Das Herz des Südens
Ordnung?«
»Setz dich, Emile, es ist schwierig zu erklären.«
Josie überließ ihren Platz ihrer Großmutter.
»Wie du weißt, hat sie viel Blut verloren«, begann Dr. Benet.
»Aber das Baby?«, fiel sein Vater ein.
»Dazu komme ich gleich, Emile. Du hast natürlich beobachtet, wie Celine immer runder geworden ist. Tatsächlich schien sie ein Kind zu erwarten.«
Emile ließ den Kopf hängen. »Sie hat es also verloren.«
»Ich glaube, ich habe mich nicht klar genug ausgedrückt, mein Freund. Dieser Bauch … es gibt kein Kind. Ihr Bauch ist angeschwollen von Geschwüren.«
»Ich verstehe dich nicht. Sie …«
»Sei doch nicht so dumm, Emile«, fuhr ihn seine Mutter an. »Es gibt kein Kind. Es hat nie ein Kind gegeben. Celine hat den Bauch voller Geschwüre. Tumoren.«
Josie suchte wieder nach ihrem Rosenkranz.
»Erzählen Sie ihm den Rest«, forderte Grand-mère den Arzt auf.
»Die Tumoren sind gereift und sehr groß, Emile. Sie sind so sehr gewachsen, dass sie aufplatzen. Verstehst du?«
Papa gab keine Antwort. Josie blieb auf ihrem Platz am Balkongeländer stehen, aber allmählich wurden ihr die Knie weich. Grand-mère scharrte unruhig mit den Füßen. »Sprechen Sie weiter, François.«
»Celine hat sehr viel Blut verloren«, fuhr der Arzt fort. »Ursuline hat gute Arbeit geleistet und die Blutung gestillt. So haben wir ein wenig Zeit gewonnen. Aber die Blutung wird wiederkommen, vielleicht morgen, vielleicht auch schon heute Nacht. Und sie wird unweigerlich daran sterben.«
Papa starrte blicklos in die Schatten. »Weiß Celine Bescheid?«
»Ja, sie weiß es«, erwiderte Grand-mère.
Unbemerkt schlich sich Josie ins Zimmer ihrer Mutter. Dr. Benet kann die Zukunft nicht voraussagen. Maman muss ganz still liegen, dann wird ihr Bauch wieder heil. Sie ist doch noch viel zu jung, um zu Gott zu gehen.
Im gelben Kerzenlicht sah Mamans Gesicht ganz wächsern aus. Pater Philippe saß bei ihr, den Kopf gesenkt. Josie konnte nicht feststellen, ob der arme Mann noch betete oder schon eingeschlafen war. Sie setzte sich auf die andere Seite des Bettes und nahm die Hand ihrer Mutter. »Wie geht es dir, Maman?«
»Ich bin nur sehr müde, Josephine. Aber es tut nicht mehr weh.«
Pater Philippe stand von seinem Stuhl auf. »Mademoiselle, wenn Sie jetzt hier sind, würde ich mich gern für einen Augenblick entschuldigen.« Er tätschelte Maman die Hand. »Ich bin bald wieder bei Ihnen, meine Liebe.«
»Josephine«, bat Maman, »gibst du mir meinen Rosenkranz?«
Während ihre Mutter die Elfenbeinperlen durch die Finger gleiten ließ und ihre Gebete sprach, kniete Josie vor dem Bett. Sie berührte den Spitzenärmel ihrer Mutter, um ihre Hand im Gebet nicht zu stören, und schloss die Augen, um ihre eigenen Gebete zu sprechen.
Als Papa sie so fand, taten ihr die Knie weh. »Josie«, sagte er und legte die Hand auf ihren Ellbogen. Maman schlief, den Rosenkranz noch zwischen den Fingern. »Ich würde jetzt gern allein mit deiner Mutter sprechen, Josie. Hast du ihr gute Nacht gesagt?« Sie nickte.
Sie saß mit Cleo im Salon neben dem Schlafzimmer, immer mit einem Blick auf die Uhr, deren Zeiger langsam weiterschlichen. Eine Stunde verging. Unter der Tür zu Mamans Schlafzimmer war Licht zu sehen, und das Gemurmel von Pater Philippe hatte aufgehört.
»Meinst du, Maman ist wach?«, fragte Josie.
Cleo stand auf und legte ein Ohr an die Tür. »Ich höre gar nichts«, flüsterte sie.
»Dann gehe ich jetzt rein.« Josie klopfte zweimal, dann drehte sie den gläsernen Türgriff. Das Kerzenlicht breitete sich über dem Bett aus, und Maman lag auf den cremefarbenen Kissen wie eine Erscheinung aus einer anderen Welt. Ihr Haar war über dem Kissen ausgebreitet, und ihre Augen leuchteten unnatürlich aus dem wächsernen Gesicht.
Josie lächelte und atmete tief durch vor Erleichterung. »Maman, du siehst aus wie ein Engel.«
Maman hob eine Hand und winkte ihre Tochter zu sich.
Pater Philippe faltete sein Gewand zusammen; auf dem Tisch stand die Karaffe mit Weihwasser. Papa stand im Schatten und blickte zum Fenster hinaus in die Dunkelheit. Als er sich umdrehte, konnte sie sein tränennasses Gesicht im Kerzenlicht glänzen sehen.
Er rückte ihr einen Stuhl zurecht. Seine Stimme war rau, als er sagte: »Setz dich zu deiner Mutter, Josie.« Er klopfte mit der Hand auf seine Brusttasche, auf der Suche nach einer Zigarre. »Ich bin für einen Augenblick auf dem Balkon. Cleo, ich glaube, der Pater wäre dankbar für ein
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