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Das helle Gesicht

Das helle Gesicht

Titel: Das helle Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Bighorn mit seinen neun Kindern läßt sein Land verkommen und lebt von Wohlfahrtsunterstützung. Er ist Myers Nachbar. Vielleicht ist er eher geneigt, etwas Land für etwas Rente abzutreten, als zum Beispiel ich. Ich trage die Verantwortung für Joe Kings Kinder, die ihr Land vorfinden sollen, sobald sie mündig werden.«
    »Schlau sind Sie, Hanska. Wir sehen uns also wieder.«
    Die Sprechstundenzeit war noch nicht abgelaufen. Die wartenden Besucher wurden hereingebeten. Hanska und Ite-ska-wih gingen.
    »Jetzt zu Bob«, sagte Hanska.
     
    Eve Bilkins traf sich mit Kate Carson in der Mittagspause. Die beiden Damen wechselten im Dienstwagen die Straßenseite, um an diesem Tage bei Mississ Carson den Lunch zu nehmen, der aus Schinken und Salat bestand.
    »Nun?« fragte Kate.
    »Der schwarze Cowboy! Es ist unglaublich, wie sich die Kingsche Mentalität fortpflanzt. Informiert ist er auch. Offenbar von Hugh Mahan beraten und geschult. Aber ich hoffe, ich habe ihn jetzt im Netz der Legalität. Falls Rufus Myer mitmacht.« Eve berichtete von Hanskas Plan.
    »Nicht schlecht, Eve. Auf diese Weise könnte Myer sich auch legalisieren. Pachtland kann man übertragen, aber das Familienstammland sollte tatsächlich der Familie King verbleiben, zu der Hanska rechnet. Er wird auch die Kinder nicht benachteiligen.«
    »Die Zwillinge! Ihretwegen veranstalte ich doch diesen ganzen Zirkus. Der Junge, Harry, ist in einem Internat ›mit militärischer Disziplin‹ gelandet, in dem Hugh Mahan seine Schulzeit verbringen mußte. Mahan setzt schon alle denkbaren Greuelmärchen über Prügelmethoden und anderes in Umlauf. Der Junge ist widersetzlich, hat Nachrichten hinausgeschmuggelt und einen Fluchtversuch gemacht. Kings Blut! Es muß so rasch wie möglich etwas geschehen. Wer kann denn Rufus Myer überreden, daß er die neue Version mitmacht?«
    »Hanska und Mara selbst.«
    »Glauben Sie?«
    »Aber sicher. Das bißchen Familienstammland kann Myer leicht entbehren, und damit bindet er einen der tüchtigsten Cowboys fest an sich.«
    »Kate, mit Ihrem Optimismus sind Sie ein wahrer Engel.«
    »Wollen Sie Hanska von der Teilnahme an der Pedro-Demonstration abbringen?«
    »Nein – nach Ihren Erfahrungen, liebe Kate, die Sie mit Mahan gemacht haben, schlage ich dieses Thema gar nicht erst an. Es ist in meinem Fall nicht wichtig. Hanska und Mara werden mit dabei stehen, wenn der Sarg in die Erde gegeben wird – weiter nichts. Darüber kann man hinwegsehen. Mit Mahan ist das etwas anderes. Er hat Ansehen, ist ehemaliger Chief, zieht andere mit, spricht vielleicht.«
    »Hanska zieht etwa niemand mit? Eve, ich muß Ihnen sagen, daß er ein ganz gefährlicher Bursche ist; er hat auch Ansehen, unter der Jugend nämlich, die ihm die tollsten Stücke zuschreibt.«
    »Kate, machen Sie mich nicht irre an meinem Erfolg. Ich habe ihn in den Fängen der Legalität, diesen schwarzen Cowboy.«
    »Es gibt Pferde, die sogar ein Lasso zerreißen. Ich warne Sie, Eve.«
    »Sie sind übervorsichtig geworden, Kate. Ich rufe jetzt Lehrer Ball an, er wird mir weiterhelfen. Unser Chief-President muß in diesem Fall parieren. Er treibt überhaupt eine viel zu eigenmächtige Politik. Das muß aufhören, denn er blamiert die Reservationsverwaltung.«
    »Unser Killerchief?«
    »Kate, werden Sie nicht frivol!«
     
    Hanska und Ite-ska-wih hielten sich in der Agentursiedlung nicht länger auf, auch nicht, um gute Bekannte zu besuchen. Sie hatten etwas Proviant dabei, kein Bäckerbrot der Watschitschun, sondern pulverisiertes Trockenfleisch mit der Beigabe von getrockneten Beeren, eine Handvoll für jeden genügte. Hetkala hatte es ihnen für den schweren Tag als traditionelle indianische Nahrung mitgegeben.
    Hanska tankte noch, bemerkte dabei zwar, beachtete aber nicht den Blick des Tankwarts, mit dem dieser dem schwarzen Cowboy zuzwinkern wollte. Er fuhr schnell in die Prärie hinaus. Die Straße war einer der wenigen asphaltierten Verbindungswege.
    Ite-ska-wih nahm das Wesen der Landschaft in sich auf, die weitreichenden grasigen Bodenwellen, den Duft der welkenden Blüten und reifenden Samen. Es war ihr, als ob sie alles zum erstenmal sehe, und in Wahrheit, meinte sie, sah sie es auch zum erstenmal, denn dieses Stück Land hier ringsum sollte nun ihre Heimat werden. Bisher war sie mit Hanska gewandert, zu den Black Hills und nach Kanada, zu dem Haus am kahlen Berg und den Bibern, zu Waseschas waldigem Versteck. Jetzt aber ging es zu dem kleinen dunklen Blockhaus. Für

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