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Das helle Gesicht

Das helle Gesicht

Titel: Das helle Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Fertighaus? Wollen Sie mich damit bestechen?«
    »Mahan, immer dieses unbegründete Mißtrauen. Mit welcher Absicht sollten wir Sie denn bestechen?«
    »Natürlich, um mein Wohlverhalten im Sinne der Verwaltung und unseres Killerchiefs zu erreichen.«
    »Mahan, bitte nicht dieses gräßliche Wort. Es sind doch alles unglückliche Einzelfälle.«
    »An der Schnur aufgereiht, ergeben sie eine eindrucksvolle Kette.«
    »Hören wir auf. Ihr Vetter Inya-he-yukan hatte auch ein Haus von der Verwaltung angenommen. Er dürfte in Ihren Augen unverdächtig sein.«
    »Gewiß. Hat angenommen – und jetzt sind seine Kinder heimatlos. Das Haus ist wieder abtransportiert. Die Zeiten ändern sich. Der Indianer hat sich gerührt, er muß vernichtet werden. Nicht wahr?«
    »Leute mit solcher Gesinnung«, rief White Horse, »unbelehrbare Aufrührer erhalten von uns allerdings keine Häuser. Lassen Sie Ihre Finger weg von dieser Versammlung für Pedro, die Sie planen. Sie ist verboten. Nehmen Sie das Haus und leben Sie endlich still und bescheiden. Ich rate Ihnen gut.«
    »Nun muß ich doch mit Ihnen reden, White Horse. Sie haben es erreicht. Sie raten schlecht. Sie gehören zur Killerbande, ich sage Ihnen das auf den Kopf zu, und Sie verlassen jetzt sofort mein Zelt und begeben sich geradeswegs zurück zum Büro des Killerchief, aus dem Sie gekommen sind. Sie werden mein Tipi nie mehr betreten. Ich habe gesprochen.«
    White Horse wollte sich eine Antwort überlegen, aber Wasescha hatte die Axt schlagbereit gefaßt; Mississ Carson hatte schon verstanden und sich erhoben. Sie strich ihr Kleid zurecht und schritt mit Würde dem Zeltausgang zu.
    »Bye, bye, Mahan«, sagte sie noch im Hinausschlüpfen. White Horse folgte ihr stumm, zornglühend.
    Hanska draußen beobachtete die beiden und folgte ihnen unauffällig, bis er festgestellt hatte, daß sie ihren Wagen erreichten und in Richtung der Agentursiedlung davonfuhren.
     
    Im Zelt Waseschas machte man sich keine Gedanken darüber, was die Besucher bezweckt hatten; die Absicht war nur allzu klar gewesen. Wohl aber schüttelte Hetkala den Kopf, wenn sie darüber nachdachte, warum sich wohl Mississ Carson zu diesem Experiment hergegeben und sich nicht gescheut hatte, in Begleitung des White Horse zu erscheinen, der früher einmal Ratsmann gewesen, gefördert von seinem Verwandten Jimmy White Horse, das letzte Mal aber nicht mehr gewählt worden war. An seine Stelle im Rat war Wasescha getreten, der die Häuptlingsfunktion verloren hatte.
    »Carson war doch früher nicht so dumm«, sagte Hetkala vor sich hin.
    Kate Carson hatte sich in der Agentursiedlung nicht unhöflich, aber sehr rasch von ihrem Begleiter verabschiedet und saß des Abends nach alter Gewohnheit mit ihrer Kollegin Eve Bilkins zusammen zu Tee, Schnitzel und Salat. Die ältlich gewordene Witwe Carson, Wohlfahrtsdezernentin, und das ältlich gewordene Fräulein Bilkins, dessen Ressort das Schulwesen war, pflegten sich gegenseitig durch freundschaftliches Verhalten das Beamtenleben auf der Reservation erträglicher zu machen.
    »Wir haben hier schon viel erlebt, Eve, aber jetzt kocht der Kessel doch wahrhaftig über.«
    »Kate, Sie sind es gewesen, die mich immer davon abgehalten hat wegzugehen.«
    »Wie sollte ich es ohne Sie aushalten.«
    »Weiß nicht. Aber was war denn nun wieder los?«
    Eve hatte beobachtet, daß Kate eine ihr unzuträgliche Menge Zucker in den Tee genommen hatte, stets ein Zeichen dafür, daß ihr Seelenleben in Unordnung gebracht worden war.
    »Was los war? Mahan erklärt, die Axt in der Hand, daß White Horse zu den Killern gehöre. Prächtig, nicht?«
    »Das Haus nimmt er also nicht?«
    »Denkt nicht daran. Aber wenn Louis White Horse noch einmal versucht, Mahans Tipi zu betreten, geschieht der nächste Mord.«
    Eve Bilkins überlegte, aß das Schnitzel auf ihrem Teller vollends auf und bemerkte dann: »Wieso Mord? Schlimmstenfalls Totschlag und bestenfalls Selbstverteidigung.«
    »Eve, früher waren Sie nicht so unterkühlt.«
    »Kate, ich habe viel größere Sorgen als Hugh Mahan und seine Axt. Lassen Sie doch diese von Unvernunft geschlagenen Erwachsenen sich gegenseitig umbringen. Es ist nicht mein Ressort. Aber was soll ich jetzt mit den Kindern machen! Ball gibt keine Ruhe. Byron Bighorn gibt keine Ruhe, das Rechtsanwaltsbüro, in dem er arbeitet, gibt keine Ruhe, der Superintendent schiebt, wie üblich, die Sache mir zu, der Chief-President wütet.«
    »Sie haben also Angst, Eve.«
    »Sie etwa

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