Das helle Gesicht
wird Rote Krähes Gefährtin sein, nicht ihm Untertan. Sein zweites Selbst kann sie werden; die beiden werden voneinander lernen, während sie kranken Menschen helfen. Sie wird eine Frau werden ähnlich wie die stolze Evelyn Collins, von der ihr Mann sagte, sie habe auch ihre eigenen Gedanken. Rote Krähe wird nicht mehr einsam sein.
Ite-ska-wih überkam ein glückliches Gefühl der Ruhe. Ein solches Volk konnte nicht untergehen.
Morgens ging Elizabeth zum Dienst ins Krankenhaus; sie war Operationsassistentin Doc Raymunds. Raymund war erst des Abends zu sprechen, dann, wenn er wahrscheinlich erschöpft von Operationen und schwierigen Besprechungen nach Hause kam. Bis dahin war der heraufziehende Tag für die Gäste frei.
Ite-ska-wih kaufte in einem chinesischen Geschäft eine fertig zubereitete Mahlzeit, sogenannte Chinese food, für neun Personen ein. Sie war nicht teuer und sättigte für den ganzen Tag. Der Inhaber, der zugleich der Verkäufer war und von 6 Uhr früh bis 12 Uhr nachts im Laden stand, zeigte sich freundlich. Auch seine Haut war nicht weiß.
Was konnte man in Santa Barbara, der Stadt der vermögenden Leute, an einem freien Tag tun? Man konnte wieder an den Strand gehen, in der milder werdenden Sonne liegen, dem Rauschen des Ozeans lauschen, sich in den Sand wühlen, im Wasser spielen, die kleinen Kinder und Ite-ska-wih aber nur am Rande, denn sie konnten noch nicht schwimmen und durften nicht in Wellen geraten, die sie hinausreißen konnten. Die Männer sowie Harry und Mary wagten sich in das große Wellenspiel; sie hatten im Schwimmbad der Reservation Schwimmen gelernt und übten es jetzt unter ganz anderen Bedingungen. Der Strand war nicht stark besetzt, die Gruppe hatte einen Platz gefunden, wo sie allein war und Percival nicht angestarrt wurde.
Die Zeit verging schnell. Über dem Ozean sank die Sonne in überwältigend glühenden Farben wie daheim in der Prärie. Das Rauschen der Wellen wurde sachter. Sie schillerten in der Dämmerung. Die Besucher des Strandes räumten das Feld. Ite-ska-wihs Gruppe hatte sich im Sande trocknen lassen. Nur das dichte schwarze Haar war noch etwas feucht. Die Kinder hatten Muscheln gesucht, die sie mitnehmen durften. Wakiya erzählte noch von den Wundern und Gefahren des Meeres, in dem es auch Haie gab.
Man schlüpfte wieder in die Wagen und den Anhänger und fuhr die breite Straße hinauf zu dem Haus Doc Raymunds, das auf der Uferhöhe lag und einen weiten Rundblick bot. Es dunkelte schon. Die Vögel gingen zur Ruhe.
Am schmiedeeisernen Gartentor drückte Ite-ska-wih die Klingel. Ein Hund schlug an. Eine sehr schlanke Frau erschien und öffnete. Offenbar war es Mrs. Raymund selbst, die die angemeldeten Besucher begrüßte und auch alle Kinder hereinbat. Einen Diener oder eine Haushälterin hatte sie nicht; vielleicht eine Küchenhilfe für große Gesellschaften und stundenweise zu bezahlende Kräfte für das Reinigen der vielen Räume. Hausangestellte waren auch für viel Geld nicht zu haben. Auch durch die große Zahl der Arbeitslosen wurde diese Tatsache nicht aus der Welt geschafft. Vielleicht erinnerte Haushaltsarbeit in der Familie zu sehr an die ehemalige Sklavenarbeit. An Haushaltstechnik fehlte es allerdings nicht.
Die beiden Wagen und Anhänger konnten in die große Garage gefahren werden. Durch den Garten führte der plattenbelegte Weg zur Haustür, die aus schwerem Holz gearbeitet war. Die Diele war geräumig. Endlich tat sich das Zimmer auf, das die Hälfte der Hausfront einnahm und dessen breit angelegte Fenster den Blick auf die grünen blühenden Uferhänge und auf Strand und endlosen Ozean frei gaben.
Platz für zwölf Personen und mehr war auf gepolsterten Wandbänken, Sesseln, Stühlen und Hockern sehr leicht zu finden.
»Mein Mann wird gleich kommen.«
Ite-ska-wih wunderte sich, daß Elizabeth nicht gekommen war. War sie nicht mit eingeladen worden? Doch, sie kam nach und ließ sich etwas abseits in einem Eckstuhl nieder. Gekleidet war sie nicht schlechter als die Hausfrau, von der sie mit betonter Achtung behandelt wurde.
Getränke waren erst gefällig, als der arbeitsgeplagte Hausherr, wahrscheinlich nach einem eilig eingenommenen frugalen Dinner, endlich selbst hereinkam.
Er war von mittlerer Größe, schlank, beweglich. Sein blondes, etwas lockiges Haar wich schon von der Stirn zurück. Aus blauen Augen schaute er seine Gäste nicht ohne Erstaunen, mit ermutigender Gastfreundschaft an. Kinder schien er zu lieben; er ließ sich
Weitere Kostenlose Bücher