Das Herz der Hoelle
weit wie ich. So weit wie Sie. Danach ist er nach Italien gefahren. Und ich habe kein Lebenszeichen mehr von ihm erhalten.«
Ein Blitz, Eis und Feuer in einem. Eine Information von Foucault: Luc war am 17. August letzten Jahres nach Catania, Sizilien, geflogen.
»Ich mache Ihnen einen Vorschlag«, sagte Sarrazin. »Sie fahren nach Italien, während ich hier weiterbohre. Sie haben ja angeboten, dass wir zusammenarbeiten.«
Es konnte nichts schaden, hier einen Verbündeten zu haben. Und falls tatsächlich eine Spur nach Sizilien führte, müsste ich ihr nachgehen. Ich langte nach dem Türgriff:
»Ich werde zunächst Ihre italienische Spur überprüfen. Wenn sie stichhaltig ist, bin ich dabei.«
Ich öffnete die Tür. Sarrazin packte mich am Arm.
»Bevor Sie wegfahren, kehren Sie nach Bienfaisance zurück, an den Fundort der Leiche.«
»Warum?«
»Der Teufel hat sein Verbrechen signiert.«
Für einen kurzen Moment dachte ich an das Kruzifix, aber der Gendarm sprach von etwas anderem.
»Wo muss ich suchen?«
»Sie müssen es selbst finden. All dies ist eine Initiation, verstehen Sie?«
»Ich verstehe. Haben Sie Batterien?«
KAPITEL 51
» Pronto? «
Ich hatte die Nummer des Handys von Giovanni Callacciura gewählt, eines Mailänder Staatsanwalts. Vor einem Jahr hatte ich mit ihm bei der Aufklärung eines Mordes an einem römischen Arzt in Paris zusammengearbeitet. Bluttat für mich, Rache und Korruption für ihn. Und eine feste Freundschaft zwischen uns.
»Pronto?«
Ich klemmte das Handy unter mein Kinn – die Abstände zwischen den Kurven in der Serpentinenstraße wurden immer kürzer.
Der Wind hob den Wagen ruckartig an, während die Tannenwipfel sich in den Lichtkegeln meiner Scheinwerfer neigten. Ich raste nach Notre-Dame-de-Bienfaisance.
» Sono Mathieu Durey.«
»Mathieu? Come stai? «
Ein Lächeln in der Stimme. Der lebhafte Tonfall. Meilenweit von meinem Albtraum entfernt. Ich erläuterte ihm den Grund meines Anrufs. Die Möglichkeit, dass in Sizilien ein ähnliches Verbrechen verübt wurde. Ich sprach fließend Italienisch. Der Staatsanwalt lachte laut auf:
»Ein bisschen zu düster für meinen Geschmack, dieser Fall. Was kann ich tun?«
»Besorg mir bitte Informationen über dieses Verbrechen in Catania.«
»Okay. Weißt du das Jahr?«
»Nein, aber es dürfte noch nicht lange zurückliegen, vermute ich.«
»Eilt es?«
»Es brennt.«
»Ich recherchiere von zu Hause aus. Jetzt gleich.«
Ich dankte ihm. Kein Wort über die Tatsache, dass es Sonntag und 21 Uhr war. Keine Bemerkung darüber, dass ich seit sechs Monaten nicht angerufen hatte. Meine Vorstellung von Freundschaft: Keine Verpflichtung außer der, im rechten Moment geistesgegenwärtig zu reagieren. Ich ging nicht vom Gaspedal herunter und gewann ständig an Höhe.
Erinnerungen an meinen ersten Besuch in Bienfaisance kamen hoch: das zerklüftete Gebirge, der Triumph des Wassers … Jetzt war alles schwarz. Eine unheimliche Kulisse, die Silhouetten von Bäumen, die im Wind schwankten. Die Worte Sarrazins im Kopf, die in jeder Kurve über mich hinwegschwappten wie Brecher über die Brücke eines Frachters, der vom Kurs abgekommen ist.
Das Schild der Stiftung Notre-Dame-de-Bienfaisance tauchte auf. Ich fuhr noch schneller. Ich wollte weder bei den Missionaren läuten noch eine halbe Stunde zu Fuß gehen. Es musste einen anderen, höher gelegenen Weg geben, der direkt zum Aussichtspunkt führte. Nach zwei Kilometern stieß ich auf einen Waldweg, an dem die Roche Rêche – der Name, den Marilyne Rosarias genannte hatte – ausgeschildert war.
Ich fuhr weitere zehn Minuten über den holprigen Pfad. Ein Parkplatz aus roter Erde zu meiner Linken. Ein Schild: »La Roche Rêche, Höhe: 1700 Meter«. Ich ließ den Parkplatz links liegen und fuhr noch ein Stück weiter ins hohe Gras. Der absurde Reflex, nicht aufzufallen. Ich stellte den Motor ab, öffnete das Handschuhfach und setzte die Batterien, die mir Sarrazin gegeben hatte, in die Taschenlampe ein.
Draußen schlug mir der Wind voll ins Gesicht. Mich im Sturm krümmend, folgte ich dem Pfad. Er führte zu einem großen freien Platz, der von Tischen und Holzbänken übersät war. Unterhalb davon erblickte ich die Ebene, die mich interessierte. Dazwischen das schwarze Brodeln der Tannen.
Ich
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