Das Herz des Loewen
sie ohne den Schatten eines Zweifels, dass dies der Mann war, den ihr das Schicksal
bestimmt hatte.
„Du?“, flüsterte er. Sofort verschloss sich seine Miene wieder. „Was ist geschehen?“
„Ich habe dir das Leben gerettet“, erwiderte sie - unbescheiden, aber wahrheitsgemäß. Er runzelte die Stirn, und sie sah ihm an, wie es in seinem Kopf zu arbeiten begann.
„Dein lieber Papa weiß, dass wir die Schatzhöhle gefunden haben, und deshalb wollte er mich vergiften.“
Megan seufzte. „Genauso gut könnte es jemand anderer gewesen sein. Aber hier laufen nicht allzu viele Leute herum, die den Unterschied zwischen Minze und Ringelblumen kennen. Wer immer deinen Wein vergiftet hat, wusste genau Bescheid und wünschte dir einen langsamen, qualvollen Tod. Manchmal dauert der Todeskampf, von Herbstzeitlosen verursacht, drei Tage lang.“
Ross holte tief Luft, dann verkniffen sich seine Lippen. „Offenbar verdanke ich dir zum zweiten Mal mein Leben“, gab er widerstrebend zu.
„Wie konnte ich den Mann sterben lassen, den ich heiraten werde?“, entgegnete sie lächelnd. „Mein Brautkleid ist schon fertig.“
Ross’ Herz krampfte sich zusammen. „Ich will dir nicht wehtun.“
„Der König hat unsere Vermählung befohlen, wir begehren einander ...“
Oh ja, er begehrte sie. Aber der Gedanke, diese Ehe könnte ihm den Himmel auf Erden schenken, erschreckte ihn. Wenn er sich gestattete, etwas anderes als Hass für eine Sutherland zu empfinden, würden seine Schuldgefühle ihn umbringen und Megans Liebe langsam vergiften. Und deshalb musste er sein unseliges Verlangen schon jetzt bezwingen. „Zu einer guten Ehe gehört mehr als nur Leidenschaft“, erklärte er mürrisch. „Zum Beispiel Respekt. Und ...“
„Vertrauen“, unterbrach sie ihn. Ungeduldig hob sie die Hände. „Schon zweimal habe ich dir das Leben gerettet und dich zudem in diese Hütte geführt, damit du die geraubten Schätze entdecken konntest. Was muss ich denn noch alles tun, um mich deines kostbaren Vertrauens und deiner Hochachtung als würdig zu erweisen?“
Nichts. Er selbst war unwürdig. Seine Sehnsucht nach Megan stempelte ihn zum Verräter an seiner Familie, an seinen Wertmaßstäben, seiner Ehre. „Meg, es ist viel komplizierter.“ „Nein, ich glaube, es ist ganz einfach. Du willst uns um die Zukunft betrügen, weil du mich für Lions Tod verantwortlich machst.“ Ihre leisen, wehmütigen Worte erschien ihm wie ein Echo seiner eigenen Seelenqualen.
„Nein!“ Er versuchte, sich aufzurichten, aber der Schmerz zwang ihn, in die Kissen zurückzusinken. „Du hast Lion nicht getötet.“
„Aber du wirfst mir die Sünden meines Vaters vor.“ Zitternd seufzte er. „Aye“
„Und so wirst du auch weiterhin denken, wenn Pater Simon unseren ehelichen Bund geschlossen hat?“ Tränen drohten ihre Stimme zu ersticken.
„Selbst wenn ich lernen könnte, einer Frau zu trauen und mit meiner Schuld zu leben - meine Familie würde die Tochter von Lions Mörder niemals aufnehmen.“
„Warum nicht? Ich habe nichts weiter verbrochen, als ihn wie einen Bruder zu lieben.“ Verzweifelt neigte sie sich zu Ross. „Geht es um Rhiannon? Fühlst du dich schuldig, weil du lieber sie heiraten würdest?“
Bestürzt zuckte er zusammen. „Wo hast du diesen Namen gehört?“
„Im Fieberwahn riefst du nach ihr, immer wieder.“
„Sprich ihren Namen nie wieder aus!“
Was bedeutet sie dir? Doch sie stellte diese Frage nicht, aus Angst vor der Antwort. Vielleicht konnte Chrissy versuchen, Owain auszuhorchen.
„Ich bin müde.“ Die Augen halb geschlossen, wandte er das Gesicht zur Wand.
Ein Schauer überlief Megans Rücken. Wenn sie ihn heiratete und es nicht verstand, die Liebe in ihm zu wecken, würde sie vielleicht ein ebenso unglückliches Leben führen wie ihre Mutter. In ihrer Fantasie sah sie die Jahre, die sich vor ihr erstreckten - leer und kalt und lieblos wie das windgepeitschte Moor im schottischen Hochland.
9. KAPITEL
„Wohin geht Ihr?“
Verdammt! Ross blieb stehen und drehte sich ärgerlich zu dem Trio um, das hinter ihm die Treppe hinabpolterte. Owain, Davey und Sim, der Wächter - obwohl er ihm ausdrücklich befohlen hatte, auf seinem Posten zu bleiben. „Zu einem gewissen Örtchen!“, fauchte er. Nachdem er einen ganzen Tag in seinem Gemach ausgeharrt hatte, befand er sich in äußerst schlechter Stimmung.
Die drei Männer wechselten unbehagliche Blicke, und Davey erklärte: „Mistress Megan sagte, Ihr
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