Das Herz der Drachen (Eiswandlerin) (German Edition)
An ihrer Stelle war nun eine
dichte graue Wolkendecke, die ihr die Sicht versperrte. Sie sah sich
nach Mai um und merkte, dass diese schon vorgegangen war. Sie hatte
ihre Fellkapuze aufgesetzt und saß auf einem Stein.
Kate ging zu ihr
hinüber und ließ sich auf den eisbedeckten Weg sinken, in
dem Moment als es zu schneien begann. Sachte fielen die Schneeflocken
zu Boden. Sie dämpften die Geräusche des Windes und
bedeckten die Wege.
Kate streckte die
Hände aus, weil sie spüren wollte wie der Schnee auf ihrer
Haut schmolz.
Sie sah, wie die
Flocken auf ihre Hände fielen. Wie sanfter Regen fühlten
sie sich an, aber sie schmolzen nicht.
„ Das ist der
erste Schnee in diesem Jahr.“, sagte Mai in die Stille, während
sie beobachtete wie das Treiben um sie herum immer dichter wurde.
Kate fing an mit den Fingern Muster in den Schnee zu malen.
„ Der erste
Schnee.“, flüsterte sie, ohne aufzublicken. Es war schwer
sich vorzustellen, dass der Schnee, den sie bisher gesehen hatte
schon ein halbes Jahr alt war. Die Wege waren zwar hart und
verschmutzt, aber immer noch gab es Stellen, die so unberührt
wirkten, als seien sie gerade eben erst entstanden. Mai stand auf und
sah nach oben.
„ Ja, ab jetzt
wird es immer öfter schneien, bis zum Ende dieses Jahres. Es
kann sogar sein, dass wir an einigen Tagen nicht hinaus können.“
Sie drehte sich um und sah zu Kate.
„ Lass uns
weitergehen.“, fügte sie hinzu. Kate stand auf und klopfte
sich den Schnee von der Hose.
Ganz plötzlich
hörte es wieder auf zu schneien.
„ Das Wetter
ändert sich schnell in dieser Jahreszeit. Das ist völlig
normal. Aber da ist noch etwas anderes, dunkleres. Es hat nichts mit
dem Wetter zu tun, ich spüre es.“, sagte Mai.
Kate sah über
die Schulter, so als fürchte sie die Gefahr könnte
jederzeit aus den dunklen Gassen kriechen.
„ Ich meinte
nicht, dass wir in Gefahr sind, zumindest nicht im Moment. Vielmehr
liegt diese Bedrohung in der Zukunft.“ Ihre Worte beruhigten
Kate keineswegs, doch sie schwieg. Eine Weile liefen sie nur über
den leicht vom Schnee bedeckten Weg, der durch das Dorf führte.
Die Häuser waren klein und dicht aneinander gereiht. Hinter
ihren Fenstern war es dunkel und ruhig.
„ Wohin gehen
wir überhaupt?“, fragte Kate in die Stille.
„ Ich weiß
nicht.“, antwortete Mai abwesend. „Aber wir verlassen auf
keinen Fall das Dorf.“, fügte sie hinzu.
„ Weshalb
nicht? Beim letzten Mal warst du auch außerhalb.“, sagte
Kate enttäuscht. Sie hatte gehofft, sie würde etwas zu
sehen bekommen, außer der Mauer. Wieso sollte es verboten sein
hinaus zu gehen? Sie wusste nicht, was genau sie erwartet hatte, aber
sie hatte gehofft mehr von dieser Welt zu sehen, um sie besser
verstehen zu können.
„ Ich bin hier
aufgewachsen und weiß, wie ich überleben kann. Du hingegen
wüsstest nicht einmal, gegen wen du dich verteidigen müsstest.“,
erklärte Mai und Kate wusste, dass sie damit Recht hatte, auch
wenn sie sich nicht vorstellen konnte, was so gefährlich sein
sollte.
„ Nicht mal ich
bin so leichtsinnig.“, fügte Mai mehr zu sich selbst
hinzu.
Die Zeit hatte Kate
völlig vergessen. In dieser so fremden Welt, kam es ihr vor als
gäbe es sie nicht. Die Tage waren länger und die Nächte
dunkler. Daher wusste sie auch nicht, wie lange sie schon unterwegs
waren, als plötzlich ein Glockenschlag ertönte und Mai
erschrocken zum Himmel aufsah, der allmählich heller wurde.
„ So ein Mist
aber auch.“, schimpfte sie. „Wir sollten uns beeilen und
zurückgehen. Das Training beginnt schon bald und wenn Jill
irgendetwas merkt, dann lässt sie mich gar nicht mehr nach
draußen gehen.“, sagte sie aufgeregt und die Beiden
rannten los.
Sie waren nicht weit
von dem Platz entfernt, auf dem das Kampftraining stattfinden sollte
und so waren sie zu früh da.
„ Hast du heute
keinen extra Unterricht?“, fragte Kate außer Atem und
fächelte sich mit der Hand Luft zu.
Mai schüttelte
den Kopf. „Nur ab und an. Aber so können wir wenigstens
erzählen, wir hätten uns zusammen aufgewärmt.“,
sagte sie.
Man merkte ihr nicht
an, dass sie gerade gerannt war. Aus diesem Grund fand Kate ihre
Ausrede nicht sonderlich überzeugend, trotzdem sagte sie nichts.
Nach und nach
tauchten ihre Mitschüler auf. Sanny und ihr Bruder waren gut
gelaunt, was Mai auf den Schnee schob. Alessio hingegen, sah man
seine schlechte Laune schon von weitem an. Sanny versuchte, auch das
auf das Wetter zu schieben und
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