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Das Herz ist ein einsamer Jäger (German Edition)

Das Herz ist ein einsamer Jäger (German Edition)

Titel: Das Herz ist ein einsamer Jäger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carson McCullers
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mit dir? Was hast du nun schon wieder angestellt?«
    Mick wollte sich losreißen, aber ihre Mama hielt sie am Arm fest. Mürrisch wischte sie sich mit dem Handrücken die Tränen vom Gesicht. Ihre Mama kam gerade aus der Küche und war in Schürze und Hausschuhen. Wie gewöhnlich sah sie so aus, als hätte sie eine Menge um die Ohren und keine Zeit, weitere Fragen zu stellen.
    »Mr.   Jackson hat zwei Schwestern zum Essen mitgebracht, und wir haben einfach nicht genug Stühle. Du musst heute mit Bubber in der Küche essen.«
    »Na, großartig«, sagte Mick.
    Ihre Mama ließ sie los und band die Schürze ab. Aus dem Esszimmer hörte man die Glocke, die zum Essen rief, und gleich darauf ging das fröhliche Geplapper los. Sie hörte ihren Papa sagen, wie viel Geld er verloren habe, weil er damals, als er sich den Hüftknochen brach, nicht mehr unfallversichert gewesen war. Von der Sache kam ihr Papa einfach nicht los: dass er heute reich sein könnte, es aber nicht war. Man hörte Geschirr klappern, und nach einer Weile verstummten die Gespräche.
    Mick lehnte am Treppengeländer. Vom plötzlichen Weinen hatte sie Schluckauf bekommen. Wie sie über den letzten Monat nachdachte, schien es ihr, als habe ihr Kopf nie recht dran geglaubt, dass aus der Geige etwas werden könnte. Aber in ihrem Herzen hatte sie es glauben wollen. Selbst jetzt war es noch schwer, kein bisschen daran zu glauben. Sie war todmüde. Bill war auch keine Hilfe mehr. Früher hatte sie Bill für den großartigsten Menschen auf der Welt gehalten. Sie war ihm überallhin nachgelaufen – in den Wald zum Fischen, zu den Höhlen und Hütten, die er mit den andern Jungs baute, zum Automaten hinten in Mr.   Brannons Lokal – überallhin. Vielleicht hatte er sie ja nicht absichtlich im Stich gelassen. Aber dennoch konnten sie nie wieder richtige Kumpel werden.
    In der Diele roch es nach Zigaretten und nach dem Sonntagsessen. Mick atmete tief ein und ging nach hinten, in die Küche. Das Essen roch gut, und sie war hungrig. Sie hörte, wie Portia mit Bubber redete; es klang wie ein Singsang oder als würde sie eine Geschichte erzählen.
    »Und das ist einer von den Gründen, wieso ich eine ganze Masse mehr Glück habe als die meisten farbigen Mädchen«, sagte Portia, als Mick die Tür aufmachte.
    »Wieso denn?«, fragte Mick.
    Portia und Bubber saßen am Küchentisch beim Essen. Portias grüngemustertes Kleid wirkte kühl auf ihrer braunen Haut. Sie hatte grüne Ohrringe angelegt, und ihr Haar war streng zurückgekämmt.
    »Immer kommst du grade beim Schwanzende reingestürzt, von dem, was einer gesagt hat, und dann willst du alles wissen«, sagte Portia. Sie stand auf, ging an den heißen Herd und tat Micks Essen auf den Teller. »Bubber und ich haben grad von Großpapas Haus geredet, draußen an der Old Sardis Road. Ich hab Bubber erzählt, dass ihm und meinen Onkels das Grundstück ganz allein gehören tut. Fünfzehneinhalb Morgen. Sie pflanzen immer auf vier davon Baumwolle, manchmal auch mal Erbsen, damit die Erde schön saftig bleibt, und ein Morgen auf einem Hügel ist bloß für Pfirsiche. Sie haben einen Maulesel und einen Wurf Schweine und immer zwanzig bis fünfundzwanzig Leghühner und Küken. Und außerdem gibt’s auch noch ein Gemüsestück und zwei Pekannuss-Bäume und ganz viel Feigen und Pflaumen und Beeren. Wirklich wahr! Gibt nicht ’ne Menge weiße Farmer, die aus ihrem Land so viel rausgeholt haben wie mein Großpapa.«
    Mick legte die Ellenbogen auf den Tisch und beugte sich über ihren Teller. Portia redete, außer von ihrem Mann und ihrem Bruder, am liebsten von der Farm. Wenn man sie so reden hörte, hätte man meinen können, diese schwarze Farm wäre mindestens das Weiße Haus.
    »Am Anfang war bloß ein kleines Zimmer da. Und durch alle Jahre haben sie weitergebaut, und jetzt ist Platz genug für meinen Großpapa, seine vier Söhne und Frauen und Kinder und meinen Bruder Hamilton. In der guten Stube gibt’s ein richtiges Harmonium und Grammophon. Und an der Wand hängt ein Riesenbild von Großpapa in seiner Logenuniform. Sie machen alles Obst und Gemüse ein, und egal, wie kalt und nass der Winter ist, sie haben fast immer viel, sehr viel zu essen.«
    »Und wieso ziehst du dann nicht zu ihnen?«, fragte Mick.
    Portia machte eine Pause beim Kartoffelpellen und klopfte mit ihren langen braunen Fingern auf den Tisch, im Takt mit ihren Worten: »Das ist nämlich so. Siehst du – jeder hat dann noch ein Zimmerchen für seine

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