Das helle Gesicht
sich wie ein Raubtier lautlos auf die Brust legte und das Herz abdrückte.
Krause wollte sich zum Schlafen zwingen, aber er konnte das Grübeln nicht lassen. Sein Gehirn arbeitete und tat weh. Wer außer Joes Schwester Margret kam als Pflegemutter für die Kinder in Frage? Freunde des King-Clans, wie Hugh Mahan, Bob, Robert, Gerald, Percival, befanden sich bei den Aufständischen, die von der Militärpolizei umzingelt waren. Bobs Frau Melitta hatte selbst vier Pflegekinder. Irene-Oiseda? Sie war Leiterin des behördlich eingerichteten Indianermuseums in New City geworden; Krause mochte sie nicht in Schwierigkeiten hineinziehen, wenn sie auch wahrscheinlich bereit gewesen wäre, sie auf sich zu nehmen. Monture und seine Frau Grace hatten sich vollkommen der Werbung für die Bewegung der Indianer verschrieben und waren in diesen entscheidenden Wochen im ganzen Lande unterwegs. Die beiden Morningstars, senior und junior, dem Stammesrat angehörig, hielten sich aus allem heraus. Richter Crazy Eagle war blind; er konnte sich gegen keinen Angriff wehren. Hetkala, Hugh Mahans Mutter, wohnte einsam und allein, seit ihr Sohn und dessen beide trotzige Pflegesöhne zu den Aufständischen gegangen waren. Sie hatte zudem Iliff, den kleinen Boy, zu hüten, und hielt eine heimliche Zufluchtsstation für die Frauen und Mädchen offen, die sich mit Lebensmitteln und Medikamenten für die Aufständischen durch den Ring der Militärpolizei schlichen. Nirgends tat sich eine Möglichkeit für Joes und Queenies kleine Kinder auf. Darum hatte ja Joe bei Krause nachgefragt, und Bill Krause hatte sich bereit erklärt, Queenie mit fünf Kindern vorübergehend aufzunehmen, bis sie nach Kanada zu den dortigen Verwandten weiterfuhren. Haus und Werkstatt zusammen boten Platz genug. Auf der Fahrt Queenies zu Krause war das Furchtbare geschehen. Ein gerichtliches Nachspiel gab es nicht. Die Tote war verschwunden. In der Mörderbande hatte sich nach dem Bericht der Zwillinge auch ein Stammespolizist befunden, der schon lange im Verdacht stand, im Auftrag des Killerhäuptlings in der Killerbande mitzumachen; er wurde gedeckt, er, der Killerchief, und der Mörder selbst, Louis White Horse. Dieser Aussagen wegen hatten die Zwillinge sofort weg und damit zum Schweigen gebracht werden müssen. Die noch jüngeren Kinder kamen als Zeugen kaum in Frage.
Wenn Krause nur hätte nachweisen können, daß die Kleineren bei ihm ordentlich versorgt waren. Eine Frau müßte er haben, doch eine nach Krauses Sinn war nicht leicht zu finden; er maß jede an dem Idealbild seiner verstorbenen Elizabeth.
Bill Krause konnte nicht mehr schlafen.
Auch sein Pflegesohn war wieder wach geworden. »Es kann ja nicht mehr lange dauern«, sagte er, »bis Joe Inya-he-yukan und Hanska zurückkommen. Joe wird Rat wissen.«
Ein Kind schrie im Schreckenstraum. Die anderen zuckten und fuhren aus dem Schlaf. Bill und sein Sohn setzten sich zu ihren Schützlingen und erzählten ihnen leise, daß ihr Vater Joe Inya-he-yukan Stonehorn und ihr großer Bruder Hanska bald zurückkommen und eine weitere Schar von Helfern mitbringen würden.
Stärker und kälter wehte und seufzte draußen der Morgenwind, der mit dem ersten Schimmern der Dämmerung einsetzte. Auf der Straße fuhr ein Wagen aufwärts. Krause erkannte ihn an seinem Motorgeräusch. Es war der Lieferwagen des Hotels oben am Berg, des einzigen Hotels an diesem Gebirgsstock, für Ausflügler und Touristen angelegt. Jetzt stand es leer, und der Lieferwagen kam nur selten.
Der Tag verging ohne Ereignis.
Aber am Abend, als die Sonne die Grenze zwischen Himmel und Erde brennen ließ, ehe sie selbst versank, kam eine Gruppe von vier Menschen durch den Busch den Hang abwärts. Sie kannten die verborgenen Pfade, die Bill Krause zu benutzen pflegte, wenn er den Weg abkürzen oder nicht gesehen werden wollte. Hanska führte die Gruppe. Er wußte sich schon von Krause beobachtet. Das schien ihm beruhigend. Krause war also daheim.
Mit kräftigen Schritten nahm Hanska die letzte Strecke und gelangte mit einem Sprung über einen kurzen Steilhang bis zu Krauses weißgestrichenem Gartentor. Da Krause sich noch immer im Haus befand und nur durchs Werkstattfenster nach seinen herankommenden Gästen Ausschau hielt, öffnete sich Hanska selbst Zaun- und Werkstattür. In dem Innenraum stand er Bill Krause allein gegenüber.
»Hay! Hanska. Hochwillkommen!«
»Hay, Krause.«
Jeder der beiden hatte ein schweres Geheimnis. Jeder suchte nach den
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