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Das Herz der Hoelle

Titel: Das Herz der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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gleich morgen Früh seine Nachforschungen über Morde mit Insekten auf ganz Europa auszuweiten, Interpol und die Polizeibehörden in den Hauptstädten zu kontaktieren. Foucault versprach, sein Bestes zu tun, aber die Ermittlungen waren noch immer inoffiziell, und Dumayet würde ihn nach den Fortschritten bei den laufenden offiziellen Verfahren fragen.
       Ich versprach ihm, die Polizeidirektorin anzurufen (ich sollte in einigen Stunden im Büro auftauchen), und legte auf. Hinter der Stadt Aigle verschwanden die Lichter. Man erkannte am Horizont nur noch die finsteren Massen der Alpen. Die in Dunkelheit gehüllte Straße war völlig leer. Mit Ausnahme zweier greller Schweinwerfer, die seit Kurzem in meinem Rückspiegel funkelten.
       Ein Uhr morgens. Martigny, Sion. Das Bollwerk der Berge kam näher. Ich fuhr in den Tunnel von Sierre hinein. Mit mehr als 150 Stundenkilometern überholte ich mehrere Autos, sah, wie sich ihre Schweinwerfer entfernten und dann in meinem Rückspiegel zitterten, ehe sie mit den Fäden der Tunnelbeleuchtung verschmolzen. Die beiden grellweißen Scheinwerfer dagegen blieben mir dicht auf den Fersen. 160, 170 Stundenkilometer … Die Augen waren immer noch da. Xenon-Scheinwerfer, die wie zwei Nadeln das Gewebe der Nacht durchbohrten.
       Die Tunnel reihten sich aneinander. Halbkreisförmige Mündungen, in den Felsen gegraben; durchbrochene Galerien, die an Hängen klebten; Glasröhren, die an den Flanken von Bergen hingen. Schließlich verschwanden die Scheinwerfer. Ich empfand eine unbestimmte Erleichterung. Vielleicht ein bisschen paranoid, aber die Inschrift im Beichtstuhl ging mir nicht mehr aus dem Sinn: »Ich habe dich erwartet.« Und auch die Inschrift in der Rinde: »Ich beschütze die Lichtlosen.« Der Gedanke, dass mir ein psychopathischer Mörder auf den Fersen war, war nicht abwegig.
       Eine zweispurige Nationalstraße. In jeder Stadt gab ich mir Mühe, langsamer zu fahren. Visp. Brig. Das Herz des Wallis. Die Landschaft veränderte sich wieder. Die Straße wurde schmaler, die Dunkelheit vertiefte sich. Keine Straßenbeleuchtung, keine Beschilderung mehr. Ich fuhr langsamer. Ich näherte mich dem Simplonpass.
       Die Straße wurde abrupt steiler. Schneefall. Zu beiden Seiten der Fahrbahn tauchten leuchtend weiße Felswände auf, als wären sie mit Luminol-Pulver überzogen. Dunstschwaden trieben dicht über dem Asphalt. Die Tannen wurden seltener. Niemand zu sehen.
       Mein Audi neigte sich im Wind zur Seite. Die Kälte drang in den Wagen. Ich wollte so schnell wie möglich auf die andere Seite des Passes gelangen und mit der Abfahrt beginnen. Tunnel in dichter Folge, nackt, wild. Steinerne Ringe, die die Felswand aufbrachen, Betonrampen, an den Hang gepfropft, Kolonnaden, unter einen wilden Sturzbach geschoben …
       Ich bekam erste Halluzinationen. Die Schneeflocken wurden zu Vögeln, Arabesken, chinesischen Schriftzeichen, die vor meiner Windschutzscheibe zerstoben. Ich verzichtete auf das Fernlicht, da der Schnee eine reflektierende Leinwand bildete.
       Müdigkeit breitete sich in meinem Körper aus, betäubte meine Reflexe und machte meine Lider bleischwer. Wann hatte ich zum letzten Mal richtig ausgeschlafen? Der Höhenunterschied erzeugte einen starken Druck auf mein Trommelfell und machte mich völlig benommen …
       Ich beschloss, auf der anderen Seite des Passes, vor der italienischen Grenze anzuhalten, um ein paar Stunden zu schlafen. Schließlich war ich meinem Zeitplan voraus. Ich könnte um 7 Uhr weiterfahren und wäre dann um zehn in Mailand.
       Plötzlich wurde meine Heckscheibe angestrahlt.
       Die Xenon-Scheinwerfer.
       Ich stieg aufs Gas und warf einen Blick in den Rückspiegel. Bis auf den weißen Lichthof konnte ich nichts erkennen. Mein Verfolger hatte seine Scheinwerfer voll aufgeblendet. Ich bog wieder in die Fahrbahn ein – auch hier sah ich nichts, da jetzt dichter Schneefall herrschte. Und das Licht ließ meinen Rückspiegel förmlich zerbersten. Ich stellte ihn nach unten und konzentrierte mich auf die Schneeverwehungen am Straßenrand, die einzigen Orientierungspunkte, um dem Asphaltband folgen zu können …
       Es gelang mir, die Scheinwerfer abzuhängen. Eine Kurve, und die Karre verschwand. Die Angst im Nacken, stürzten Fragen auf mich ein. Wer war das? Der Mörder aus Sartuis? Jemand anderes, der in den Fall verwickelt war? Oder einfach ein aggressiver Fahrer?
       Ein Pfeifen gab mir die

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