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Das Heerlager der Heiligen

Das Heerlager der Heiligen

Titel: Das Heerlager der Heiligen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Raspail
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Unteroffizier und einem Kapitän, sprang dauernd schießend vom Fahrzeug herunter und kämpfte zwischen Gutshof und Lkw einen Raum frei.
    »Tummelt euch!« schrie der Oberst den noch immer unsichtbaren Belagerten zu. »Der letzte Zug fährt ab! Es gibt sonst keinen mehr! Zehn Sekunden Aufenthalt!«
    Zwei schwer angeschirrte Männer kamen herausgerannt. Ihre Brust verschwand unter der Last von Patronengurten. Jeder hatte ein funkelndes Scharfschützengewehr in der Hand.
    »Verdammt!« rief der Oberst und hob seine Maschinenpistole hoch. »Ihr! Und der zweite! Wer seid Ihr? Antwortet, oder ich lege euch um!«
    Der Mann war nach europäischer Art angezogen, hatte eine schwarze Hautfarbe und ein Gesicht wie ein Hindu.
    »Schießt nicht! Ich heiße Hamadura und bin ehemaliger Abgeordneter von Pondichéry.«
    Hände zogen ihn mit Schwung auf den Lkw, wo er zwischen die Beine seines Gefährten flog. Eine jähe Kehrtwendung des Fahrzeugs warf alle durcheinander auf den Boden. Fünfzig Meter weiter ließ der Oberst anhalten. Am Rand der Straße stand wie vor den Kopf geschlagen ein Gendarm und betrachtete verdutzt seine zerschmetterte Hand, aus der in dicken Tropfen das Blut floß.
    »Wer ist Ihr Vorgesetzter?« sprach ihn der Oberst an. »Antworten Sie schnell, oder ich töte Sie!«
    Jetzt wachte der Gendarm auf. Mit einer Grimasse hob er den Kopf. Sicher hatte er Schmerzen, und es kostete ihn Mühe zu antworten.
    »Der Befehl kommt aus Paris, Herr Oberst. Direkt vom Innenminister und Verteidigungsminister.«
    »Sein Name?«
    »General Fosse.«
    »Danke!« sagte der Oberst. »Das wollte ich nur wissen.«
    Der Gendarm verbeugte sich zu einer etwas komischen Grußform. Mit einem Feuerstoß aus der Maschinenpistole in den Bauch wurde eine ganz normale Beurlaubung vollzogen. Dann sank er zu Boden, mit der Nase im Gras und starren Augen, während der Lastkraftwagen in aller Eile den Hang zum Dorf hinauffuhr …
    Als Machefer auf der Terrasse sein Glas erhob, um die Neuangekommenen zu begrüßen, verschwand alles Mißtrauen. Lächelnd sprach er:
    »Ich weiß sehr wohl, wer Sie sind, Herr Hamadura. Und warum Sie hier sind. Aber ohne Ihnen vor den Kopf stoßen zu wollen, wenn man Sie nicht kennen würde, könnte Ihre Hautfarbe und Ihre Abstammung in unserer Mitte vielleicht Überraschung auslösen. Zufällig habe ich Sie jedoch vor zwei Wochen, soviel ich weiß, in dieser verrückten Sendung der Pariser Funk– und Fernsehstation gehört, als Vilsberg und Rosemonde Réal das Stück spielten, wer bezüglich Geschichte am besten Dreck werfen kann. Ich muß sagen, als ich Sie lachen hörte, habe auch ich sehr gelacht. Aber Sie und ich waren in diesem Fall wohl die einzigen. Würden Sie bei uns nochmals Ihre Antwort zum besten geben, wenn Sie sich noch daran erinnern?«
    »Ich erinnere mich genau. Ich habe zu den beiden Spaßvögeln gesagt: ›Sie kennen mein Volk nicht, weder seinen Schmutz, seinen Fatalismus und seinen idiotischen Aberglauben noch seine atavistische Fortschrittsfeindlichkeit. Sie haben keine Vorstellung, was Sie erwartet, wenn diese Flotte der Primitiven auf Sie zukommt. Alles wird sich ändern in Ihrem Land, das auch das meinige geworden ist. Durch jene und mit ihnen werden Sie zugrunde gehen …‹ Dann hat man mich unterbrochen. Aber ich war noch nicht fertig.«
    »Das war nicht übel«, betonte beifällig der Oberst.
    »Ich wollte noch etwas anderes hinzufügen«, fuhr der ehemalige Abgeordnete fort. »Weiß sein ist nach meiner Meinung keine Frage der Hautfarbe, sondern ein geistiger Zustand. Unter den Sudisten hat es unbeschadet von Zeit und Land immer Schwarze gegeben, die es nicht als Schande empfunden haben, auf der andern Seite zu kämpfen. Wenn heute die Weißen schwarz geworden sind, warum sollen dann nicht einige Schwarzhäutige weiß bleiben wollen. Ich habe optiert, daher bin ich hier samt meinen vier Gewehren und Herrn Sollacaro, den ich heute morgen auf der Straße getroffen habe und der fabelhaft schießen kann. Ich danke Ihnen, daß Sie uns geholfen haben.«
    »Herr Hamadura«, sagte der Staatssekretär, »ich möchte Ihnen einen Vorschlag machen. Es ist noch ein Ministerium zu vergeben, das zu Ihnen wie ein Handschuh paßt. Herr Calguès hat schon das Kultusministerium, der Kommandant Notaras das Marineministerium, Herr Machefer das Informationsministerium und Oberst Dragasès das Kriegsministerium. Wollen Sie Minister werden?«
    Beim Anblick der achtzehn lachenden Gesichter vergaß der Abgeordnete

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