Das Herz des Südens
an die Voodoo-Geister geglaubt, aber Cleo selbst war gemeinsam mit Josie im katholischen Glauben erzogen. Jetzt betete sie leise zur Jungfrau Maria, dass sie Gott bitten möge, zu verzeihen, was hier an heidnischen Riten vollführt wurde. Sie versprach ihr zehn Rosenkränze, fragte sich dann aber, ob das wohl ausreichte. Sie würde sofort zur Beichte gehen, wenn der Priester kam; er konnte ihr eine angemessene Buße auferlegen.
Ursuline beendete ihre Arbeit und schloss ihre Tasche. Dann sah sie Cleo erwartungsvoll an. Cleo nahm eine der Kerzen, ging ins Arbeitszimmer und zog die Schublade auf, in der die Geldbörse mit dem Haushaltsgeld aufbewahrt wurde. Sie suchte eine Münze heraus und ging zurück ins Schlafzimmer, wo sie sie Ursuline in die Hand drückte.
Als die alte Frau ging, öffnete Cleo die Schlafzimmertür zur vorderen Veranda, wo Josie sich die letzte Stunde aufgehalten hatte.
»Sie ist weg«, sagte Cleo.
Josie kam ins Zimmer und blieb kurz stehen, als könnte sie den Voodoo-Zauber noch in der Luft spüren. Sie bekreuzigte sich.
»Siehst du, Madame schläft. Es ist nichts Schlimmes passiert, Josie.«
Josie rückte das Moskitonetz um das Bett zurecht. »Ich bleibe einstweilen bei ihr«, sagte sie zu Cleo, kletterte unter das Netz und legte sich zu ihrer Großmutter auf das große Bett. Mit beiden Händen hielt sie die gelähmte Hand fest.
Cleo blies die Kerzen aus. »Lass bitte eine an«, sagte Josie.
Am Morgen brachte Louella eine Tasse starken Tee für Madame. Josie versuchte, die Tasse festzuhalten, um ihr den Tee einzuflößen, aber so konnte Grand-mère nicht trinken. Josie griff nach einem Löffel und fütterte sie mit dem stark gesüßten schwarzen Tee. Als sie ihr einen Löffel voll Maisbrei anbot, schob ihre Großmutter den Löffel grob zur Seite und verschüttete den Brei auf der Bettdecke. Josie schossen die Tränen in die Augen, aber sie sorgte dafür, dass ihre Großmutter nichts davon sah.
Am Vormittag hörte sie Dr. Benets Kutsche in der Auffahrt. Sie ließ Cleo bei ihrer Großmutter zurück und lief die Treppe hinunter, um ihn zu begrüßen. Seine Kleider waren verknautscht und staubig, und seine roten Augen zeigten, dass er in dieser Nacht nicht ins Bett gekommen war, aber er streckte einen Arm nach Josie aus und umarmte sie fest.
»Wie geht es ihr, meine Liebe?«, fragte er.
»Sie kann überhaupt nicht sprechen, Dr. Benet. Und ich glaube, sie kann auch nicht laufen. Ihre linke Seite ist wie eingefroren, vom Gesicht bis zu den Füßen.«
»Ich sehe sie mir an, Josie, dann können wir weiterreden.«
Josie führte ihn ins Schlafzimmer. »Grand-mère, Dr. Benet ist jetzt da.«
»Emmeline, meine liebe Freundin«, begrüßte er sie, während er zum Bett ging. »Sie fühlen sich nicht ganz wohl, sagt Josephine?«
Emmeline streckte ihre bewegliche Hand nach dem Arzt aus, und er ergriff sie voller Wärme. »Lassen Sie mich sehen, was Ihnen fehlt«, sagte er. Er ging um das Bett herum, um seine Tasche auf dem Tisch abzustellen. Als er das Muster aus Maismehl auf dem Boden sah, blieb er stehen. »Habt ihr Voodoo hier drin zugelassen?« Anklagend blickte er Josephine an. Zornig verwischte er die Zeichnung mit seinem Fuß; dann sah er das Gris-gris um Emmelines Hals. Er nahm ein Skalpell aus seiner Tasche, schnitt das Band durch, ging auf die Veranda und warf das Flanellsäckchen hinaus auf den Hof.
Josie sah die schnelle Bewegung im Bett ihrer Großmutter, die den getrockneten kleinen Alligator blitzschnell unter ihre Hüfte geschoben hatte, solange er ihn noch nicht bemerkt hatte. Cleo zupfte die Bettdecke zurecht, um ihr beim Verstecken zu helfen. Fassungslos starrte Josie ihre Großmutter an, diese fromme katholische Frau, als hätte sie sie nie richtig gekannt. Aber das stumme Flehen rührte sie doch, und sie verriet dem Arzt nicht, was sie gesehen hatte.
Dr. Benet hatte sich schon wieder beruhigt. Er setzte sich aufs Bett zu seiner alten Freundin und nahm ihre bewegliche Hand in die seine. Er fühlte ihr den Puls am Hals und untersuchte das tränende Auge. Dann drückte er die gelähmte Hand und fragte: »Können Sie die Finger hier bewegen, Emmeline?«
Sie verzog das Gesicht vor Anstrengung, brachte aber keine Bewegung zustande. Dr. Benet hielt ihren Fußknöchel unter der Bettdecke. »Und den Fuß? Können Sie den bewegen?«
Nichts.
Er bemerkte die fehlende Muskelspannung in ihrer linken Gesichtshälfte, die ganz zusammengesackt war. »Können Sie meine Hand auf Ihrer Wange
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