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Das helle Gesicht

Das helle Gesicht

Titel: Das helle Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Worten, um es mitzuteilen. Jeder wunderte sich, daß der andere nicht weitersprach.
    »Wann wird Joe kommen?« fragte Krause schließlich.
    »Er ist mit uns, aber kommen wird er niemals mehr zu dir, Bill Krause.«
    Der alte Handwerker dachte über diese Worte schwerfällig nach, und je länger er nachdachte, desto unheilträchtiger wirkten sie auf ihn. Er schaute auf das Sportgewehr, das Hanska bei sich trug, eine moderne teure Konstruktion.
    »Zeig mal. Wo hast du denn das her?«
    Hanska gab Krause die Waffe.
    »Es ist daraus geschossen worden.«
    »Ja. Auf Joe Inya-he-yukan.«
    Bill Krause fragte nur noch mit den Augen, Hanska antwortete mit einem einzigen Blick.
    Nach langem Schweigen, das sich schützend und bergend um das Entsetzen des alten Mannes und die neu aufgerissene Wunde in dem jungen Manne legte, wandten sich beide den drei zögernd Eintretenden zu: Ite-ska-wih, Untschida und Ray. Abgehärmt sahen sie aus.
    »Also gehen wir jetzt zu den Kindern und essen miteinander zu Abend«, sagte Krause mit einer Stimme, die ihm nur schwer gehorchen wollte. »Kommt mit ins Haus hinüber.«
    Als alle Brot und Fleisch zu sich genommen hatten, ohne daß dabei gesprochen wurde, gingen vier Becher mit Wasser um, aus denen alle tranken. Zum Schluß des einfachen Mahles sagte Hanska: »Hört zu, Kinder. Euer Vater Joe Inya-he-yukan Stonehorn King war mit mir in der großen Stadt Chicago. Nun geht er allein noch einen weiten Weg. Wir aber warten, bis wir eines Tages diesen Weg auch gehen und ihm an seinem Ziele wieder begegnen werden. Ho-je! Ich habe gesprochen.«
    Die Kinder hatten mit großen, prüfenden Augen zugehört. Sie fragten nichts.
    Alle standen auf. Untschida räumte mit Bill Krauses Sohn zusammen das Geschirr weg und nahm sich der Kinder an.
    Bill Krause, Hanska, Ray und Ite-ska-wih setzten sich zusammen in die Werkstatt zur Petroleumlampe.
    »Hast du Reservemunition zu deinem neuen Gun?« fragte Krause. »Ist ein verdammt teures Präzisionsgewehr.«
    »Habe keine.«
    »Besorg’ ich also. Dir würden sie das heute sowieso nicht mehr verkaufen.«
    »Ich habe Geld.«
    »Auch nicht für Geld. Aber du kriegst das. Was habt ihr jetzt vor?«
    Hanska spürte, wie sich etwas in ihm änderte. Er wurde ein anderer. Inya-he-yukan Stonehorns Schutz und Rat hatte er nicht mehr. Zwar konnte er immer sich selbst fragen: Wie würde Stonehorn entscheiden? Und er konnte sich die Antwort geben. Er mußte die Antwort für sich selbst und für die anderen wissen. Sie hingen alle an ihm, die Kinder, Ite-ska-wih, Ray, Untschida. Er konnte nicht mehr Schutz und Rat suchen; er mußte Schutz und Rat geben. Er war ein anderer geworden.
    »Wo sind unsere Zwillinge, Harry und Mary?«
    Krause war froh, daß Hanska hart und kurz fragte.
    »Im Auftrag des Superintendent auf Antrag des Chief-President getrennt in Boarding-schools verschleppt.«
    »In welche, Krause?«
    »Weiß nicht.«
    »Ich schreibe an meinen Bruder Wakiya, der bei einem Lawyer in California arbeitet. Der Lawyer muß an den Superintendent schreiben. Wir wollen unsere Geschwister wieder haben.«
    »Gut, Hanska, gut. Aber wo wollt ihr sie unterbringen?«
    »Das beraten wir noch, Krause.«
    »Ich habe mir Tag und Nacht den Kopf zerwühlt. Ich weiß nicht, wohin mit all den Kindern. Bei mir sind sie nicht mehr sicher.«
    Hanska dachte nach.
    »Du mußt nämlich wissen«, sagte Krause in Hanskas Gedanken hinein, »daß euch eure Ranch weggenommen worden ist. Das hat euer Killer-Chief gemacht. Das Land war euch vom Stamm zu Recht gegeben. Sie haben es euch weggenommen, und sie haben es einem weißen Rancher gegeben, nachdem Queenie verschwunden war und du mit Joe zusammen auf Reisen gegangen bist. Einem großen weißen Pferderancher, der euer Ranchland und auch das ehemalige der Mac Leans gepachtet hat, die ja weggezogen sind.«
    Hanskas Lippen spielten, ohne daß er einen Ton hervorbrachte.
    »Das meiste von eurem Vieh hattet ihr ja heimlich zum Knee getrieben für die Verpflegung der Aufständischen. Den Rest haben jetzt die weißen Rancher.«
    »Unsere Pferde? Der Schecke, die Appalousa-Stute, der alte Braune…« Hanska sah Krause nicht an, als er auf die Antwort wartete. Er hatte Angst vor der Antwort.
    »Ah ja, die Pferde. Die haben sich wie die Teufel aufgeführt. Der alte Morning Star hat sie übernommen. Er hält sich aus allem raus, aber die Pferde, die hat er doch in Obhut. Die kriegst du eines Tages wieder, Hanska, wenn du nachweist, daß du sie halten

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