Das Herz des Jägers
vom Bildschirm zu ihr auf. »Das verstehe ich nicht.«
|49| »Heroes Day, Raj. Früher war der 10. Oktober der Heroes Day. Die Adresse ist alt. Finden Sie heraus, wer dort lebt. Er ist vierzig Jahre, zu alt, um zu Monicas Freunden zu gehören, alt genug, um sich mit Johnny Kleintjes eingelassen zu haben …«
»Ma’am«, rief Quinn, aber Mentz ließ sich nicht unterbrechen.
»… ich möchte wissen, worin die Beziehung zu Kleintjes besteht, Rahjev. Ich will wissen, ob er gedient hat und wo. Ich muß wissen, warum Monica Kleintjes mit ihrem kleinen Problem ausgerechnet zu ihm gegangen ist.«
»Ma’am«, rief Quinn drängend. Sie schaute auf.
»Er ist uns durch die Lappen gegangen.«
Thobela suchte nach dem dunkelsten Bereich des Flughafens und lief dorthin. Er erwartete Sirenen, Rufe und Schüsse. Er war wütend, auf Monica und Johnny Kleintjes, auf sich selbst. Woher wußten die Behörden plötzlich von Johnny Kleintjes Geschäften?
Die beiden Grauanzüge hatten seinen Namen gekannt. Hatten mit dem Finger auf die blaue Tasche geklopft. Sie wußten, was sich darin befand. Sie hatten ihn beobachtet, seit er den Flughafen betreten hatte, sie wußten über ihn Bescheid, sie mußten Monica zu ihm nach Hause gefolgt sein, also wußten sie von ihr und von Johnny Kleintjes. Sie wußten alles. Er rannte und schaute dabei kurz über seine Schulter. Niemand hinter ihm. Er hatte es sich geschworen: keine Gewalt mehr. Zwei Jahre war er seinem Schwur treu geblieben. Er hatte nicht geschossen, niemanden geschlagen, nicht einmal jemanden bedroht. Er hatte Miriam versprochen, daß diese Zeit hinter ihm lag, aber dreißig Sekunden, nachdem die grauen Anzüge ihn erreicht hatten, waren alle Versprechen den Bach herunter, und er wußte, wie so etwas lief, es wurde immer alles nur noch schlimmer. Wenn der Kreislauf erst einmal begonnen hatte, konnte man ihn nicht mehr aufhalten: Er sollte die Tasche sofort zurück zu Monica bringen und ihr sagen, daß Johnny Kleintjes sich um seinen |50| eigenen Scheiß kümmern könnte. Er sollte den Kreislauf stoppen, bevor es zu spät war.
Thobela zog sich am Maschendrahtzaun hoch. Dahinter lag die Borchards Quarry Road. Er stöhnte, sein Körper war nicht mehr an solche Strapazen gewöhnt. Schweiß lief ihm über die Wangen. Er schaute sich wieder um: Die Gebäude waren zu weit entfernt, um die Leute darin unterscheiden zu können, aber es war alles ruhig, es gab kein großes Aufsehen.
Was bedeutete, daß es weder die Polizei noch der Zoll gewesen war. Denn dann wäre die Hölle los gewesen.
Das hieß …
Geheimdienst.
Klar, wenn man bedachte, was auf der Festplatte war.
Nun, er hatte keine Angst vor Geheimdienstlern. Er sprang über den Zaun.
»Schalt sie auf Lautsprecher«, sagte Janina Mentz, woraufhin Quinn auf den entsprechenden Knopf drückte.
»… er hatte bloß Glück, Zentrale, das ist alles.«
»Sie sind auf Lautsprecher, Willem.«
»Oh.«
»Ich will wissen, was passiert ist«, sagte Janina Mentz.
»Er ist entkommen, Ma’am, aber …«
»Ich weiß, daß er entkommen ist. Wie konnte das passieren?«
»Wir hatten alles unter Kontrolle, Ma’am«, sagte die Stimme ehrfürchtig. »Wir haben gewartet, bis er sich in der Abflughalle hinsetzte. Wir haben uns ausgewiesen und die Zielperson gebeten, uns zu begleiten. Die Anweisung war, daß wir unauffällig vorgehen sollten. Er ist nur ein Mechaniker, er saß mit seiner Tasche auf dem Schoß wie ein Bauernjunge da, er sah ganz schüchtern und einsam aus. Er hat gesagt, er wollte keinen Ärger. Es war offensichtlich, daß er Angst hatte. Es ist meine Schuld, Ma’am. Ich wollte die Tasche nehmen, und da gelangte er an meine Waffe …«
»Wie bitte?«
|51| »Ja, Ma’am. Er hat sie sich gegriffen. Ich … Sein Handeln war … Ich habe nicht damit gerechnet.«
»Und dann?«
»Dann hat er sich die Tasche genommen, mit Alfreds Waffe darin, und ist davongelaufen.«
Schweigen.
»Jetzt hat er also zwei Waffen?«
»Ich glaube nicht, daß er etwas damit anfangen kann, Ma’am. Er hat meine Pistole als Revolver bezeichnet.«
»Na, das ist ja beruhigend.«
Willem antwortete nicht.
Quinn seufzte genervt und sagte leise zu Mentz: »Ich dachte, sie könnten es hinbekommen.«
»Ma’am, er hat einfach Glück gehabt. Seiner Reaktion nach zu urteilen, kriegen wir ihn mühelos«, sagte Willem über den Äther.
Mentz antwortete nicht.
»Er hat sogar ›Bitte‹ gesagt.«
»›Bitte‹?«
»Ja, Ma’am. Und wir wissen,
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