Das Herz des Loewen
Männer sind sehr wachsam“, verteidigte sich Comyn. „Deshalb musste ich einen günstigen Augenblick ab-warten.“
„Ich dachte, Ihr hättet ihn beseitigt.“
„Leider kam etwas dazwischen“, stieß Comyn hervor und ballte die Hände, um seinen Zorn zu bezähmen. Megan. Auch das würde er ihr heimzahlen. „Aber morgen heiratet er die Tochter des Lairds, und dann wird er abreisen.“
Megan würde Curthill sicher nicht verlassen, ohne sich von ihrer Schwester zu verabschieden. Tag und Nacht wurde sie von seinen Männern beobachtet, und wenn sie Siusan aufsuchte, würde sein Bote ihn zu ihr führen.
Fluchend schaute der Kapitän zum Meer. Der Wind zerrte an seinem strähnigen, langen Haar. „Ein Sturm braut sich zusammen. Heute Nacht muss ich die Fracht verladen und mit der Ebbe segeln, wenn ich London planmäßig erreichen und Danby die bestellte Ware bringen soll.“
„Zu riskant. Überall sind Carmichaels Leute postiert. Er hat die Höhle entdeckt, das würde ich beschwören, aber noch nichts unternommen, um sein Wissen zu nutzen, außer dass er Eammons Turm bewachen lässt. Offenbar hält er den Laird für schuldig, kann aber nichts beweisen. Wir dürfen Ross’Verdacht nicht auf uns lenken. Das Schiff bleibt in seinem Versteck, bis er mit Lord Nigel verschwunden ist.“
„Die Hawk gehört mir, und ich bestimme, wann sie ausläuft“, fauchte Douglas. „Wenn wir die Ware nicht liefern, wird Danby woanders kaufen, was er braucht.“
„Es kümmert mich nicht, wenn uns dieses Geschäft durch die Lappen geht. Jedenfalls werden wir warten. “
„Nun, dann wartet, so lange ihr wollt. Ich segle los.“ Herausfordernd starrten sie einander an. Dass Comyn seinen Komplizen um Haupteslänge überragte, verschaffte ihm einen gewissen Vorteil. Aber Bardolph Douglas war kräftiger gebaut und noch niederträchtiger. Angeblich hatte er einmal einen Mann wegen eines Bechers Ale mit bloßen Händen getötet. Comyn zweifelte nicht daran. Die eng beisammenstehenden schwarzen Augen musterten ihn gnadenlos.
„Wartet wenigstens bis morgen, da gilt die allgemeine Aufmerksamkeit der Hochzeit.“ Comyn verabscheute sich dafür, dass er den Seemann bitten musste. Als die MacKays über die MacDonells hergefallen waren, hatte er winselnd um sein Leben gebettelt und sich geschworen, nie wieder so tief zu sinken.
Douglas grunzte und spuckte in den Sand. „Wann ist es so weit?“
„Die Vermählung der beiden soll um fünf Uhr nachmittags stattfinden. “
„Gut, dann beginne ich zu laden und segle um Mitternacht mit der Ebbe los.“
„Einverstanden. Die Dorfbewohner werden in der Burg die Eheschließung der Tochter ihres Lairds feiern. Und wahrscheinlich wird Carmichael die meisten seiner Leute um sich scharen, aus Angst vor einem neuen Mordanschlag. “
„Falls wir einen Fremden im Dorf treffen, nehmen wir an, es wäre einer seiner Männer, und bringen ihn zum Schweigen -für immer.“
„Niemand wird etwas bemerken, ehe Ihr verschwunden seid.“ Lautlos atmete Comyn auf. Wenn Douglas davonsegelte, würde er alles mitnehmen, was auf Piraterie hinweisen mochte. In seiner Kabine befanden sich die Warenlisten der versenkten Schiffe, im Laderaum die Beute. „Jetzt habe ich nur noch ein Problem. Wie soll ich den alten Mann zur Hochzeitsfeier schleppen? Eammons fortgesetzte Abwesenheit gibt sogar Lord Nigel zu denken, obwohl sein Gehirn ständig vom Wein benebelt ist. Sicher wird er Fragen stellen, wenn der Laird nicht einmal zur Vermählung seiner Tochter erscheint.“
„Mohnsaft ist eine gefährliche Droge. Davor habe ich Euch gewarnt. Nun nimmt er das Zeug schon sehr lange, und es verzehrt ihn. Bald wird er so hinüber sein, dass er uns nichts mehr nützt.“ Douglas runzelte die Stirn. „Gebt ihm heute nichts und morgen früh nur eine geringe Dosis, gerade genug, dass er nicht vor Gier zittert und nicht allzu benommen ist.“
Comyn nickte. Auf diesem Gebiet war Douglas ein Fachmann. Er hatte beobachtet, wie das Opium im Orient verwendet wurde, und vorgeschlagen, Eammon mit Hilfe der Droge zu manipulieren, die er regelmäßig beschaffte. „Also sind wir uns einig.“
Grau und kalt dämmerte Megans Hochzeitstag herauf, aber nicht einmal der drohende Regen konnte ihre Freude trüben. Schon am frühen Morgen sprang sie aus dem Bett, plagte die Dienerinnen mit zahllosen widersprüchlichen Befehlen und schwirrte aufgeregt umher.
„Du solltest Blau tragen“, meinte Chrissy und hielt ein seidenes Bliaut hoch.
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