Das helle Gesicht
erschienen.
»Wahrhaftig!« sagten der Alte und der Sohn. Mehr brachten sie noch nicht heraus.
»Ich bringe sie gleich auf die Weide und meinen Schecken in den Korral«, schlug Hanska vor.
Bei Tagesanbruch sprachen alle dem reichhaltigen Frühstück kräftig zu. Die frische Milch kam von einer der beiden Kühe, die sich Myers als Milchkühe in ihrer kleinen Herde hielten; das dunkle Brot buken sie im selbstgebauten Backofen, weil sie nicht nur Weizenbrot essen mochten.
Die Tischgenossen waren aber nicht vollzählig. Philip fehlte. Das konnte viele Gründe haben. Vielleicht verschlief er.
Nach dem Frühstück kam die zu erwartende Frage.
»Wo hast du sie gefunden?«
»Bei Sam.«
Niemand von den Zuhörern wußte, wer Sam sei. Hanska erklärte.
»Dieser Hehler hat sie sofort herausgerückt?«
»Er hat meine Bescheinigung, daß sie zu euch gebracht werden.«
»Wird sich der Bursche melden?«
»Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Vielleicht meldet sich Elisha Field. Wer weiß.«
»Du hast die Polizei nicht eingeschaltet? Wir hatten Anzeige erstattet.«
»Die weiß doch nichts, und wenn, dann tut sie nichts.«
»Das haben wir allerdings bemerkt.«
Frau Myer räumte mit Joan und Ite-ska-wih zusammen ab. Die drei Männer blieben unter sich. Der Großvater gab noch kein Zeichen zum Aufbruch; man rauchte.
Der Alte öffnete ein paarmal den Mund, als ob er etwas sagen wollte, schloß die Lippen aber ebensooft wieder, bis er sich endlich zu einer zweiten Frage entschloß.
»Philip hast du nicht getroffen?«
»Hab’ ihn nicht gesehen.«
»Er ist verschwunden, seit du weggeritten bist.«
»Ihn kann ich nicht suchen. Ein Mensch ist beweglicher als ein Pferd.«
»Wahr.«
Der Großvater drückte seine Zigarette aus und erhob sich, mit ihm standen die beiden anderen auf, um sich an die Arbeit zu begeben.
»Übrigens«, murmelte der Alte noch im Hinausgehen, »etwas sollst du für gute Arbeit haben. Wenn das Gras bei dir nicht reicht, kannst du deinen Schecken und von mir aus auch die Appalousa und den Braunen, soweit nötig, bei uns mit weiden lassen.«
»Sehr gut, Großvater Myer.«
»Hast du Geld für Zusatzfutter, Hafer?«
»Verdiene ich mir. In drei Wochen findet der Rodeo statt, bei dem ich mitmache. Ich habe schon eingezahlt.«
»Wofür?«
»Bronc mit und ohne Sattel und Kälberfangen im Team. Das letzte muß ich freilich absagen. Mein Partner Robert fehlt mir, und Russell, der immer mit Joe zusammengearbeitet hat, ist zu langsam geworden.«
»Reitest du deine Pferde?«
»Mietpferde. Die meinen sind keine Rodeogäule mehr. Das haben sie hinter sich. Der Schecke war einmal ›das Pferd des Jahres‹, das sämtliche Reiter abgeworfen hat; die Appalousastute hat zwei Reiter zuschanden gemacht.«
Großvater und Vater pfiffen Luft durch die Lippen. Der neue Cowboy und Nachbar und seine Pferde gefielen ihnen.
Ein paar Stunden später, auf der Weide, richtete Joan es so ein, daß sie Hanska allein sprechen konnte.
»Familienunglück«, sagte sie. »Großer Krach mit Philip, weil er sich nicht erboten hat, mit dir zu reiten. Er hat seine Sachen gepackt und ist ohne Abschied ausgezogen.«
»Hat allen Grund«, bemerkte Hanska nur.
Joan sah ihn erstaunt an, fragte aber nicht weiter.
Der Tag von Pedros Begräbnis in der heimatlichen Erde stand nahe bevor. Die Wochentage liefen dem Sonnabend zu.
Hanska war zu dem Geheimnismann der widerstandsentschlossenen Indianer gegangen, um in das Leib und Seele reinigende Schwitzzelt zu gehen und an anderen kultischen Zeremonien teilzunehmen, die der Vorbereitung des großen stummen Protestes dienten. Alle engen Freunde des ermordeten Robert würden dabei sein. Hanska trug dem Geheimnismann auch seine Bitte vor, im August zu dem Sonnentanz zugelassen zu werden.
Ite-ska-wih blieb in dieser Zeit im dunklen Blockhaus. Joan leistete ihr in den einsamen Nächten wieder Gesellschaft. In den Abendstunden, wohl auch eine Stunde vor Sonnenaufgang, gingen die beiden Frauen miteinander weg, um auf dem nahe gelegenen Friedhof am Grabe des alten Inya-he-yukan zu beten. Joan wußte von vielen Gräbern hier zu erzählen, auch von dem Tishunka-wasit-wins, dem von Wakiya-knaskiya geliebten Mädchen, das Selbstmord begangen hatte, um ihr Volk aufzurütteln, und von Jerome, den ein weißer Rancher hier erschossen hatte, nur weil er sein Ranchgelände betrat. Das Beten, Sinnen und Schauen bei diesen Gräbern weitete Gedanken und Fühlen bis in das Unendliche der mit dem Himmel
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