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Das Herz der 6. Armee

Das Herz der 6. Armee

Titel: Das Herz der 6. Armee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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dort liegen einige Hunderte Verwundete, die täglich versorgt werden müssen! Sie vermodern hier, weil kein Fahrzeug vorhanden ist, sie nach Gumrak oder Pitomnik zu bringen! Aber Sie, meine Herren, haben einen Kübelwagen, Sie haben Sprit, Sie haben Öl, wenn es darum geht, einem idiotischen Paragraphen den Gipfel der Idiotie aufzusetzen!«
    »Von jeher war Fahnenflucht –«
    »Fahnenflucht! Weht Ihnen immer noch die Fahne voran, die mehr sein soll als der Tod?! Stecken Sie noch nicht genug mit der Nase in der Scheiße, um zu begreifen, daß wir alle, Sie und ich und die armen Kerle nebenan in den Kellern und die dreihunderttausend, die im Kessel verschimmeln, Opfer eines Verbrechens sind?!«
    »Herr Stabsarzt –«, stotterte der Oberleutnant.
    »Melden Sie das, mein Lieber! Das ist Defätismus. Jawohl! Wehrkraftzersetzung! Und Ihrem Kriegsgerichtsrat gönne ich, daß jemand ihm in die Fresse schießt und dann kein Arzt da ist, der ihn versorgt. Bedauere, Herr Kriegsgerichtsrat, aber der zuständige Arzt ist von Ihnen an die Wand gestellt worden! Nun verrecken Sie, Herr Kriegsgerichtsrat! Mit dem Gesetzbuch unterm Arm und dem Führerwort im leeren Gehirn. Und wenn Sie Schmerzen haben, singen Sie Ihre Paragraphen herunter, das beruhigt …« Dr. Portner drehte dem konsternierten Oberleutnant den Rücken zu. »Und nun gehen Sie … ich muß operieren, oder ich muß dem Divisionsarzt melden, daß zehn Verwundete nicht versorgt werden konnten, weil ein Kettenhund im OP-Bunker knurrte …«
    Der Oberleutnant wurde rot und schluckte. »Sie werden es mir nicht verübeln, Herr Stabsarzt, wenn ich diese Beleidigung eines Offiziers an die Division weitergebe …«
    »Bitte. Und einen schönen Gruß von mir an den General Gebhardt …«
    »Der kritischen Lage wegen belassen wir den Verhafteten bei Ihnen. Wir stellen ihn unter Hausarrest …«
    »So etwas muß man sich ruhig anhören!« schrie Dr. Portner. »Ein Keller mit hundert Sterbenden … und dann Hausarrest.«
    »Sie bürgen mir für den Herrn Assistenzarzt.«
    »Raus!« Dr. Portner beugte sich über den Verwundeten auf dem Küchentisch. Er war tot. »Sofort raus … ich scheue mich nicht, Ihnen die Leiche eines für Führer und Großdeutschland gefallenen Helden an den Kopf zu werfen …«
    Dr. Körner trat langsam auf den empörten und vor Erregung sprachlosen Oberleutnant zu. »Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, daß ich hierbleibe und mich der Anklage zur Verfügung stelle«, sagte er deutlich.
    Der Oberleutnant grüßte. »Danke, Herr Kamerad.« Er machte eine Kehrtwendung und verließ schnell den OP-Keller. Seine beiden Unteroffiziere folgten ihm mit klirrenden, blankgeputzten Brustschildern. Dr. Portner lehnte sich an den Küchentisch und schleuderte von der Handfläche zwei Pervitintabletten in den Mund.
    »Sie haben wohl nicht alle Tassen im Schrank …«, sagte er, als er sie geschluckt hatte. »Wie konnten Sie so etwas machen?«
    »Ich werde Ihnen das alles heute nacht erzählen, Herr Stabsarzt.«
    »Und der Lungenschuß von Wallritz? Auch gedreht?«
    »Ja.«
    »Mensch … wissen Sie, daß es um Ihren Kopf geht?!«
    »Ja. Aber mein Kopf ist mir nichts mehr wert …«
    »Aber mir! Und denen da draußen, die Sie brauchen! Himmel, Arsch und Wolkenbruch!« Die Pervitintabletten wirkten. Das Herz schlug schneller, das Blei in den Gehirnwindungen schmolz. »Ich werde sofort den Divisionsarzt anrufen. Vielleicht sind Sie zu retten …«
    Der Divisionsarzt war nicht da. Er befand sich in Pitomnik zur Lagebesprechung. General Gebhardt war ebenfalls auf Inspektion im Kessel, nur Oberst von der Haagen war erreichbar.
    »Ich weiß, ich weiß«, sagte er abweisend. »Mir ist der junge Mann schon lange aufgefallen. Unangenehm aufgefallen. Zuletzt bei der Sektion der merkwürdigen Toten. Er hat da ein Wort geprägt, das allein schon wehrunwürdig ist.«
    »Das Herz der 6. Armee …«
    »Sie sagen es! Unerhört, nicht wahr?« Die Stimme von der Haagens wurde schnarrend. »Ich bin der Ansicht, daß man den Mann bestrafen sollte. Exemplarisch! Es gibt gute und abschreckende Beispiele! Von den letzten haben wir viel zuwenig im Kessel, um die Moral der Truppe zu stützen …«
    Wortlos hängte Dr. Portner ein.
    Aus, dachte er. Man wird ihn an die Wand stellen. Umgeben von 11 sowjetischen Armeen, in einem Kessel, in dem 300.000 deutsche Soldaten von ihrem Führer geopfert werden, wird man einen jungen Arzt standrechtlich erschießen. Und man wird dazu ein Recht haben und einen

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