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Wallentin, Jan

Wallentin, Jan

Titel: Wallentin, Jan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strindbergs Stern
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Jan
Wallentin
     
    STRINDBERGS STERN
     
    Roman
     
    Aus dem
Schwedischen von Antje Rieck-Blankenburg
     
     
    Auszug aus meinem Tagebuch aus dem Jahre 1896.
    13. Mai.
Ein Brief von meiner Frau. Durch die Zeitungen hat sie erfahren, dass ein Herr
S. im Ballon zum Nordpol fahren will: Sie stößt einen Schrei der Angst aus,
gesteht mir ihre unveränderliche Liebe und fleht mich an, auf einen Plan zu
verzichten, der Selbstmord bedeute. Ich kläre sie über ihren Irrtum auf: Es ist
der Sohn eines Vetters von mir, der sein Leben für eine große wissenschaftliche
Entdeckung wagt.
    aus Inferno von August
Strindberg
     
    Alles, was
da ist, das ist fern und ist sehr tief; wer will's finden?
    Pred. 7:24
     
     
    Die Einladung
     
    Sein
Gesicht war wirklich gealtert. Auch die Arbeit der Maskenbildnerin konnte es
nicht verbergen, obwohl sie sich Mühe gegeben hatte: fünfzehn Minuten mit
Schwamm, Bürstchen und pfirsichfarbenem Mineralpuder. Als sie ihm die
Pilotenbrille wieder aufsetzte, lag immer noch ein kränklicher Glanz über
seinen gräulichen Wangen. Sie gab ihm einen leichten Klaps auf die Schulter:
    »So, Don.
Jetzt kommen sie gleich und holen Sie.«
    Dann
lächelte ihn die Maskenbildnerin durch den Spiegel an und bemühte sich, eine
zufriedene Miene aufzusetzen, doch er wusste, was sie dachte. A
farshlepte krenk, eine Krankheit, die man unmöglich stoppen konnte -
so war eben das Altern.
    Er hatte
seine Schultertasche gegen den Fuß des Drehstuhls gelehnt. Als die
Maskenbildnerin den Raum verließ, beugte sich Don hinunter und begann ihren
Inhalt aus Döschen, Einwegspritzen und Tablettenkärtchen zu durchwühlen. Er
drückte zwei runde Pillen heraus, zwanzig Milligramm Stesolid, richtete sich
wieder auf, legte sie auf die Zunge und schluckte sie.
    Im
Neonlicht des Spiegels bewegte sich der Zeiger der Wanduhr eine Minute weiter.
Vier Minuten nach halb sieben, und aus dem hausinternen Fernseher ertönten die
Morgennachrichten. Noch elf Minuten bis zur ersten Sendung mit Studiogästen.
    Dann
klopfte es, und in der Türöffnung wurde ein Schatten sichtbar.
    »Bin ich
hier richtig, um mich schminken zu lassen?« Don nickte der groß gewachsenen
Gestalt zu.
    »Ich muss
danach zum Vierten«, sagte der Mann, »die Mädels können gerne 'ne ordentliche
Schicht auflegen, damit es auch hält.«
    Er machte
einige Schritte über den blau gesprenkelten Linoleumfußboden und setzte sich
neben Don.
    »Wir
kommen beide zur selben Zeit dran, oder?«
    »Ja,
scheint so«, entgegnete Don.
    Der
Drehstuhl quietschte etwas, als sich der Mann näher beugte.
    »Ich habe
in den Zeitungen über Sie gelesen. Sie sind doch der Experte, nicht wahr?«
    »Ist nicht
gerade mein Spezialgebiet«, antwortete Don. »Aber ich werde mein Bestes geben.«
    Er stand
auf und nahm sein Jackett von der Stuhllehne.
    »In den
Zeitungen steht aber, dass Sie sich auf diesem Gebiet auskennen«, entgegnete
der Mann.
    »Tja, die
müssen es ja wissen.«
    Don zog
sein Manchesterjackett an, doch als er den Riemen seiner Tasche über die
Schulter zog, hielt ihn der Mann zurück:
    »Sie
brauchen gar nicht so wichtig zu tun. Ich war nämlich derjenige, der da unten
alles gefunden hat, klar? Und außerdem gibt es da ...«
    Der Mann
zögerte.
    »Außerdem
gibt es etwas, von dem ich glaube, dass genau Sie mir dabei helfen können.«
    »Und das
wäre?«
    »Es geht
um ...«
    Er warf
rasch einen Blick in Richtung Tür, wo jedoch keiner zu sehen war.
    »Ich habe
noch etwas anderes da unten gefunden. Ein Geheimnis, könnte man sagen.«
    »Ein
Geheimnis?«
    Der Mann
zog Don mit Hilfe seines Schulterriemens etwas näher heran:
    »Es
befindet sich bei mir zu Hause in Falun, und wenn es möglich wäre, würde ich
Sie gerne bitten, in mein Haus zu kommen und ...«
    Seine
Stimme verstummte. Don folgte dem Blick des Mannes in Richtung Türöffnung, in
der inzwischen die Moderatorin in hellbrauner Kostümjacke und altmodischem
Rock stand und wartete.
    »Aha ...
hier haben Sie sich also kennengelernt?«
    Ein
gestresstes Lächeln.
    »Sie
können sich ja vielleicht hinterher weiter unterhalten?« Sie wies hinaus in den
Korridor, wo eine rote Signallampe aufleuchtete: »Achtung, Sendung«. »Hier
entlang, Don Titelman.«
     
    I
     
    Niflheimr
     
    Mit jedem
Schritt sanken Erik Halls Gummistiefel tiefer ein, seine Beinmuskeln hatten
sich schon vor einiger Zeit verhärtet. Doch jetzt konnte es nicht mehr weit
sein.
    Kräftig
und breit gebaut wie ein Bodybuilder, mit drei Tauchertaschen auf dem

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