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Das Herz der Nacht

Das Herz der Nacht

Titel: Das Herz der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Palais?«
    Nein!, wollte die Fürstin protestieren. Über den Grafen András Petru Báthory von Brasov natürlich! Was interessierte sie ein Bankier und sein Haus? Aber sie sagte es nicht. Stattdessen blieb sie stumm und tat so, als würde sie den Worten ihrer Kammerfrau lauschen, während sie ihren eigenen Gedanken nachhing. Sie wanden sich und nahmen immer neue Wege, doch dann kehrten sie in Schleifen stets zu der einen Frage zurück: Warum interessierte sie dieser junge Graf überhaupt?
    Nun ja, immerhin hat er mir das Leben gerettet, sagte sie sich. Und er ist ein Meister des Kutschierens, von dem man vielleicht den ein oder anderen Kniff lernen könnte.
    Sie wusste, dass das nicht der Grund war, als Rechtfertigung reichte es jedoch für den Moment aus.
     
    2. Kapitel
    András Petru Báthory
    Hat jemand vorgesprochen, während ich weg war?«
    »Nein, Durchlaucht.« Der Butler verzog keine Miene.
    Obwohl man ihr ihre Enttäuschung sicher ansah, erdreistete sich Lorenz nicht, zu fragen, wen sie zu sehen erwarte. Die Fürstin trat von der Torhalle in das prachtvoll überkuppelte Vestibül und drückte ihrer Zofe den Muff in die Hände.
    »Ist der Fürst noch im Haus?«, fragte sie den Butler, während sie die Hutnadel löste, die das Kunstwerk auf ihrem Kopf befestigte.
    »Seine Durchlaucht hat das Haus vor etwa einer halben Stunde verlassen, um sich mit den anderen Herren vom Jockeyclub zu treffen«, gab der Butler Auskunft.
    »Wenigstens eine gute Nachricht«, murmelte sie so leise, dass es die Dienerschaft nicht hören konnte. Dennoch gab sich die Fürstin nicht der Illusion hin, dem Personal könnte selbst das kleinste Detail der Differenzen zwischen ihr und ihrem Gatten verborgen bleiben. Es war schon viel gewonnen, wenn sie außer Haus nicht darüber klatschten. Und auch darüber war sie sich nicht bei allen sicher. Lorenz und Vesna waren zuverlässig, aber die anderen? Die Zofe, die Köchin und die Küchenmädchen, die Lakaien und Stallknechte? Nein, für ihre Verschwiegenheit würde die Fürstin die Hand nicht ins Feuer legen.
    Therese unterdrückte einen Seufzer, raffte ihre Röcke und stieg die langgezogene Treppe hinauf, deren Gewölbe ein mächtiger Herkules pflichtschuldig auf den Schultern trug. Sie zog sich in ihren Salon zurück, der zwar kleiner, aber nicht minder prächtig war und besser geheizt als die großen Repräsentationsräume, und ließ sich ein Kipferl mit reichlich Butter und Kaffee bringen. Dann nahm sie auf dem einzigen bequemen Sessel neben dem Ofen Platz. Es hatte schon wieder zu schneien begonnen. Falls sie den Einfall erwogen hatte, das Haus vor dem Abend noch einmal zu verlassen, so verwarf sie ihn in diesem Moment wieder. Es gab nichts, das es lohnte, bei diesem Wetter auszugehen, wenn der Wind die Flocken durch die Häusergassen trieb und eisig unter die Röcke fuhr. Schade. Sie hätte – ganz zufällig – am Palais Fries vorbeischlendern können.
    Dumme Gans!, schalt sie sich. Das wäre der rechte Eindruck, wenn er sie dabei sehen würde. Oder sollte sie besser »ertappen« sagen? Außerdem, was sollte an diesem schäbigen Palais wert sein, betrachtet zu werden? Nun, da es ihr in der Nacht immer wieder in den Sinn gekommen war, stand ihr das Haus auch wieder deutlich vor Augen:
    Das Palais Fries musste vor mehr als fünfzig Jahren an Stelle des königlichen Frauenklosters errichtet worden sein. Jedenfalls Jahre bevor sie das erste Mal als Kind nach Wien gekommen war. Schlicht war das einzige Wort, das ihr zu der Fassade des Palais einfiel. Es lag der großen Hofbibliothek direkt gegenüber, und sein geradezu grässlich moderner Baustil hatte damals die Gemüter erhitzt. Nun erinnerte sich die Fürstin an eine Episode, die ihre Mutter ihr erzählt hatte. Der Architekt Hetzendorf von Hohenberg fand seine nur von den Fensterachsen gegliederte Hauptfassade in ihrer Einfachheit elegant. Mit dieser Meinung stand er allerdings allein da. Die Kritik von allen Seiten konnte ihn nicht kaltlassen, und so gestaltete er zumindest das Portal ein wenig repräsentativer und stellte ihm je zwei Karyatiden, die einen gesprengten Giebel trugen, zu jeder Seite.
    Nun ja, der Bauherr war eben nur ein Bankier gewesen, auch wenn seine Familie in den Reichsgrafenstand erhoben worden war.
    Ah, sein Einfluss macht sich bemerkbar, ließ sich eine gehässige Stimme in ihrem Innern vernehmen. Die Fürstin erschrak. Sie wollte nicht so arrogant werden, wie ihr Gatte und viele Mitglieder der Gesellschaft es

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