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Das Herz der 6. Armee

Das Herz der 6. Armee

Titel: Das Herz der 6. Armee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Arsch retten können … das haben wir gern!« Oberst von der Haagen tippte auf den Tisch, auf dem noch immer die Pistole lag. »Mein letztes Angebot an einen deutschen Offizier! Noch sind Sie es, leider Gottes!«
    »Danke.«
    »Was danke? Sie wollen vom Freitod keinen Gebrauch machen?«
    »Nein! Ich möchte rechtskräftig verurteilt werden. Vielleicht überleben einige Kameraden dieses grandiose Verbrechen an der 6. Armee … sie werden später einmal Rechenschaft fordern, auch für mich!«
    »Unerhört!« Oberst von der Haagen steckte seine Pistole wieder ein. »Haben Sie das gehört, meine Herren?« Er sah die beiden stummen Bewachungsoffiziere an. »Ist solche Hundsfötterei überhaupt noch zu übertreffen? Wie kann Deutschland siegen, wenn solche Elemente unter uns sind!«
    Nun standen sie sich wieder gegenüber … der Angeklagte und der Beisitzer des Kriegsgerichts. Zwei Welten, zwei Generationen, zwei verschiedene Geister. Der Kriegsgerichtsrat versuchte, etwas zu sagen, die Verhandlung überhaupt erst nach der Form beginnen zu lassen … Feststellung der Person, Aussagen zur Person, Anklage, Aussage, Zeugenvernehmung … er kam nicht dazu. Oberst von der Haagen, einmal im Schwunge heiliger Vaterlandsbegeisterung und Empörung, wischte mit einer Handbewegung alle Einwände einfach weg.
    »Was halten wir uns auf, meine Herren?« dröhnte er. »Draußen sterben in dieser Stunde unsere tapferen Kameraden, und hier vor uns steht ein Hundsfott, der diese Opfer bespuckt und verrät, indem er ihr Heldentum in den Dreck zieht! Meine Herren … mir ist völlig gleich, ob ich jetzt plädiere, dem Ankläger alles vorwegnehme, meine Kompetenzen als Beisitzer überschreite, meine Neutralität aufgebe … mir stehen die Haare zu Berge, wenn ich denke, daß so etwas wie dieser junge Schnösel dort den Rock des Führers trägt, den feldgrauen Rock, in dem unsere Väter – und ich selbst – Verdun anrannten, mit einem Hurra und dem Deutschlandlied auf den Lippen Langemarck stürmten, und Polen, Frankreich und Norwegen besiegten und der Welt zeigten, was ein deutscher Soldat vermag! Bitte, unterbrechen Sie mich nicht, Herr Kriegsgerichtsrat … ich bin empört, und ich weiß, daß Millionen meiner deutschen Brüder diese Empörung teilen! Man überlege sich das bloß: Da geht ein Arzt hin und macht zwei seiner Freunde krank, um sie aus Stalingrad wegzubringen! Ein Arzt! Macht krank! Allein das ist schon genug …«
    Dr. Körner hatte sich bei den letzten Worten erhoben. General Gebhardt beugte sich vor, auch Dr. Portner hielt den Atem an.
    »Ich wußte nicht«, sagte Dr. Körner klar in die plötzliche Stille hinein, »daß es die Pflicht eines Arztes ist, Zerfetzte so weit zurechtzuflicken, daß sie wieder fähig werden, sich erneut zerfetzen zu lassen. Es ist meine Pflicht als Arzt, zu heilen … aber in diesem Falle heile ich, nicht damit dieser Mensch weiterleben kann, sondern damit man ihn wieder in die Hölle steckt! Ist das nicht eine Mitschuld am Mord?!«
    Oberst von der Haagen sah hochrot zu General Gebhardt hinüber. »Das ist nicht zu überbieten«, stotterte er. »Meine Herren … das ist … das ist … dafür gibt es gar keine Worte … Unseren Heldenkampf als Mord zu bezeichnen … warum sitzen wir überhaupt noch herum?« Er ließ sich auf seinen Stuhl fallen und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er war erschöpft und völlig aufgelöst vor Empörung. Der Verhandlung folgte er von diesem Augenblick an nur noch als Statist.
    Das Verhör des Feldwebels der Feldgendarmerie Emil Rottmann war ebenfalls kurz. Mit flinken, lauernden Mausaugen stand er vor den Richtern, berichtete knapp über seine Beobachtungen, sagte sogar aus, daß er selbst den Gedanken gehabt habe, sich krank machen zu lassen, aber nicht, um abzuhauen, sondern um den Herrn Feldwebel und den Herrn Assistenzarzt damit einwandfrei überführen zu können … wenn sie getan hätten, was er wollte.
    »Das ist lobenswert!« sagte Oberst von der Haagen und nickte. »Das ist nicht nur kriminalistisch, sondern auch deutsch gedacht! Das Übel bei den Hörnern fassen, unter selbstlosem Einsatz. Brav, der Mann!«
    Dr. Körner sah Emil Rottmann nicht an, als dieser nach seiner Aussage wieder gehen durfte. Nur Dr. Portner sagte, als Rottmann an ihm vorbeiging: »Im Kessel von Stalingrad sind also doch noch nicht alle Schweine geschlachtet worden …«
    Rottmann wurde blaß und rannte aus dem Zimmer.
    Die große Rede Dr. Körners fiel aus. Die

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