Das Herz Der Woelfin
die Eskorte des Königs sie nach Kalhar gebracht hatte. Doch von ihrer Beziehung zu Fulk erzählte sie nicht ein Wort. Zum einen wollte sie ihrem Vater nicht eingestehen, dass sie sich dem Feind hingegeben hatte. Zum anderen wollte sie selbst die ganze Sache vergessen und so fiel es ihr schwer, darüber zu reden.
Ihr Vater wiederum erzählte ihr, er sei darüber informiert worden, dass sie sich auf dem Weg nach Hause befand, und hätte sofort selbst wieder die Heimreise angetreten. Von dem Kampf mit Fulk erzählte er hingegen nichts.
Ylfa hatte keine Ahnung, dass ihr Vater ihren Liebsten in seiner alten Jagdhütte gefangen hielt. Tage vergingen, Wochen, der Winter kam. Es fing an zu schneien und schon bald war alles mit einem weißen Teppich belegt. Ylfa mochte den Winter. Sie liebte seine klare Luft und den Anblick der verzauberten Winterlandschaft.
Fünf Wochen nach der Rückkehr ihres Vaters erwachte sie mit einem flauen Gefühl im Magen. Sie setzte sich im Bett auf und hielt sich die Stirn. Dann krampfte sich plötzlich ihr Magen zusammen und sie sprang eilig aus dem Bett. Sie schaffte es gerade noch aus dem Langhaus heraus, ehe sie sich übergeben musste.
„Hast du etwas falsches gegessen, Kind?“, fragte Ylfas Großmutter Agga, die gerade aus dem Stall heraustrat, einen Eimer mit Milch in der gichtigen Hand.
„Ich weiß nicht“, keuchte Ylfa und würgte erneut.
Agga drückte den Milcheimer einem jungen Mädchen in die Hand und trat zu ihrer Enkelin.
„Geht es wieder? Komm, setz dich drinnen hin.“
Sie führte Ylfa in die Halle des Langhauses und Ylfa ließ sich auf ihren Stuhl fallen. Ihre Großmutter hob ihr Kinn an und blickte ihr prüfend ins Gesicht.
„Sag mir, meine Kleine, wann hast du das letzte Mal geblutet?“
Ylfa starrte ihre Großmutter an.
„Was …? Ich … ich weiß es nicht!“
„Kann es ein, dass es schon länger als ein Mond her ist?“
Ylfa nickte, unfähig einen weiteren Ton herauszubekommen. Ihre Gedanken überschlugen sich. Das konnte … das durfte nicht wahr sein! Wie sollte sie das ihrem Vater beibringen? Was sollte sie nur tun?“
*
„Ist es wahr?“, fragte Erik, als er die Kammer seiner Tochter betrat.
Ylfa wagte nicht, ihn anzusehen. Sie nickte nur und Tränen traten aus ihren Augen und liefen an ihren Wangen hinab. Sie hörte ihren Vater seufzen. Das war schlimmer, als wenn er sie anschreien würde. Sie hatte ihn enttäuscht. Mit seiner Wut hätte sie leben können, daran war sie gewöhnt. Doch es brach ihr das Herz, dass sie ihn enttäuscht hatte.
Ihr Vater trat näher und setzte sich auf ihre Bettstatt.
„War es eine Vergewaltigung“, fragte er sanft.
Sie schüttelte den Kopf.
„Dann liebst du ihn?“
Sie nickte.
Ein erneuter Seufzer.
„Ich muss dir etwas sagen“, begann Erik. „Ich habe dir nicht die volle Wahrheit gesagt darüber, was passiert ist, als ich nach dir gesucht habe. Es stimmt, dass dieser Franke uns kampflos eingelassen hat und dass wir uns unterhalten haben. Er hat mir erzählt, dass du auf dem Weg hierher sein würdest. Doch es war nicht so, dass wir dann einfach wieder nach Hause gefahren sind.“
Ylfa wurde blass und sie glaubte, gleich ohnmächtig zu werden.
„Was hast du getan?“, flüsterte sie tonlos. „Hast du ihn ...“
"1em" "0" width="1em" align="justify"> „Nein!“, unterbrach ihr Vater. „Wir haben gekämpft. Dieser Franke und ich. Ohne Waffen. Nur mit den Fäusten. Er ist ein verdammt guter Kämpfer. Groß für einen Franken. Aber er wurde abgelenkt und ich konnte ihn ausschalten.“
„Und dann?“, fragte Ylfa bange. „Was passierte dann?“
„Wir haben ihn mit auf das Boot genommen. Er ist in meiner alten Jagdhütte.“
Ylfa griff mit beiden Händen nach dem massiven Oberarm ihres Vaters. Mit weit aufgerissenen Augen sah sie ihn an.
„Er ist hier? Die ganze Zeit?“
Erik nickte.
„Wie geht es ihm? Ist er gesund? Wird er anständig versorgt?“
„Er wird versorgt“, krächzte Erik und räusperte sich. „Naja, vielleicht hat er den einen oder anderen Hieb oder Tritt eingesteckt, aber ich denke, es ist nichts, was man ...“
„Was hast du getan?“
„... nicht mit ein bisschen Pflege wieder hinbekommt.“
„Ich will sofort zu ihm!“, verlangte Ylfa.
Ihr Vater seufzte.
„Das hatte ich befürchtet.“
Kapitel 26
F ulk hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Wie lange war er hier schon eingesperrt? Es konnten Wochen oder Monate sein. Er wusste es nicht. Es war noch
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