Das Herz des Loewen
der Augen im Kopf hatte. Als der Laird den beiden verboten hatte zu heiraten, kamen sie immer wieder heimlich zusammen. “ Das Blut stieg in die schmalen Wangen des Jungen und verriet, dass er nur zu gut wusste, was bei diesen Stelldicheins geschehen war.
Also konnte Lion seine Finger nicht von dem Mädchen lassen, dachte Ross. Bis vor drei Tagen hatte er ein so überwältigendes Verlangen nicht verstanden. Aber jetzt ... Sein Blick wanderte zu dem Zelt, wo Megan schlief. Beinahe hätte er sie an diesem Tag verloren. Zweifellos dank eines Befehls, den Archie vor seinem Tod erteilt hatte. Aus den Augenwinkeln sah er den Gefangenen, der am Rand des Lagers an einen Baum gefesselt war. Dieser Schurke hatte alles erzählt, was er wusste. Am nächsten Morgen würde Ross entscheiden, ob er den Mann mitnehmen oder zur Strafe für seine Teilnahme an dem niederträchtigen Überfall töten sollte. „Hat Mistress Siusan gesehen, wer Lion ermordete?“
Krampfhaft schluckte Lucais, sein Adamsapfel hüpfte auf und ab. „Nein, aber sie fand ihn bald danach. Nachdem er nicht zum Treffpunkt gekommen war, suchte sie ihn, und er starb in ihren Armen. In der Burg wartete Lady Mary vergeblich auf die beiden, und schließlich beauftragte sie einige Männer, nach ihnen zu fahnden. Ich ... ich gehörte dem Trupp an, der zu jener Lichtung gelangte. Da umschlang Mistress Siusan den Toten immer noch, wiegte ihn weinend hin und her. Sie ... sie liebte ihn so sehr und wollte ihn nicht loslassen, nicht einmal, als Lady Mary zu ihr eilte und sie wegzuziehen versuchte, damit die Männer ihn in die Burg bringen konnten.“ Der Junge unterbrach sich, um leise zu schluchzen. „Lady Mary flößte ihrer Tochter einen Kräutertrank ein, und da versank Mistress Siusan in tiefem Schlaf. Trotzdem hielt sie ihren Geliebten immer noch fest, und letzten Endes musste man die beiden zusammen in die Burg tragen.“
Nun brannten auch in Ross’Augen Tränen. „Erzählte Mistress Siusan später, was an jenem Tag geschehen war?“
„Sie sagte, es sei ihre Schuld.“ Als Ross bestürzt den Atem anhielt, fuhr Lucais hastig fort. „Nein, sie schoss den Pfeil nicht ab, der sich in Lord Lions Rücken bohrte. Aber sie gestand Mistress Megan, wäre sie keine so blinde Närrin gewesen, hätte sie die Gefahr erkannt und ihn gerettet.“
„Du meinst, sie sah, wer ihn tötete?“
„Keine Ahnung. Jedenfalls weiß sie irgendwas.“
„Und sie hat sich ihrer Schwester nicht anvertraut?“ Neuer Zorn erfasste Ross. Hatte Megan ihn belogen?
„Mistress Siusan bestritt, irgendetwas zu wissen. Die beiden Schwestern lieben sich sehr, und sie glauben manchmal, sie würden einander helfen, wenn sie ... “
„Wenn sie lügen.“ Früher hätte Ross diese Worte mit kaltem Hohn ausgesprochen. Nun vermutete er, dass Siusan die Wahrheit mit gutem Grund verschwieg. Sie musste gemerkt haben, dass nicht ihr Vater, sondern Archie in Curthill regiert hatte. Natürlich fürchtete sie, er würde sie töten, wenn sie ihn des Mordes an Lion bezichtigte. Glücklicherweise hatte sie Megan nicht eingeweiht. Nichts hätte diesen kleinen Hitzkopf daran gehindert, Archie zu bestrafen und sich selbst in schreckliche Gefahr zu bringen.
„Wie bald nach Lions Tod hat Mistress Siusan die Burg verlassen?“
„Etwa zwei Wochen später“, erwiderte Lucais.
„Weil Lions Mörder sie bedroht hat?“
„Da steckte noch mehr dahinter.“ Unbehaglich wich der Junge Ross’ Blick aus. „Aber ich habe Mistress Siusan und Mistress Megan versprochen, nichts zu verraten, also darf ich Euch nicht noch mehr erzählen, Herr - nicht einmal, wenn Ihr mir beide Beine brecht.“ Unter der dünnen Decke strafften sich die schmalen Schultern.
Großer Gott, diese Sutherlands sind genauso loyal wie die Carmichaels, dachte Ross und lächelte schwach. „Deine Standhaftigkeit macht dir alle Ehre. Vielen Dank für alles, was du mir sagen konntest, mein Junge. Gute Nacht.“
Ross stand auf und ging zum Zelt. Schweren Herzens wappnete er sich gegen die Prüfung, die ihn nun erwartete.
12. KAPITEL
Vor dem Zelt blieb er zögernd stehen. Was sollte er Megan sagen? Wie konnte ein Mann, der es nicht gewöhnt war, ein Unrecht zu begehen, seiner Gemahlin erklären, warum er ihr so viel angetan hatte?
Seine Behauptung, ihr Vater sei Lions Mörder, war angesichts der Umstände begreiflich. Und es würde ihm sogar Freude bereiten, ihr zu gestehen, sie habe mit gutem Grund an Eammons Unschuld geglaubt. Aber die
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