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Das Herz des Jägers

Titel: Das Herz des Jägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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verzehrte sich danach, denn sie war erfüllt von einer Wut, die durch die Ablehnung genährt wurde, o ja, daran gab es keinen Zweifel. Genährt auch durch Ehrgeiz, auch daran bestand kein Zweifel, sie war das einzige Kind armer Afrikaaner, das jeden Preis zu zahlen bereit war, um ein besseres Leben als den sinnlosen Alltag ihrer Eltern zu erlangen. Genährt auch durch die Enttäuschungen eines Jahrzehnts Freiheitskampf und die Tatsache, daß sie es trotz all ihrer Talente bloß bis zur stellvertretenden Abteilungsleiterin geschafft hatte, obwohl sie doch zu so viel mehr in der Lage war; sie kannte sich mit ihrer Psyche aus, sie wußte, wo ihre Stärken lagen, welches ihre Schwächen waren. Sie konnte sich korrekt einschätzen, was interessierte es, warum sie dazu in der Lage war, was sie motivierte?
    Doch all das hatte Janina Mentz nicht gesagt. Sie hatte zugehört und ganz ruhig voll stiller Zuversicht beim Mittagessen geantwortet: »Ja, das will ich«, und schon in der nächsten Woche hatte sie begonnen, ihre Vision auszuarbeiten – ein Geheimdienstapparat, der einer Nation der ersten Welt würdig war, in einem Land, das versuchte, sich an den Riemen seiner Dritte-Welt-Stiefel aus dem Dreck zu ziehen.
    Ihr Telefon klingelte, das schlichte Piepen eines internen Anrufes.
    »Mentz.«
    »Kommen Sie doch bitte einen Augenblick vorbei, Janina, wenn es möglich ist«, sagte der Direktor.
     
    Thobela nahm den Minibus nach Bellville – es war die erste Möglichkeit, die sich ihm bot. Er wollte unbedingt vom Flughafen weg, egal, in welche Richtung. Er konnte nicht zurück zu Monica Kleintjes, die würden sie bestimmt überwachen. Er konnte sie auch nicht anrufen. Er konnte nicht zu sich nach Hause. Er konnte nicht zurück zum Flughafen – mittlerweile würde es dort vor Geheimdienstlern wimmeln. Wenn sie außerdem einigermaßen bei Verstand waren, würden sie |55| auch den Hauptbahnhof überwachen; mit dem Bus oder Zug zu fahren kam also auch nicht in Frage.
    Wie sonst konnte er nach Lusaka kommen?
    Er saß in der Dunkelheit zwischen den anderen Passagieren – Dienstboten, Wachmänner und Arbeiter, die nach Hause fuhren und sich über die steigenden Brotpreise und die Fußballergebnisse und Politik unterhielten. Er sehnte sich danach, einer von ihnen zu sein. Er wollte Monica die Festplatte in den Schoß legen und sagen: »Da gibt es etwas, das Sie nicht bedacht haben«, und dann würde er zu Miriam und Pakamile zurückkehren, und morgen würde er auf seiner Honda Benly zur Arbeit fahren, und in der Mittagspause würde er die St. George’s hinauf zu Immanuel dem Schuhputzer gehen und mit ihm eine Partie Schach spielen, sofern seine geldgierigen, handysüchtigen Kunden ihm die Zeit ließen, und dabei würden sie sich gutmütig auf Xhosa über die Weißen lustig machen.
    Aber noch hatte er zwei Pistolen und eine Festplatte in einer blauen Sporttasche, die zwischen ihm und diesem Leben stand.
    »Und was machen Sie beruflich?« fragte die Frau neben ihm.
    Thobela seufzte. »Im Augenblick muß ich viel reisen.«
    Wie sollte er nur nach Lusaka kommen?
     
    Man wäre nicht darauf gekommen, daß er jeden Morgen um sechs im Büro war – jetzt war es fast halb neun Uhr abends, und der Direktor, Anfang Fünfzig, sah frisch, ausgeruht und aufmerksam aus.
    »Ich habe einen interessanten Anruf bekommen, Janina. Heute nachmittag hat unser guter Captain in Tempe einen Fallschirmjäger angegriffen.«
    »Angegriffen?«
    »Er liegt im Krankenhaus. Der diensthabende Offizier hat sich beschwert und will ein Verfahren.«
    »Ich bin sicher, daß es einen guten Grund für den Zwischenfall gab, Sir.«
    |56| »Ich auch, Janina. Ich wollte Sie nur darüber informieren.«
    »Das weiß ich zu schätzen, Sir.«
    »Fragen Sie ihn danach, wenn Sie ihn sehen.«
    »Das werde ich.«
    »Ist das alles, Herr Direktor?«
    »Das ist alles, Janina. Ich weiß, daß Sie viel zu tun haben.« Er lächelte sie väterlich an. Mentz zögerte einen Augenblick, bevor sie sich abwandte; sie wollte, daß er etwas über die Ereignisse im Einsatzraum von sich gab. Er mußte darauf zu sprechen kommen, damit sie ihm versichern konnte, daß sie alles unter Kontrolle hatte, doch er saß bloß da und lächelte.
    Sie nahm die Treppe und blieb auf halber Strecke stehen. I
    ch weiß, daß Sie viel zu tun haben.
    Er stellte sie auf die Probe, er wartete darauf, ob sie sich bewährte; dessen war sie sich nun absolut sicher.
    Sie lachte leise. Wenn er wüßte! Sie atmete tief durch

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