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Das Herz ist ein einsamer Jäger (German Edition)

Das Herz ist ein einsamer Jäger (German Edition)

Titel: Das Herz ist ein einsamer Jäger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carson McCullers
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Sommermonaten hatte Bubber immer Koliken. Er trug kein Hemd, und man sah seine spitzen weißen Rippen. Die Sonne machte ihn nicht braun, sondern blass, und die kleinen Wärzchen auf seiner Brust sahen wie Rosinen aus.
    »Ich zieh dich gern«, sagte Mick. »Los, steig ein.«
    » O. K. «
    Mick zog den Wagen langsam hinter sich her; sie hatte es nicht eilig, nach Hause zu kommen. Sie begann mit den Kindern zu reden. Eigentlich aber sprach sie mehr mit sich selbst als mit ihnen.
    »Komische Sache – die Träume, die ich in letzter Zeit hatte. Als ob ich schwimme. Aber statt im Wasser schwimme ich durch riesengroße Menschenmengen. Hundertmal so viel Menschen wie im Laden von Kress am Samstagnachmittag. Die größte Menschenmenge auf der ganzen Welt. Manchmal schreie ich und schwimme zwischen den Leuten durch, und wo ich hinkomme, schlag ich alle nieder – und dann lieg ich wieder am Boden, und die Leute trampeln über mich weg, und meine Eingeweide liegen zermatscht auf dem Pflaster. Ist wohl ein Alptraum…«
    Sonntags war das Haus immer voller Leute, dann bekamen die Untermieter Besuch. Überall raschelten Zeitungen, alles war voller Zigarrenrauch, und dauernd ging jemand die Treppe rauf und runter.
    »Ist doch normal, dass man manche Sachen für sich behalten will. Nicht weil sie schlimm sind, sondern weil sie eben geheim sind. Es gibt da zwei oder drei Sachen, die nicht mal ihr wissen sollt.«
    An der Ecke stieg Bubber aus und half ihr, den Wagen den Kantstein hinunter- und auf der anderen Seite wieder hinaufzuheben.
    »Aber für eine Sache würd ich wer weiß was geben: für ein Klavier. Wenn wir ein Klavier hätten, würd ich jeden Abend üben und jedes Musikstück lernen, das es gibt. Das wünsch ich mir mehr als alles andere.«
    Sie waren bei ihrem Block angelangt. Noch ein paar Türen weiter, und sie waren zu Hause. Es war eins der größten Häuser im Norden der Stadt – drei Stock hoch. Aber es wohnten auch vierzehn Menschen drin. Die gehörten zwar nicht alle richtig zur Familie Kelly – aber sie schliefen im Haus und aßen mit der Familie, jeder für fünf Dollar; da konnte man sie schon dazurechnen. Mr.   Singer zählte nicht mit; der hatte nur ein Zimmer gemietet und kümmerte sich selbst um alles.
    Das Haus war eng und seit vielen Jahren nicht mehr gestrichen worden. Dafür dass es drei Stockwerke hatte, war es nicht stabil genug gebaut – an einer Seite hing es etwas rüber.
    Mick band Ralph los und hob ihn aus dem Wagen. Sie flitzte durch die Diele und sah mit halbem Auge, dass das Wohnzimmer voller Mieter war. Auch ihr Papa war dort. Ihre Mama war wohl gerade in der Küche. Alle saßen herum und warteten aufs Essen.
    Sie ging in das erste der drei Zimmer, die die Familie für sich behalten hatte. Sie setzte Ralph auf das Bett, in dem Papa und Mama schliefen, und gab ihm eine Perlenschnur zum Spielen. Hinter der geschlossenen Tür zum nächsten Zimmer hörte sie Stimmen. Sie beschloss hineinzugehen.
    Hazel und Etta hörten auf zu reden, als sie Mick sahen. Etta saß auf dem Stuhl am Fenster und bemalte sich die Fußnägel mit rotem Lack. Ihr Haar war mit Metallwickeln aufgedreht, und unter dem Kinn hatte sie einen Pickel mit weißer Creme zugeschmiert. Hazel räkelte sich wie gewöhnlich faul auf dem Bett.
    »Worüber habt ihr denn gerade gequatscht?«
    »Geht dich gar nichts an«, sagte Etta. »Halt die Klappe und lass uns in Ruhe.«
    »Das ist genauso mein Zimmer wie eures. Ich habe genauso das Recht, hier zu sein, wie ihr.« Mick spazierte von einer Ecke zur andern, bis sie das ganze Zimmer abgeschritten hatte. »Ich will mich ja gar nicht streiten. Ich will nur auch mein Recht.«
    Mick strich sich mit der Handfläche die Haarsträhnen zurück. Sie tat das so oft, dass ihre Stirnlöckchen wirr in die Höhe standen. Sie krauste die Nase und schnitt vor dem Spiegel Grimassen. Dann begann sie wieder im Zimmer herumzuwandern.
    Hazel und Etta waren als Schwestern eigentlich ganz in Ordnung. Aber Etta hatte lauter Mist im Kopf; sie dachte immer nur daran, wie sie zum Film kommen könnte. Einmal hatte sie an Jeanette MacDonald geschrieben und eine maschinengeschriebene Antwort bekommen: Wenn sie einmal nach Hollywood käme, könne sie vorbeikommen und in ihrem Swimmingpool schwimmen. Seitdem war Etta wie besessen von diesem Swimmingpool. Sie dachte nur daran, das Geld für die Busfahrt nach Hollywood zusammenzubekommen, dort eine Stellung als Sekretärin zu finden, sich mit Jeanette MacDonald

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