Das Herz des Loewen
müsstet noch eine Weile im Bett liegen.“
Owain nickte. „Und Mistress Megan sagte, Ihr wärt noch sehr geschwächt. Die Wunde in Eurer Schulter und das Gift... “ „Unsinn, ich bin nicht geschwächt.“ Nun ja, ein bisschen, gestand Ross sich ein, aber nur, weil ich gezwungen wurde, den ganzen Tag im Bett zu verbringen.
„Habt Ihr vergessen, was gestern geschehen ist?“, mahnte Owain.
„Wie könnte ich?“, entgegnete Ross. Die meisten Ereignisse nach seinem Zusammenbruch in der Halle verwischten sich in seinem Gedächtnis. Ein Nachtmahr voller Angst und Schmerzen, Bauchkrämpfen, schrecklichem Durst und Atemnot. Abscheuliche Getränke waren ihm eingeflößt worden. Er hatte von Rhiannon geträumt, was seit Monaten nicht mehr geschehen war. Und von Lion, was viel zu oft vorkam. „Natürlich erinnere ich mich“, fügte er hinzu und dachte an Megan.
Sie liebte ihn. Das hatte er in ihren Augen gelesen, als er erwacht war. Wie einfach wäre es gewesen, sich in diese Liebe zu hüllen, in das Licht, das in Megans Blick leuchtete. Zu hoffen. Zu träumen. Wieder Gefühle zuzulassen.
Doch dann hatte sein kühler Verstand die Oberhand gewonnen. Was konnte er ihr schon bieten. Seine Familie würde sie ächten. Wann immer er sie in die Arme nahm, würde ihn sein Gewissen plagen. Die tapfere, fröhliche Megan verdiente etwas Besseres als Hass und Reue. Dass sie ihm bereits viel zu viel bedeutete, nahm er hin. Dies war das Kreuz, das er tragen musste. Und er durfte sie nicht belasten, indem er Hoffnungen in ihr weckte, die sich niemals erfüllen konnten.
Owains Fluch unterbrach Ross’ düstere Gedanken. „Das Gift muss Euer Gehirn umnebelt haben. Was bildet Ihr Euch eigentlich ein? Allein die Burg zu verlassen, während ein Mörder frei herumläuft ... “
„Vielleicht habt Ihr recht.“ Ross strich mit allen Fingern durch das Haar und lehnte sich an die Steinmauer, die sich so kalt anfühlte wie der Eiskristall in seiner Brust, wo früher sein Herz geschlagen hatte. „Aber wenn Ihr mir noch einmal erzählt, was Mistress Megan sagte, schicke ich Euch alle nach Hause. Ich habe nicht vergessen, wie bereitwillig Ihr dem Befehl meiner teuren Braut gefolgt seid, mich ans Bett zu fesseln.“
„Nur zu Eurem Besten“, erwiderte Owain und zuckte die Achseln.
„Ich lasse mich nicht wie ein Kind verhätscheln, und diesen verdammten Nachttopf werde ich auch nicht mehr benutzen. Das ist einfach entwürdigend! “ Ross eilte die gewundene Treppe hinab. Hinter ihm scharrten Stiefel, hartnäckig blieben ihm die Männer auf den Fersen. „Wie froh werde ich sein, wenn ich wieder daheim bin, wo ein Mann sich frei bewegen kann!“
Das zustimmende Gemurmel wurde von metallischem Knirschen übertönt, als er die Tür öffnete und hinausging. Soeben war die Sonne gesunken, Schatten füllten den Hof. Einige Fackeln flackerten in der Brise, warfen unheimliche Streifen aus Licht und Dunkel auf die beiden Türme und die Nebengebäude.
Ross hob den Kopf und schaute zu dem erleuchteten Fenster in der Spitze des neueren Turms hinauf. „Ist Eammon heruntergekommen? “
„Nein.“ Beklommen trat Owain von einem Fuß auf den anderen. „Und das gefällt mir nicht.“
„Mir auch nicht. Es ist unnatürlich, dass ein Mann seiner Geliebten dermaßen verfällt.“
„Offenbar will er Euch aus dem Weg gehen, Herr“, warf Davey ein, „aus Angst, Ihr könntet Schuldgefühle in seinem Gesicht lesen.“
„Ja, das wäre möglich.“ Ross fröstelte und versuchte, sich einzureden, es liege an der kühlen Abendluft, nicht am Unheil, das der Wind heranzuwehen schien. „Haben unsere Männer irgendwelche Neuigkeiten berichtet, während ich in meinem Gemach bleiben musste?“
„Nein, das Schiff ist nirgends zu sehen“, antwortete Owain. Während sie zu dem Abtritt gingen, eilten fünf dunkel gekleidete Waliser voraus, während Sim und Davey zurückblieben. „Niemand war in der Nähe des Schmiedhauses oder der Lagerhütte, außer den zwei Männern, die offensichtlich dort wohnen.“ Forschend musterte Owain das Gesicht seines Herrn. „Morgen soll die Hochzeit stattfinden, und bisher haben wir nichts gefunden, was Eammon mit dem Mord an Lion in Verbindung bringen oder ihn als Strandräuber entlarven könnte. Was werdet Ihr tun?“
„Ich heirate Megan. Habe ich denn eine andere Wahl?“ „Chrissy sagt, ihre Cousine sei ein Engel, würde sich für die Kranken aufopfern und eifrig ihre Pflicht als Barde des Sutherland-Clans erfüllen.
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