Das helle Gesicht
nicht, Kate? Warum sind Sie nicht allein zu Hugh Mahan gefahren und haben ihm das Hausangebot gemacht? Das wäre aussichtsreicher gewesen. Sie gelten bei unseren Wilden noch als wohlwollend. Aber selbst Sie trauen sich nicht mehr allein durch unsere traute Prärie. Im Schutze eines Killers waren Sie vor den Killern sicher.«
»Man bringt doch keine Beamten um, Eve.«
»Nein, bis jetzt nicht. Aber vielleicht die Kinder.«
»Was für Kinder? Nun rücken Sie doch heraus.«
»Queenie Kings Kinder Harry und Mary, die Zwillinge. Verstellen Sie sich nicht, Kate. Sie kennen doch die Geschichte.«
»Die schrecklichen Gerüchte.«
»Ball will die Kinder in unser kleines Internat hier haben, diese letzte Insel des Friedens, und er will sich zu ihrem Vormund bestellen lassen. Er wird damit die Verwaltung in diesen Teufelskreis der gegenseitigen Beschuldigungen hereinziehen! Verrückt.«
»Die Alternative?«
»Ein öffentlicher Riesenskandal, geschürt von einem Rechtsanwaltsbüro.«
»Fein, Eve, fein. Ist Großvater Halkett kein Ausweg?«
»Nein, meine Liebe, eine. Straßensperre ist er, sozusagen.«
»So laß uns noch einmal den Tee aufgießen.«
Das Getränk duftete; sein köstliches Braun war durchsichtig bis auf den Grund. Eve nippte und nahm ein Stück Käsegebäck.
»Kate, im Ernst, ich bin nahe daran, nachzugeben. Falls die Familie King-Bighorn irgendein Zeichen guten Willens und der Friedfertigkeit gibt.«
»Zum Beispiel?«
»Rufus Myer will Hanska Bighorn durchaus als Cowboy haben und diese Mara dazu in Kauf nehmen. Wenn das klappen sollte – Bob ist zudem ein guter Nachbar…«
»Kein schlechter Gedanke. Eine neue Insel des Friedens. Aber Hanska und Mahan sind sehr befreundet. Die Axt im Hause… erspart den Revolver.«
Eve seufzte und nahm viel Zitrone in den Tee, um ihn auf mundgerechte Temperatur abzukühlen.
»Eve, reden Sie doch erst einmal mit Mara. Sie kommt aus Chicago; ist vermutlich weniger mit Reservations-Ressentiments belastet. Vielleicht ist über sie bei Hanska etwas zu erreichen.«
So kam es, daß Ite-ska-wih eine Vorladung auf das Büro der Schulverwaltung erhielt, die ihr auf dem Postamt der Agentursiedlung ausgehändigt wurde. Wasescha hatte dort eine Box; der Beamte wußte bereits, daß Mara zu diesem Familienkreis rechnete; wenn auch inoffiziell. Der Name Mara Mahan/Bighorn war allerdings nichts als offizielle Phantasie, aber für, den Beamten doch eindeutig genug, um auszuliefern.
Ite-ska-wih trug den Brief verschlossen nach Hause und öffnete ihn erst im Tipi. Das Schreiben war höflich abgefaßt. Ite-ska-wih wurde gebeten, sich zu einer Rücksprache bei Miss Bilkins innerhalb einer Woche einzufinden, Sprechstunde täglich von 10 bis 12 a.m.
»Nun soll es dir an den Kragen gehen«, sagte Hanska. »Irgend etwas führen sie im Schild.«
»Noch bist du freie Indianerin, nicht reservationszugehörig. Du brauchst dich zu gar nichts zwingen zu lassen«, bemerkte Ray, der wieder einmal zu Besuch gekommen war.
»Schulverwaltung ist auffällig«, meinte Wasescha. »Wieso Schulverwaltung? Du müßtest erst auf der Reservation eingebürgert werden – Zustimmung des Superintendenten und des Killerchiefs sind dafür erforderlich. Diese Leute wählen einen Schleichweg, um zu irgendeinem verdächtigen Ziel zu gelangen.«
»Wer geht mit mir?« fragte Ite-ska-wih.
»Ich natürlich«, entschied Hanska.
Das Unternehmen wurde für den nächsten Tag angesetzt. Hanska wählte den Jaguar, und zum Erstaunen der Zeltbewohner zog er Inya-he-yukans schwarze Cowboykleidung an, deren Jacke so gearbeitet war, daß sie die beiden Pistolen im Halfter gut deckte. Die Möglichkeit, sich auf diese Weise zu verkleiden und als Inya-he-yukan zu erscheinen, gab er damit auf.
»Warum das?« fragte Wasescha.
»Sowieso schon bekannt, daß ich mir das Ding bei Rufus Myer aus dem dunklen Blockhaus geholt habe. Außerdem eine Erinnerung. Inya-he-yukan ist einmal mit mir, dem damals kleinen Hanska, zu Miss Bilkins gegangen, um mich vor der Wiedereinlieferung ins Internat zu beschützen. War ein bißchen schwierig, aber es hat funktioniert. Mal sehen, was wir euch heute abend zu berichten haben werden.«
»Du bist zu allem entschlossen?«
»Allerdings. Wenn sie mir Ite-ska-wih auf irgendeine Weise rauben wollen… na dann.«
Hanska und Ite-ska-wih machten sich auf. Die Fußwegstrecke nahmen sie mit schnellem Schritt. Im Jaguar fühlten sie sich geborgen; große Erinnerungen lebten darin. Die schwarze
Weitere Kostenlose Bücher