Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Herz des Werwolfs (German Edition)

Das Herz des Werwolfs (German Edition)

Titel: Das Herz des Werwolfs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Andersen
Vom Netzwerk:
sie neu geweckt durch die schiere Erleichterung, endlich frei zu sein, zu rennen, wie sie wollten, ohne ihre Verfolger hinter sich zu wissen.
    Er sprintete hinter eine kleine Baumgruppe südlich von ihnen, wechselte dann sofort die Richtung und lief weiter nach Norden. Dadurch musste es von der anderen Seite der Schlucht so aussehen, als würden sie nach Süden rennen, und die Wolfyn würden zur südlichen Holzbrücke laufen, wie er und Keely es geplant hatten.
    Bei dieser Erinnerung verflog ihre Erleichterung wieder. Ich habe dich benutzt, du hast mich benutzt. Das machen Leute wie wir eben so. Die Worte der Wölfin verfolgten Reda, weil sie so gar nicht zu dem Mann passten, der neben ihr lief … Andererseits, die Wolfyn kannte ihn seit zwei Jahrzehnten, Reda erst seit etwa sechs Stunden.
    Der Pfad, auf dem sie unterwegs waren, wurde breiter, bis sie genug Platz hatten, Seite an Seite zu rennen. Bis dahin hatte sie das Gefühl gehabt, dass ihr Puls im Takt mit ihren Schritten geschlagen hatte. Doch jetzt fühlte es sich an, als wäre sie aus dem Takt, als hätten die Fragen, die ihr durch den Kopf wirbelten, sie aus dem Rhythmus gebracht.
    Er sah sich zu ihr um. „Mach schon. Frag.“ Sein Gesicht lag im Schatten verborgen.
    Ein kalter Schauder verursachte ihr eine Gänsehaut. „Liest du meine Gedanken?“
    „Ich habe doch gesagt, ich kann mich nicht mit dir verbinden.“
    Es gab keinen Grund, weshalb sie das so treffen sollte, aber es traf sie. Ein eindeutiger Hinweis, dass sie sich zusammenreißen musste. „Dann sag mir doch, was ich deiner Meinung nach fragen sollte.“
    „Ob ich von Keely getrunken und dann ihre Erinnerungen gelöscht habe. Ja, habe ich. Wolfyn-Blut ist fürmeine Art sehr mächtig. Ich brauchte einmal pro Jahr eine Dosis, genau, wie sie in einer Nacht im Jahr einen Liebhaber brauchte, um das Blutmond-Ritual erfolgreich zu vollenden, ohne die Führung ihres Bruders in Gefahr zu bringen.“
    Reda drehte sich langsam der Magen um. Nicht nur wegen der Vorstellung, dass er das Blut der Wolfyn getrunken hatte – mit oder ohne ihr Wissen –, sondern auch, weil er seiner langjährigen Geliebten so einfach den Rücken gekehrt hatte, ohne sich noch einmal nach ihr umzusehen. Und nur wenige Minuten später hatte er sie, Reda, geküsst, und sie hatte sich begehrt gefühlt. Besonders. Mächtig.
    Fang nicht so an.
    Dayn verlangsamte seine Schritte und rückte seinen Rucksack zurecht. „Ich weiß, dass es ziemlich übel aussieht. Beim Abgrund, es war übel. Keely und ich hatten vereinbart, Sex miteinander zu haben, und dann habe ich ihr Blut gestohlen. Ich habe bei ihr etwas gutzumachen.“
    Reda wusste nicht, was sie sagen sollte, und auch nicht, was er sagen könnte, um ihr dieses beklemmende Gefühl in ihrer Brust wieder zu nehmen, also fragte sie nicht weiter nach. Und nach einer Weile verschwand das Gefühl von selbst. Vielleicht war auch das eine Form von Mut – Dinge auf sich beruhen zu lassen.
    Sie wanderten eine Stunde. Dann zwei. Der Wald wurde auf beiden Seiten des Pfads immer dichter, und sie war sich auf einmal der schwarzen Wand aus Bäumen rechts und links von sich sehr bewusst, dem vereinzelten Rascheln und dem Aufscheuchen verschreckter Tiere.
    Als sie nicht allzu weit entfernt ein Heulen hörte, erschrak sie. „Hat das Rudel uns schon gefunden?“
    „Nur ein Einzelgänger, der Ärger will.“ Dayns Stimme klang leicht belegt, weil er sie so lange nicht benutzt hatte. Auf ihren fragenden Blick hin erklärte er: „Ein Männchen kann aus dem Rudel verstoßen werden, wenn es den Anführer herausfordert und verliert, oder wenn der Anführer meint, dass es ihn bald herausfordern wird, und den Kampf vermeiden will. Manchmal schließt so ein Verstoßener sich einem anderen Rudel an, aber da er sich dort meist auch nicht unterordnen und mit der Beta-Rolle zufriedengeben wird, gibt es normalerweise nach kurzer Zeit wieder das gleiche Problem. Darum bleibt ein solches Männchen meistens allein, außer zur Mondzeit.“
    Sie klinkte sich vorsichtig in das Gespräch ein. „Warum dann nicht?“
    „Weil das die einzigen drei Tage sind, an denen es die Tradition einem männlichen Wolfyn gestattet, eine Herausforderung auszusprechen, ihm also zugesteht, den Führer eines Rudels seine Position streitig zu machen. Zu dieser Zeit werden auch Streitereien geschlichtet, Strafen verhängt und Paare verbunden oder getrennt. Die Wolfyn verschieben die meisten politischen und familiären Entscheidungen

Weitere Kostenlose Bücher