Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das helle Gesicht

Das helle Gesicht

Titel: Das helle Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
Vom Netzwerk:
Stellung der Frau. Ihre Pflegemutter Queenie King hat auch das Baccalaureat gemacht. Also Sie Cowboy bei Rufus Myer, Ihre Frau – ich darf Mara Okute wohl Ihre Frau nennen? – als Reservationsangehörige eine gute Schülerin in unserem Internat, das wäre die Lösung. Wir brauchen dann nichts weiter als ein Gesundheitszeugnis für Miss Okute und eine Sondergenehmigung für eine so frühe Heirat. Das läßt sich arrangieren.«
    »Bitte nichts zu überstürzen, Miss Bilkins. Ich werde Pferderancher auf eigenem Land, auf der bisherigen King-Ranch, mit dem Mittelpunkt des alten Blockhauses.«
    »Die King-Ranch ist an Rufus Myer übergegangen, Mister Bighorn.«
    »Faktisch; aber nicht von Rechts wegen. Es gibt keine Todeserklärung, weder für Joe noch für Queenie.«
    »Das sind Sachen des Gerichtes und der Ökonomie, nicht die meinen. Sie müßten sich also mit Mister Myer einigen. Eine Formsache. Wenn Sie nur beide willens sind zusammenzuarbeiten.«
    »Man wird sehen.«
    »Miss Okute geht mit Anweisung des Gesundheitsdienstes zunächst einmal zum Hospital, um die Sache mit dem Gesundheitszeugnis in Ordnung zu bringen.«
    »Nein.«
    »Wieso nein?«
    »Weil wir unser Kind nicht ermorden lassen.«
    Ite-ska-wih legte bei Hanskas Worten unwillkürlich beide Hände vor ihren Leib, als wolle sie ihr Kind beschützen. Ihr Ausdruck veränderte sich. Unter gesenkten Lidern dachte sie an die köstlichsten Stunden ihres Lebens, als sie mit Hanska im Ring der freien Indianer war, die für ihr Recht aufstanden, und als sie ihr Kind von ihm empfing. Als sie die Augen wieder ganz öffnete, glaubte Miss Bilkins einen grünen Schimmer der Feindseligkeit zu sehen wie den aus den Augen einer gereizten Tiermutter.
    Sie lehnte sich zurück.
    »Ich verstehe überhaupt nicht, Mister Bighorn, was nun wieder in Ihrem Kopf vorgeht. Außerdem ist das Gesundheitszeugnis Sache Ihrer Verlobten, nicht die Ihre.«
    »Das Kind ist auch mein Kind. Aber fragen Sie doch Mara.«
    Die Tonart wurde auf beiden Seiten scharf.
    »Haben Sie beide kein Vertrauen zu unserem ausgezeichneten Hospital?«
    »Nicht mehr. Es ist eine Mordanstalt geworden, angeklagt vor der ganzen Welt. Sie haben Hunderte unserer jungen Frauen gegen ihren Willen unfruchtbar gemacht.«
    »Im allgemein wohlverstandenen Interesse, im Sinne einer vernünftigen Bevölkerungspolitik.«
    »Ausrottungspolitik.«
    »Mister Bighorn, ohne Gesundheitszeugnis erhält Mara Okute die Reservationsangehörigkeit nicht.«
    »Dann eben nicht.«
    »… und sie muß die Reservation verlassen.«
    »In Kanada ist sie jederzeit willkommen. Ich aber bleibe hier, um die Zustände zu ändern. Hau.«
    Miss Bilkins sah schwarz, sie sah den schwarzen Cowboy. Ihre ausgeklügelten Absichten landeten genau da, wo sie zerschellen mußten. Wahrscheinlich hatte der Bursche die Pistolen unter der Jacke. Sie konnte nicht etwa die Polizei holen, um Mara Okute einfach abführen zu lassen. Bighorn war zweifellos zu allem entschlossen und zog schneller als jeder Polizist. Auch darin glich er, wie sie annahm, seinem Wahlvater.
    »Nun nehmen Sie doch Vernunft an, Bighorn! Eine vierzehnjährige Mutter! Ohne ärztliche Fürsorge. Das können Sie nicht verantworten.«
    »Eine vierzehnjährige Indianerin.«
    Miss Bilkins spielte mit ihren Notizen. Sie pflegte viele Fehler im Umgang mit Indianern zu machen, aber eine Absicht, die sie einmal gefaßt hatte, aufzugeben war nicht ihre Sache.
    »Also machen Sie selbst einen vernünftigen Vorschlag, Bighorn.«
    »Ganz einfach. Ich verlange so viel Land, wie jedem Stammesmitglied zusteht. Ich möchte genau das Land haben, auf dem die Familie King seit drei Generationen wohnt und wirtschaftet. Das Land mit dem dunklen Blockhaus. Was Joe King darüber hinaus gepachtet hatte, das mag Myer vorläufig haben, bis diese Sache endgültig geregelt wird. Da ich wenige Pferde habe, kann ich bei Myer noch mit aushelfen. Joan Yellow Cloud ist dort angestellt. Mit der läßt sich arbeiten. Mara Okute wird als Fremde bei Myer angestellt; dafür braucht sie kein Gesundheitszeugnis. Sie wohnt bei mir im Blockhaus und arbeitet mit. Ich habe gesprochen.«
    Miss Bilkins lächelte, nicht ohne Anerkennung. »Ja, dann sehen Sie mal zu, wie Sie Rufus Myer für solche Ideen gewinnen können. Ich gebe Ihnen vier Wochen Zeit.«
    »Ich Ihnen auch, Miss Bilkins. Sie müssen Ihren Kollegen von der Ökonomie überzeugen. Wenn Rufus Myer das nicht selbst tut. Ich gebe Ihnen noch einen Tip: Der versoffene Invalide Patrick

Weitere Kostenlose Bücher