Das Herz Des Winters
mitgab, konnten manchmal Monate lang unterwegs sein - wenn man Glück hatte. Unzuverlässige Kaufleute strichen das Postgeld ein und machten sich nicht die Mühe, den Brief zu befördern. Nur wenige Leute konnten sich Kuriere leisten. Elayne spielte mit dem Gedanken, eine Königliche Post zu gründen, falls es die Situation jemals zuließ. Norry beklagte die Tatsache, dass seine letzten Neuigkeiten aus Ebou Dar und Amador bereits von Geschehnissen überholt worden waren, über die man seit Wochen auf der Straße sprach.
Es waren auch nicht alle Neuigkeiten wichtig. Seine Brieffreunde waren keine richtigen Augen-und-Ohren; sie schrieben lediglich, was in ihrer Stadt passiert war und was am Hof geredet wurde. In Tear sprach man von der ständig zunehmenden Zahl von MeervolkSchiffen, die sich ohne Navigatoren einen Weg durch die Drachenfinger gebahnt hatten und nun vor der Stadt den Fluss verstopften; von Gerüchten, denen zufolge die Schiffe auf See gegen die Seanchaner gekämpft hatten, aber das waren wirklich nur Gerüchte. Illian war friedlich und voll von Rands Soldaten, die sich von einer Schlacht gegen die Seanchaner erholten; es war fraglich, ob Rand überhaupt in der Stadt gewesen war. Die Königin von Saldaea befand sich noch immer in ihrem freiwilligen Exil auf dem Land, was Elayne bekannt war, aber es hatte den Anschein, als hätte man auch die Königin von Kandor schon seit Monaten nicht mehr in Chachin gesehen, und der König von Schienar befand sich angeblich noch immer auf einer ausgedehnten Inspektionsreise entlang der Grenze zur Großen Fäule, obwohl es in der Fäule ruhiger als seit Menschengedenken zuging. In Lugard versammelte König Roedran jeden Adligen um sich, der Soldaten mitbringen konnte, und eine Stadt, die sich bereits wegen zweier großer Heere sorgte - von denen das eine voller Aes Sedai und das andere voller Andoraner war -, die in der Nähe der Grenze zu Andor kampierten, hatte nun noch die neue Sorge, was ein liederlicher Tunichtgut wie Roedran im Sinn hatte.
»Und was ratet Ihr mir dazu?«, fragte sie, als er geendet hatte, obwohl sie seinen Rat nicht brauchte. In Wahrheit hatte sie ihn bei den anderen Dingen auch nicht gebraucht. Die Geschehnisse waren zu weit weg, um Andor zu betreffen, oder unwichtig, lediglich ein Überblick, was in anderen Ländern passierte. Aber es wurde von ihr erwartet, dass sie fragte, selbst wenn beide wussten, dass sie die Antwort bereits kannte - »Tut nichts« -, und er hatte prompt geantwortet. Murandy war jedoch weder weit weg noch unwichtig, aber diesmal zögerte er und schürzte die Lippen. Norry war langsam und methodisch, aber selten zögerlich.
»Was das angeht, nichts, meine Lady«, sagte er schließlich. »Normalerweise würde ich vorschlagen, Roedran einen Botschafter zu schicken, der seine Ziele und Beweggründe ergründen soll. Er mag die Geschehnisse im Norden fürchten oder die Überfalle der Aiel, von denen wir so viel hören. Andererseits, auch wenn er nie irgendwelche Ambitionen gezeigt hat, könnte er ein Unternehmen im nördlichen Altara planen. Oder unter diesen Umstände auch in Andor. Unglücklicherweise ...«Er drückte die Ledermappe weiterhin an die Brust, spreizte leicht die Hände und seufzte, vielleicht als Entschuldigung, vielleicht auch aus Besorgnis.
Leider war sie noch keine Königin und kein von ihr geschickter Botschafter würde auch nur in Roedrans Nähe gelangen. Falls sie mit ihrem Thronanspruch scheitern sollte und er ihren Botschafter empfangen hatte, könnte der erfolgreiche Thronfolger ein Stück aus Murandy herausschneiden, um ihm eine Lektion zu erteilen, und Lord Luan und die anderen hatten sich bereits Territorien genommen. Allerdings verfügte sie über bessere Informationen als der Erste Sekretär, und zwar von Egwene. Sie hatte nicht vor, ihre Quelle zu verraten, entschied sich aber, seine Sorgen zu beschwichtigen. Das musste der Grund gewesen sein, warum er den Mund so verzogen hatte: er wusste, was getan werden musste, sah aber keine Möglichkeit, es zu tun.
»Ich kenne Roedrans Ziele, Meister Norry, und er zielt auf Murandy selbst. Die Andoraner in Murandy haben Treueide von murandianischen Adligen im Norden entgegengenommen, und das macht den Rest nervös. Und da ist eine große Söldnerbande - in Wahrheit sind es Drachenverschworene, aber Roedran hält sie für Söldner -, die er im Geheimen angeheuert hat und die eine Bedrohung darstellen sollen, nachdem die anderen Heere abgezogen sind. Er will
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