Das Herz der Dunkelheit: Psychothriller (German Edition)
auf eine medikamentöse Behandlung zurückgreifen müssen. Sara war verständlicherweise skeptisch angesichts der Tatsache, dass einige der sichersten Medikamente eine Depression manchmal verschlimmerten und, selbst wenn nicht, langfristig eine Toleranz auftreten konnte. Aber da Pete oft in der Schule fehlte und immer unfähiger schien, sozial zu interagieren ...
Heute ausnahmsweise ein Hausbesuch.
»Du könntest zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen«, schlug Mildred vor. »Iss mit deiner Schwester zu Mittag.«
Die zukünftige Braut arbeitete heute; niemand wagte es, ihr zu widersprechen. Und sie hatte im Grunde recht, denn Claudias neues Zuhause auf Key Biscayne lag kaum mehr als eine Meile von Petes entfernt.
»Dafür habe ich eigentlich keine Zeit«, winkte Grace ab.
»Dann nimm dir die Zeit«, erwiderte Mildred. »Ich hole Joshua ab.«
»Du heiratest in drei Tagen«, sagte Grace.
»Daran muss ich nicht erinnert werden.«
»Aber du musst so viel um die Ohren haben!«
Mildred strahlte glückselig. »Ich nehme an, manche von uns haben einfach ein besseres Zeitmanagement als andere.«
12
Dieselbe Geschichte wie bei dem ersten Herzen.
Keine Diebstähle von Leichen wurden von irgendwo gemeldet. Keine Verstümmelungen von Toten wurden aus Krankenhäusern oder ähnlichen Einrichtungen gemeldet.
Keines der beiden Herzen stammte aus dem Langzeitlager eines Labors, und ohnehin hatte der Gerichtsmediziner rasch jede Möglichkeit ausgeschlossen, die Organe könnten für eine Transplantation bestimmt gewesen sein, da die Entnahmetechnik, gelinde gesagt, unfachmännisch gewesen sei.
»Von keinem Chirurgen auf dieser Seite der Hölle ausgeführt«, hatte Sanders zu Sam gesagt.
Keine Leichen mit fehlenden Organen waren hereingekommen.
Keine DNA-Übereinstimmungen.
Aber irgendetwas richtig Schlimmes geschah in und um Miami Beach.
Und noch Schlimmeres würde bald geschehen, da war sich Sam nur zu sicher.
13
Pete Mankowitz, mit seinem flachsblonden Haar und den nervösen haselnussbraunen Augen, war ungefähr in dem schlimmsten Zustand, in dem Grace ihn je gesehen hatte, als sie das einstöckige Haus in der Nähe des Crandon Parks erreichte.
Eine ausgewachsene Panikattacke, wie aus dem Lehrbuch. Nur dass das hier kein Lehrbuch war; das hier war ein lebender, atmender, leidender Junge, und auch wenn es Grace schließlich gelungen war, ihn mithilfe von Techniken zu beruhigen, die sie ihm im Laufe der Zeit beigebracht hatte, hatte sie sich über die Heftigkeit des Anfalls doch gewundert.
»Was hat das denn ausgelöst, wissen Sie das?«, fragte sie seine Mutter, als der Junge sich endlich in seinem Zimmer ausruhte.
»Ich habe keine Ahnung.« Sara, eine hübsche Brünette Anfang dreißig, saß erschöpft auf der Kante eines ihrer grauen Ledersessel. »Wir hatten davon geredet, heute Abend mit einem Freund einen Burger essen zu gehen, aber das schien ihm recht zu sein, und Pete weiß ja, dass wir, wenn es ihm schlechter gehen sollte, das Essen mitnehmen oder einfach wieder nach Hause fahren können.«
»Ist das Ihr neuer Freund?«, fragte Grace.
»Charles Duggan, ja.«
Sie hatte ihn vor ein paar Monaten kennengelernt, hatte ihn Grace gegenüber erwähnt, da sie den Mann mochte. Aber ansonsten versucht, die Beziehung gelassen anzugehen, um ihren Sohn damit nicht zu beunruhigen, auch wenn Pete keine Bedenken geäußert hatte.
»Ist Ihnen aufgefallen, ob sich Petes Probleme verschlimmern, wenn Mr. Duggan hier ist oder wenn er weiß, dass er vorbeikommen könnte?«
»Eigentlich nicht – das heißt, bis heute nicht.« Saras Miene wurde noch verzweifelter. »Ich muss aufhören, Charlie zu sehen, stimmt’s?«
»Nicht, wenn er ein guter Mann ist.« Grace lächelte. »So einen findet man nicht leicht, weiß Gott.« Sie schwieg einen Augenblick. »Aber bei einem so sensiblen Jungen wie Pete müssen Sie vielleicht besonders vorsichtig sein.«
»Ich dachte, das sei ich gewesen.« Sara kämpfte wieder mit den Tränen. Sie hatte geweint, als Grace gekommen war. »Es tut mir leid.«
»Nicht doch, Sara!« Grace war sanft. »Das ist so schwer für Sie. Das Letzte, was ich will, ist, Ihnen irgendeine Art Trost zu nehmen.«
Sara schüttelte wieder den Kopf. »Es ist kein Trost, wenn es Pete noch unglücklicher macht.«
»Wir wissen ja nicht, ob es irgendetwas mit Ihrer Freundschaft zu tun hat. Es ist gut möglich, dass die Attacke heute gar nichts mit Ihren Plänen für diesen Abend zu tun hatte.«
»Ich habe Charlie
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