behüte, wenn eine Bombe genau da explodiert, wo du dich gerade befindest?«
    Ich war drauf und dran, den Kopf zu schütteln und einen lauten Seufzer von mir zu geben: Nein, was für eine überängstliche Mutter! Wenn er hinfallen sollte? Das war einfach lächerlich. Der Junge war immerhin elf Jahre alt! Da sollte er mindestens ein Dutzend Mal am Tag hinfallen können. Ja – und gleich wieder aufstehen.
    »Der Junge muss die wirkliche Welt kennenlernen, Sunny«, sagte der Zar nun mit festerer Stimme, so als habe er seine Entscheidung getroffen und als sei die Diskussion für ihn nun beendet. »Sein Leben lang ist er in Palästen verwöhnt und verweichlicht worden. Was wäre, wenn mir morgen etwas zustoßen sollte und er meinen Platz einnehmen müsste? Er hat nicht die geringste Ahnung davon, was es bedeutet, der Zar zu sein. Ich selber wusste es auch kaum, als uns unser lieber Vater genommen wurde, und damals war ich immerhin ein Mann von sechsundzwanzig Jahren. Welche Aussichten hätte Alexei unter solchen Umständen? Er hat sein ganzes Leben hier verbracht, bei dir und den Mädchen. Es ist Zeit, ihn allmählich mit seinen Pflichten vertraut zu machen.«
    »Aber das Risiko, Nicky!«, flehte sie und lief zu ihrem Gatten hin, um ihn bei den Händen zu packen. »Du musst dir dessen bewusst sein. Ich habe mich beraten lassen. Und bevor ich damit zu dir gekommen bin, habe ich Vater Grigori gefragt, was er von diesem Vorhaben hält. Und er hält das für keine gute Idee. Er meint, dass du es dir noch einmal überlegen …«
    »Wie bitte? Vater Grigori sagt mir, was ich tun soll?«, rief der Zar entgeistert. »Vater Grigori glaubt, er könnte dieses Land besser regieren als ich? Verstehe ich das richtig? Er glaubt, er könnte Alexei ein besserer Vater sein als der Mann, der ihn gezeugt hat?«
    »Er ist ein Mann Gottes«, protestierte sie. »Er steht mit jemandem in Verbindung, der größer ist als der Zar.«
    »Nein, Sunny!«, schrie er, wobei er sich von ihr abwandte und seine Stimme nun vor Wut und Enttäuschung bebte. »Nicht schon wieder dieses Thema! Nicht jeden verfluchten Tag! Ich habe es satt, verstehst du? Mir reicht’s!«
    »Aber Nicky!«
    »Kein Aber! Ja, ich bin Alexeis Vater, aber ich bin auch noch Vater von Millionen von anderen Menschen, um deren Schutz ich mich ebenfalls kümmern muss. Der Junge wird mit mir nach Mogilew fahren. Ich versichere dir, man wird gut auf ihn aufpassen. Derewenko und Fedorow werden uns begleiten, sodass die Ärzte immer verfügbar sind und sich um ihn kümmern können, sollte tatsächlich etwas passieren. Gilliard wird ebenfalls mitkommen und dafür sorgen, dass der Junge mit dem Lernen nicht in Rückstand gerät. Soldaten und Leibgardisten werden auf ihn achten. Und Georgi wird ihm nicht von der Seite weichen, von dem Moment an, wo der Zarewitsch morgens aufwacht, bis zu dem Moment, wo er abends zu Bett geht.«
    »Georgi?«, schrie die Zarin, mit vor Überraschung gerunzelten Augenbrauen. »Und wer ist dieser Georgi, wenn ich fragen darf?«
    »Du kennst ihn, meine Liebe. Ihr seid euch bereits zigmal begegnet.« Er nickte in meine Richtung, woraufhin ich diskret hüstelte und aufstand, um mich aus dem Schatten des Raumes zu lösen und auf sie zuzutreten. Sie drehte sich zu mir um und starrte mich an, als hätte sie nicht die geringste Vorstellung, was ich dort machte und warum ich ihre Aufmerksamkeit verlangte, bevor sie sich wieder von mir abwandte und auf ihren Gatten zumarschierte.
    »Sollte ihm irgendetwas zustoßen, Nicky …«
    »Es wird ihm nichts zustoßen.«
    »Aber wenn ihm doch etwas zustößt, dann verspreche ich dir …«
    »Du versprichst mir was, Sunny?«, fragte er sie kühl. »Was versprichst du mir?«
    Sie zögerte nun, ihr Gesicht nahe an seinem, sagte aber kein Wort. Geschlagen wandte sie sich von ihm ab, nicht ohne mir einen eisigen Blick zuzuwerfen. Als sie auf ihren Sohn hinabschaute, entspannten sich ihre Gesichtszüge, und sie sah mit einem Mal glücklich aus, so als gäbe es nirgendwo auf der Welt einen vollkommeneren und schöneren Anblick.
    »Alexei«, sagte sie mit sanfter Stimme und streckte ihre Hand nach ihm aus. »Alexei, leg deine Spielsachen beiseite und komm mit deiner Mutter, ja? Es ist Zeit für dein Abendessen.«
    Er nickte und erhob sich. Dann fasste er sie bei der Hand und folgte ihr, als sie aus dem Raum stürmte.
    »Nun?«, fragte der Zar mit frostiger,

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