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Das Herz der Nacht

Das Herz der Nacht

Titel: Das Herz der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Sie so einfach anspreche, obwohl wir einander nicht vorgestellt wurden.«
    »Dann ist es wohl nun an Ihnen, das nachzuholen«, antwortete sie mit einer erstaunlich warm klingenden Stimme.
    »Oh ja, verzeihen Sie, Arthur Vidal ist mein Name.« Sie reichte ihm höflich die Hand, und er war so dreist, seine Lippen ein wenig fester auf den langen Seidenhandschuh zu drücken, als es schicklich war.
    Was war nur mit ihren Augen los? Warum sah sie ihn nicht an?
    Er wagte verstohlen noch einen Blick. Konnte es sein, dass sie blind war? Nichts in ihrem Verhalten deutete darauf hin, dass sie ihre Umgebung nicht sehen konnte. Er war verwirrt.
    »Nun, Herr Vidal, Sie schweigen? Sind Sie nur gekommen, um sich vorzustellen?«
    »Äh, nein, natürlich nicht, ich dachte ein wenig mit Ihnen zu plaudern, und ja, also, wenn das möglich ist, Sie zum Tanz zu führen.«
    Sophies Blick war noch immer über seine Schulter irgendwo in die Ferne gerichtet, ihre Hand aber öffnete das Ridikül und zog ihre Tanzkarte hervor.
    »Wie Sie sehen, ist es möglich.«
    Ihre Fingerspitzen strichen an seinem Arm entlang und schoben sich dann durch seine Armbeuge.
    »Sie dürfen mich auf die Tanzfläche führen!«
    Arthur Vidal gehorchte, und als die ersten Takte eines Walzers erklangen, legte er zaghaft seine Hand um ihre Taille.
    »Oh ja, ein Walzer von Johann Strauss – dem Vater, nicht seinem Sohn, der Wien in diesen Tagen geradezu närrisch werden lässt.«
    Seine ersten Schritte waren ein wenig zögerlich, doch sie bewegte sich mit solch einer Anmut im Walzertakt, dass er Mut fasste und Sophie immer schneller herumwirbelte. Er hatte noch kein Mädchen im Arm gehalten, das sich so bewegte! Es war wie ein Rausch, der ihn erfasste und der niemals enden durfte. Sophie legte den Kopf ein wenig schräg und lächelte allerliebst.
    Konnte es wirklich sein, dass sie blind war und nichts von ihrer Umgebung sah?
    »Aber ja!«
    »Wie bitte?«
    »Ich habe Ihnen nur die Frage beantwortet, die Sie im Stillen bewegt, die Sie sich aber nicht zu stellen trauen, weil sie Ihnen unhöflich erscheint. Ja, ich bin blind, und ich kann mit meinen Augen nicht sehen. Dennoch bin ich weder hilflos noch unfähig, meine Umgebung zu erfassen und mitzubekommen, was vor sich geht.«
    Er fühlte sich ein wenig durcheinander. Was sollte er daraufhin sagen? Was erwartete sie von ihm? Und was würde sie kränken oder zurückstoßen?
    Zum Glück musste man sich bei den schnellen Drehungen des Walzers nicht unbedingt unterhalten, ohne gleich unhöflich zu wirken. So tanzten sie schweigend weiter, bis die letzten Takte verklangen. Arthur Vidal verbeugte sich vor ihr, und Sophie versank in einen anmutigen Knicks.
    »Ich danke Ihnen. Sie tanzen wundervoll und scheinen gar nicht außer Atem zu sein, daher will ich Sie dreist um einen zweiten Tanz bitten.«
    Sophie lächelte ihn höflich an und wollte ihm gerade eine Antwort geben, als ein Schauder durch ihren Körper lief. Ihr Kopf flog zur Seite, und ein inneres Strahlen schien sie plötzlich zu erleuchten, dass es Arthur war, als müsse er geblendet zurückweichen.
    »Er ist gekommen«, hauchte sie und wandte sich wieder ihrem Tänzer zu, nicht jedoch, um ihm die erwartete Zusage zu geben. »Verzeihen Sie mir, Herr Vidal, ich muss leider ablehnen. Sie tanzen den Walzer sehr schön, und vielleicht ergibt sich ein anderes Mal wieder die Gelegenheit, dies zu wiederholen. Für heute nehme ich von Ihnen Abschied.« Sie knickste noch einmal und strebte dann sicheren Schrittes quer durch den Raum auf den Mann zu, der eben in der Tür erschienen war und der das Mädchen so zum Strahlen gebracht hatte.
    »Aber sie hat doch behauptet, sie sei blind«, stotterte Arthur Vidal und sah ihr fassungslos nach.
    Er kam durch den Raum auf sie zu und nahm ihre Hände, die sie ihm entgegenstreckte, in die seinen.
    »András«, hauchte sie, so dass nur er es hören konnte. »Endlich! Ich habe so auf dich gewartet. Jede Minute ohne dich war mir eine Ewigkeit.«
    »Du hast mit dem jungen Mann dort getanzt. Ich habe es gesehen. Und es sah nicht so aus, als müsstest du vor Langeweile vergehen«, sagte er in leichtem Ton und küsste ihre Fingerspitzen.
    »Er tanzt ganz nett«, gab Sophie großzügig zu. »Doch nichts ist mit dir zu vergleichen!«
    »Ach Sophie, mein silbernes Mondlicht in finsterer Nacht, du solltest nicht so sprechen.«
    Sie ging nicht darauf ein. Stattdessen schenkte sie ihm ein schelmisches Lächeln. »Wäre es jetzt nicht an der Zeit, dass

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