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Das helle Gesicht

Das helle Gesicht

Titel: Das helle Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Wiesenhänge.
    Ite-ska-wih atmete die Morgenluft. Sie war eine stolze Indianerin. Mit der Glückseligkeit vollen Vertrauens dachte sie an Hanska, der seinen Mann stand. Joan schaute mit unausgesprochener Bewunderung auf sie und freute sich, diese Gefährtin zur Freundin zu gewinnen. In dem Sommermorgen flossen Hoffnungen und der beste Teil der Erinnerungen zusammen. Die beiden Frauen aber vergaßen nicht, daß es nicht nur einen, sondern vier Winde gab; Winde waren zärtlich und tödlich.
    Ite-ska-wih schaute ein paarmal zu dem fern gerückten Blockhaus hinüber. »Ich mag es«, dachte sie, und auf einmal merkte sie, daß sie die Worte laut gesagt hatte.
    »Ihr gehört dazu, du und Hanska«, antwortete Joan, als ob sie angesprochen sei. »Ich möchte nicht jeden in diesem Haus sehen, aber euch mag ich dorthinein träumen.«
    Joan trieb ihr Pferd an, das Roberts Pferd gewesen war, Ite-ska-wihs Fuchs aus dem Bestand der Familie Myer folgte.
    Der Tag verlief auf Myers und auf der King-Bighorn-Ranch ohne weitere hervorstechende Ereignisse. Es wurde Sonntag. Ite-ska-wih nutzte den arbeitsfreien Tag, um mit Joan zusammen zur Schulsiedlung zu reiten und Lehrer Ball aufzusuchen. Er hatte durch die Verwaltung schon von den neuen Abmachungen gehört und freute sich, die beiden Frauen in seinem Junggesellenheim zu begrüßen, das mit den Jahren eher ein »Altgesellenheim« wurde, wie er zu sagen pflegte.
    Er briet Steaks so vorzüglich, wie man dieses Nationalgericht in Amerika gewohnt war, richtete den Salat bei Tisch an und hatte das Mineralwasser nicht vergessen. Joan lehnte es nicht ab, die angebotene Zigarette zu rauchen. Ball machte Pläne.
    »Übernächsten Sonnabend wird Pedro in der heimatlichen Erde begraben. Der ganze Stamm wird dasein, davon bin ich überzeugt, auch ein paar der großen Indianerführer werden kommen und vielleicht noch dieser oder jener von außerhalb, der mit im Ring gewesen ist. Alle gegen den Willen unseres Chiefs, unter Mißachtung seines ausdrücklichen Verbots.«
    »Wann wird der Prozeß gegen Hugh Mahan stattfinden?« erkundigte sich Joan. »Vorher oder nachher?«
    »Nachher. Mahan nimmt noch an der Feierlichkeit teil. Wenn sie eindrucksvoll und würdig verläuft, können sie ihm nicht viel anhaben, nichts verdrehen. Er hat in Notwehr gehandelt.«
    »Wann holen Sie Harry und Mary?«
    »Ich werde erst jetzt die endgültige Erlaubnis erhalten. Hanska hat viel dazu beigetragen. Vormund soll ich werden. Die beiden Kinder kommen in unser kleines Internat hier, das Bobs Mutter betreut. Sie gehen in meine Klasse. Sonntags können sie euch besuchen.«
    Ite-ska-wih strahlte auf.
    Balls Ausdruck veränderte sich; er wurde traurig.
    »Die Kinder sind nicht mehr die gleichen. Das Geschehen war zu grauenvoll für sie, das Verstummen zu quälend, die Behandlung im Internat zu demütigend. Es wird lange dauern, bis sie wieder zu sich selbst kommen, wenn überhaupt je. Harry ist so verbittert, daß er selbst zum Mörder werden könnte. Vielleicht vermögen Hanska und du, Mara, ihn wieder für das Leben zu gewinnen; Hanska hat als Kind selbst viel durchgemacht, er kann sich einfühlen. Schade, daß er nicht mitgekommen ist.«
    Ite-ska-wih erzählte.
    »Myers sind sehr gute Leute, aber sie haben zuviel Pech. Zwei ausgezeichnete Pferde abhanden gekommen! Dabei sind sie schon mit Schulden belastet. Sie haben viele Pferde angekauft, wollen hoch hinaus.«
    Während so in der Schulsiedlung von Hanska die Rede war, befand er selbst sich in New City. Er hatte mit voller Absicht seinen Schecken mitgenommen, der bei allen, die an Pferden und Pferdehandel interessiert waren, anziehend wirkte und zur Gesprächsbereitschaft führte. Es war ihm schon gelungen, an vielen Stellen herumzuhorchen und immer Erstaunlicheres zu erfahren. Jetzt saß er wieder in der Gastwirtschaft des Elisha Field, in der er nach einem Besuch bei Joe Inya-he-yukans Schwester Margret in den Slums mit seinen Nachforschungen begonnen hatte. In der Stadt war bekannt, daß der flachgesichtige Wirt ein Doppelleben führte als legaler Bierwirt und als Teilhaber dunkler Geschäfte.
    Hanska bestellte sich eine Coca-Cola und einen »Hot Dog«, ein warmes Würstchen.
    Der Wirt kannte natürlich die schwarze Kleidung, die Hanska angelegt hatte, und benutzte eine Pause, um sich an dessen Tisch niederzulassen, nicht so, als ob er sich da etwa lange aufhalten wolle, aber mit einem Sitz übereck auf einem halb abgerückten Stuhl doch zu einem kurzen

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