Das Herz des Wolfes (German Edition)
Schrecken versetzt hatte.
Hatte auch er etwas gespürt, als er sie zum ersten Mal sah? War er derselben irrwitzigen Überzeugung, dass sie seine Gefährtin war? Wenn nicht, hatte sie ein Problem. Wenn doch, hatte sie eine ganze Reihe von Problemen.
Sie erblickte die unverwechselbaren, riesenhaften Umrisse von Detective Riehl, der vor den Türen der Wache auf und ab ging. Er trug nichts auf dem Kopf, und der Reißverschluss seiner abgewetzten Lederjacke stand offen. Anscheinend konnte ihm der heftige Schneesturm, der um ihn herum heulte, nichts anhaben. Garcia fuhr den Streifenwagen auf den Bordstein. Riehl drehte sich um und eilte bereits mit großen Schritten auf sie zu, als der Wagen sanft zum Stehen kam.
Ein mächtiger Wahnsinn ergriff von Alice Besitz, als sie ihn näher kommen sah. Sein gewaltiger Körper bewegte sich mit einer athletischen, selbstsicheren Anmut, während seine unglaublich langen Beine die Entfernung zwischen ihnen in null Komma nichts zurücklegten. Mit der gleichen nervenaufreibenden Intensität wie zuvor war der Blick seiner hellen Augen unverwandt auf sie gerichtet; diesmal aber verfiel sie nicht in Panik, denn sie wusste, er war ihr einziger Schutz vor diesem mörderischen Sturm.
Ihr Blick klebte an ihm, schmerzhaft rau strich der Atem durch ihre Kehle, während sie nach dem Türgriff suchte. Erst mit Verspätung fiel ihr ein, dass es auf dem Rücksitz von Polizeifahrzeugen keine gab, doch da hatte Riehl schon behutsam die Tür für sie geöffnet. Sein eisiger Blick war ruhig, als er ihr seine kraftvollen Hände entgegenstreckte.
Vielleicht sollte sie weglaufen. Der Teil von ihr, der noch immer erschüttert war, wollte es zumindest. Der größere Teil aber, der wahnsinnige, griff nach seinen Händen. Heiß und schwielig fühlten sie sich unter ihren Fingern an. Er stützte sie, als sie ihre zitternden Muskeln irgendwie in Bewegung setzte und ausstieg. Ihre Zähne klapperten hörbar, und ihr Stolz war nirgends aufzufinden. Scharf und forschend sah Riehl ihr ins Gesicht, und dann zog er sie einfach in seine Arme. Eingehüllt in seine Wärme und seinen Duft fand sie unbeschreibliche Erleichterung und Trost.
»Jetzt wird alles gut«, brummte er leise in ihr Ohr. »Sie sind in Sicherheit. Ich bin bei Ihnen.«
Alice ließ alle Gedanken ans Weglaufen fahren, verlor jedes Gefühl von Stolz und Anstand und lehnte sich an seine breite, muskulöse Brust. Er war ein starkes, sicheres Zuhause.
Jetzt, da sie sich so dicht gegenüberstanden, stellte Riehl fest, was für ein winziges Etwas Alice Clark war. Fast hätte er sie hochheben und in die Tasche stecken können. Er strich über ihren schmalen Rücken, während sie sich an ihn kuschelte. Aus irgendeinem Grund hatte sein Herz beschlossen, das Tempo eines Presslufthammers einzuschlagen. Obwohl ihr Zittern den Wolf in ihm zum Knurren brachte, hielt Riehl die Bestie strikt unter Kontrolle. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, den Cujo raushängen zu lassen und zu riskieren, sie noch mehr zu verschrecken. Als aber zwei Uniformierte aus dem Polizeiwagen stiegen und ihnen ein Stück zu nahe kamen, legte er den Kopf schief und bleckte als stumme Warnung die Zähne.
Der männliche Uniformträger hob beschwichtigend die Hände. Die Frau sah ihn unter zusammengezogenen Brauen an und fragte ruhig: »Miss Clark, können wir noch etwas für Sie tun?«
Als Alice die Arme von seiner Taille löste, zeigte Riehl noch mehr Zähne. Sie wollte sich ganz umdrehen, aber das ließ er nicht zu. Also wandte sie nur den Kopf. Ihre wilden, wundervollen Korkenzieherlocken mit den goldenen Spitzen kitzelten ihn am Kinn, und am liebsten hätte er das Gesicht an ihr gerieben, als sie sagte: »Nein. Vielen Dank für alles.«
»Gern geschehen«, sagte die Frau. Sie warf Riehl noch einen finsteren Blick zu, ehe sie und ihr Partner sich abwandten und sich wieder ihrem Dienst widmeten.
Alice legte den Kopf in den Nacken und sah zu ihm auf. Forschend betrachtete er ihren angespannten Gesichtsausdruck. Hinter den dünnen Brillengläsern lagen große, nussbraune Augen, in denen blaue und grüne Sprenkel leuchteten. Ihre schimmernde kakaobraune Haut ließ ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen und weckte in ihm den Drang, sie von Kopf bis Fuß abzulecken. Tränenstreifen liefen über ihre zierlichen, fast asketischen Züge, und er sah die Spuren ihrer Angst. Hier draußen in der Eiseskälte war ihr Zittern schlimmer geworden.
Ihre wunderschönen Augen waren starr von zu viel
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