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Das Herz Des Winters

Das Herz Des Winters

Titel: Das Herz Des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Elayne hatte den Verdacht, dass ihre Gelenke schmerzten. Wie dem auch war, sie selbst war fertig. Allerdings würde sie nicht das Diadem der Tochter-Erbin tragen; es konnte oben auf dem kleinen Schmuckkästchen aus Elfenbein auf ihrem Ankleidetisch liegen bleiben. Sie besass nicht viel Schmuck; die meisten Juwelen waren versetzt worden und der Rest würde das Hofgeschirr begleiten, wenn es so weit war. Sinnlos, sich jetzt darüber zu sorgen. Sie hatte nur wenige Augenblicke für sich selbst, dann musste sie sich wieder auf ihre Pflichten stürzen.
    Ihr Wohnzimmer mit der dunklen Holzvertäfelung und den breiten Vogelfriesen enthielt zwei große Kamine mit aufwendig gestalteten Einfassungen, einen an jedem Ende, die ihrer Aufgabe des Wärmens besser nachkamen als der im Ankleidezimmer. Allerdings waren auch hier die Teppiche auf dem weißen Fliesenboden unumgänglich. Zu ihrer Überraschung befand sich auch Halwin Norry in dem Raum. Es sah so aus, als hätte sich die Pflicht auf sie gestürzt.
    Der Erste Sekretär erhob sich bei ihrem Eintreten von einem Stuhl mit niedriger Lehne, drückte eine Ledermappe an die schmale Brust und wankte um den am Rand mit Schnörkelornamenten verzierten Tisch in der Mitte des Raums, um einen unbeholfenen Kratzfuß zu machen. Norry war groß und schlank, hatte eine lange Nase, und der spärliche Haarwuchs hinter seinen Ohren sprang hervor wie weiße Federbüschel. Er erinnerte Elayne oft an einen Reiher. Eigentlich hantierte eine Vielzahl von Schreibern unter seiner Führung mit den Federn, dennoch wurde der Saum seines scharlachroten Wappenrocks von einem kleinen Tintenfleck verunstaltet. Der Fleck sah ziemlich alt aus, und sie fragte sich, ob die Mappe weitere verbarg. Er hatte die Gewohntheit, sie vor seine Brust zu halten, erst angenommen, als er die formelle Uniform angelegt hatte; zwei Tage nach Frau Harfor. Ob er es als Ausdruck der Loyalität getan hatte oder bloß, um es der Haushofmeisterin nachzutun, war noch immer ein Gegenstand der Diskussion.
    »Verzeiht mir meinen Überfall, meine Lady«, sagte er, »aber ich glaube, meine Angelegenheiten sind von einiger Wichtigkeit, wenn nicht sogar von Eile.« Wichtig oder nicht, sein Tonfall war noch immer monoton.
    »Natürlich, Meister Norry. Ich würde Euch nicht zur Eile treiben wollen.« Er sah sie blinzelnd an, und sie versuchte, ein Seufzen zu unterdrücken. Nach der Art und Weise zu urteilen, wie er den Kopf leicht schiefhielt, um einen Ton besser aufschnappen zu können, war er mehr als nur etwas schwerhörig. Vielleicht war das der Grund, warum seine Stimme niemals ihre Tonlage veränderte. Sie sprach etwas lauter. Aber vielleicht war er auch einfach nur ein Langweiler. »Setzt Euch und berichtet mir von diesen wichtigen Angelegenheiten.«
    Sie nahm sich einen der mit Schnitzereien versehenen Stühle vom Tisch und bedeutete ihm, sich ebenfalls einen zu nehmen, aber er blieb stehen. Das tat er immer. Sie lehnte sich zurück, um ihm zuzuhören, schlug die Beine übereinander und richtete ihre Röcke.
    Er schaute nicht in seine Mappe. Alles, was dort auf dem Papier stand, befand sich auch in seinem Kopf; die Papiere waren nur für den Fall da, dass sie sie mit eigenen Augen sehen wollte. »Die dringlichste und vielleicht auch wichtigste Neuigkeit besteht darin, meine Lady, dass man auf Euren Gütern in Danabar große Vorkommen Alaun entdeckt hat. Alaun von erstklassiger Qualität. Ich glaube, dass die Bankiers meine Erkundigungen in Eurem Namen weniger ... zögerlich behandeln werden, sobald sie davon erfahren.« Er lächelte kurz, ein schnelles Verziehen dünner Lippen. Für ihn war das fast so viel wie ein Freudensprung.
    Elayne setzte sich sofort aufrecht hin, als er Alaun erwähnte, und ihr Lächeln war sehr viel breiter. Sie verspürte selbst Lust auf einen Freudensprung. Hätte ihr jemand anderes als Norry gegenübergestanden, hätte sie es vielleicht sogar getan. Ihre Freude war so groß, dass Birgittes Gereiztheit einen Augenblick lang in den Hintergrund verdrängt wurde. Färber und Weber verschlangen Alaun förmlich, genau wie auch die Glasbläser und Papiermacher. Die einzige Quelle für erstklassiges Alaun war Ghealdan - oder war es zumindest bis jetzt gewesen -, und allein die Steuern für den Handel hatten ausgereicht, um den Thron von Ghealdan für Generationen zu stützen. Was aus Tear und Arafel kam, war nicht ganz so rein, aber es brachte den Schatztruhen dieser Länder fast genauso viele Münzen ein wie

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