Das helle Gesicht
kannst.«
»Ich bin Stammesangehöriger. Etwas Land werden sie mir zurückgeben müssen.«
»Falls sie dich nicht einsperren. Wenn du wieder zu den Aufständischen gehst!«
»Ja«, sagte Hanska nur. »Sie sind gründlich. Sie lassen nichts aus. Aber meine Geschwister und unsere besten Pferde will ich wieder haben. In unseren Kindern lebt unser Stamm, hat Inya-he-yukan gesagt.«
»Weißt du einen Rat?«
»Laß mich weiter nachdenken. Bei wem von allen denen, die uns lieben, können sie sicher sein und Indianer bleiben…« Hanska schaute von einem zum andern.
»Ich weiß nicht«, wiederholte Krause verzweifelt, »ich weiß nicht.«
»Einiges weiß ich aber schon.« Hanska sprach sehr bestimmt. Die Hiobsbotschaften ließen ihn nur härter werden. »Meine drei kleinen Geschwister hier bringe ich nach Kanada zu unseren Verwandten in den Woodhills. Das Baby kann bei Margret bleiben. Für die Zwillinge müssen wir ein Tipi vorbereiten für den Tag, an dem sie zurückkehren.«
»Das ist schwer, Hanska.« In Krause stiegen alle Bedenken, die er schon durchdacht hatte, wieder heftiger auf.
»Es muß aber sein, Krause. Ich schreibe heute noch an Wakiya-knaskiya – hast du Papier?«
»Papier und was zum Schreiben.« Der Handwerker suchte und fand, was er sehr selten benutzte. »Ich geb’ den Brief dann drunten in New City auf.«
»Ich mach’ das«, bemerkte sein Sohn. »Ich nehm’ unsern Wagen.«
Untschidas Verbleib war noch nicht entschieden.
Hanska schaute sie lange an. »Ich glaube«, meinte er dann, »ich glaube, Untschida, du mußt schweigen und legal auftreten. Wir werden sehen. Ich schreibe den Brief, wir schlafen ein paar Stunden; ich hole unsern Wagen und bringe die Kinder nach Kanada. Ite-ska-wih nehme ich mit. Kannst du Ray und Untschida noch für ein paar Tage hier behalten, Krause? Sie haben eigenes Geld. Sixkiller hat uns etwas mitgegeben.«
Krause machte eine Bewegung, als wische er das Geldangebot vom Tisch. »Die beiden sind fremd. Sie bleiben, solange du willst. Untschida führt mir in der Zeit das Haus. Ray ist ihr Enkel. Keine Gefahr.«
»Gut, Krause.«
»Siebzehn Jahre und schon wie ein Häuptling – das bist du, Hanska. Wahlsohn Inya-he-yukans. Aber verstehe, du hast jetzt Verantwortung wie ein Hausvater. Geh nie wieder in den Ring, Hanska, und schleuse keinen anderen mehr dorthin ein. Es ist aussichtslos.«
»Nicht für den Sohn Inya-he-yukan Stonehorns. Ich habe gesprochen.« Hanska stand bei seinen Worten langsam auf.
Alle gingen noch einmal vor das Haus und schauten in das Prärieland hinein, über die Stadt zu Füßen der Berge hinweg. Die Neonlichter leuchteten auf. Der Nachthimmel war von Wolken verhangen. Die Prärie rings lag im Dunkeln. Es war Zeit, schlafen zu gehen.
Obgleich Krause sich um den jungen Hanska ob seines Wagemuts große Sorgen machte, fühlte er sich auf seinem Lager ruhiger als in der vergangenen Nacht. Die Verantwortung lastete nicht mehr auf ihm. Es war einer da, der sich auskannte und zu bestimmen verstand. Ein siebzehnjähriger Boy! Die alten Zeiten kamen wieder, in denen ein Vierzehnjähriger sich schon selbst durchschlug. Ja, die alten Zeiten kamen wieder, die Zeiten des blutigen Grenzerkrieges in diesem Land vor hundert Jahren. Jetzt waren sie wieder da. Weil die ganz Besiegten nach ihrem Recht schrien.
Krause gehörte nicht zu ihnen. Er war ein Weißer. Ein guter Weißer, das mußte wohl jeder zugeben. Er half den Kindern.
Bill Krause schlief ein.
In der Morgenfrühe aßen noch einmal alle zusammen, stumm und feierlich. Krauses Sohn hatte Proviant für die scheidenden Gäste zusammengepackt, auch ein paar Decken und Kleidungsstücke, und den eigenen Wagen fahrfertig gemacht.
Hanska schrieb den Brief und machte sich auf, um den Jaguar heranzuholen. Hanska hatte sich mit Bedacht entschlossen, am Tag zu fahren, nicht bei Nacht. Neben ihm saß Ite-ska-wih; sie hatte den Vierjährigen auf dem Schoß. Auf der Rückbank drängten sich das Mädchen und der achtjährige Bub, immerhin wesentlich bequemer als zuvor Ite-ska-wih und Untschida. Der Jaguar mußte auffallen; daß er mit Familie besetzt war, konnte ihn aber vertrauenswürdig erscheinen lassen. Nach gängiger Auffassung der Polizei liebten Prärie-Indianer es, in alten Wagen umherzuvagabundieren. Die aufregenden Ereignisse, die sich jetzt abspielten und von Presse, Radio, Television erwähnt wurden, mußten allerdings die Aufmerksamkeit der Polizei auf Indianer lenken, die möglicherweise zu
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