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Das Herz des Werwolfs (German Edition)

Das Herz des Werwolfs (German Edition)

Titel: Das Herz des Werwolfs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Andersen
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findest, es war meine Schuld.“
    „Ich finde, dass es scheißegal ist, was ich darüber denke. Du musst für dich selbst eine Antwort finden, und einen Weg, damit abzuschließen. Oder eben nicht.“ Aber obwohl seine harten Worte zwischen ihnen eine Art Mauer errichteten, durchbrach das leise Bedauern in seinem Tonfall die Barriere wieder. Sie erinnerte sich daran, mit wem sie sprach, und was er durchgemacht hatte. Er hatte nicht nur einen Partner verloren, sondern seine Familie, sein Leben, seine Herkunft.
    „Tut mir leid“, sagte sie und errötete heftig. „Du hast nur gefragt, weil du nett sein wolltest, und ich rede und rede …“
    Er nahm ihre Hand in seine. „Reda, hör auf. Das habe ich nicht gemeint.“
    Sie schluckte und versuchte, seine Hand nicht zu fest zu umklammern. „Tut mir leid. Ich bin nicht gut darin, die Signale, die andere aussenden, zu erkennen. Meine Brüder sagen, das liegt daran, dass ich so oft allein bin.“ Das hattensie zumindest gesagt, ehe sie weggezogen waren, Jobs in anderen Städten angenommen, Familien gegründet und sie allein gelassen hatten.
    „Das Gefühl kenn ich.“ Er ließ ihre Hand los, aber sie liefen dichter nebeneinander als vorher, und ihre Arme und Schultern streiften sich bei jedem Schritt. Schließlich sagte er: „Ich habe mich zwanzig Jahre lang danach verzehrt, nach Elden zurückzukehren, meine Brüder und meine Schwester wiederzusehen und den Blutmagier zu erledigen, nicht unbedingt in der Reihenfolge. Aber ich habe auch die ganze Zeit mir selbst die Schuld dafür gegeben, dass ich nicht in der Burg war, als der Angriff anfing.“
    „Du hättest nichts ausrichten können“, sagte sie, begriff aber, was er meinte.
    „Genau. Richtig oder falsch, wichtig ist, dass ich mich verantwortlich fühlte.“ Er schwieg einen Augenblick. „Es gab da ein Mädchen, Twilla. Sie war die Tochter eines Wächters und hatte vor, sich für die Leibwache der Königin ausbilden zu lassen.“
    „Oh.“ Es war lächerlich, eifersüchtig zu sein. Aber sie verspürte trotzdem einen kleinen Stich.
    „Meine Eltern waren mit ihr nicht einverstanden, weil sie eine Bürgerliche war und sie für mich andere Pläne hatten. Ich habe mich mit ihnen gestritten und bin davongerannt. Deshalb war ich nicht da, als die Burg gefallen ist. Schlimmer noch, die letzten Worte, die ich in diesem Leben zu ihnen gesagt habe, waren wütende Beschimpfungen und Anschuldigungen.“ Er breitete die Hände aus, die Geste war im rosigen Licht des anbrechenden Tages bereits deutlich sichtbar. „Ich bin nicht stolz auf mich. Ich wünschte, ich wäre ein besserer Mann gewesen, ein bessererSohn. Verdammt, ein besserer Prinz. Aber ich kann das, was geschehen ist, nicht rückgängig machen. Alles, was ich tun kann, ist, beim nächsten Mal besser sein, wie auch immer dieses nächste Mal aussehen wird.“
    „Oh“, sagte sie wieder, leiser diesmal. Sie verstand, was er damit sagen wollte: dass man vorwärtsgehen und nicht zurückblicken sollte. Er versuchte nicht, der Vergangenheit zu entfliehen oder sie zu ignorieren. Er versuchte, die Zukunft zu verbessern.
    Und was das anging, war er ganz anders als ihr Vater und ihre Brüder, die so viel Zeit damit verbracht hatten, die Zukunft zu planen, dass sie gar nicht mehr wahrnahmen, was direkt vor ihnen lag.
    Ihre Meinung von ihm, die bereits gefährlich hoch war, stieg noch weiter an. Und das, zusammen mit dem Wolfsbene, ließ sie viel zu bewusst spüren, wie ihre Arme immer wieder gegeneinanderstreiften. Die Berührung war durch die dicken Pullover und Lederjacken kaum zu bemerken, aber sie merkte es. Sie merkte es einfach.
    Doch obwohl die Erregung in ihrem Körper weiter anstieg, ihre Energie – jedenfalls die zum Wandern – nahm rapide ab. Davon sagte sie ihm allerdings nichts und schleppte sich weiter, bis Dayn sie mit dem Ellenbogen anstieß und auf einen schmalen Trampelpfad zeigte, der vom Hauptweg abging. „Danach habe ich gesucht. Der Pfad führt zu einer Jagdhütte etwa eine Meile entfernt.“ Seine Zähne blitzten auf. „Sie gehört Kenar, und wir wissen ja, dass er weit weg von hier ist. Das Rudel muss sich ausruhen, wir sollten dort also sicher sein. Und ich habe ein paar Schutzzauber mitgebracht. Ich stelle einen hier auf, damit er uns warnt, falls jemand den Pfad hinaufkommt, und die anderenum die Hütte herum.“
    Sie nickte. „Okay.“ Was sie eigentlich meinte, war: Gott sei Dank.
    Die Sonne stieg endgültig über den Horizont und markierte

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