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Das Herz ist ein einsamer Jäger (German Edition)

Das Herz ist ein einsamer Jäger (German Edition)

Titel: Das Herz ist ein einsamer Jäger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carson McCullers
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inzwischen das Geschirr.
    An manchen Abenden spielten die beiden Taubstummen Schach. Singer hatte immer viel Freude an diesem Spiel gehabt und es vor Jahren Antonapoulos beizubringen versucht. Anfangs hatte er seinen Freund nicht für die Regeln interessieren können, nach denen die Figuren bewegt werden. Dann verfiel er darauf, unter dem Tisch eine gute Flasche bereitzuhalten und sie nach jeder Lektion hervorzuholen. Der Grieche brachte es zwar nie so weit, das launische Zickzack der Springer und die große Beweglichkeit der Dame zu begreifen, lernte aber wenigstens ein paar klassische Eröffnungszüge. Er bevorzugte die weißen Figuren und wollte nie mit den schwarzen spielen. Nach den ersten Zügen machte Singer allein weiter, und sein Freund sah ihm dabei schläfrig zu. Wenn Singer prächtige Angriffe gegen seine eigenen Figuren führte und der schwarze König schließlich matt gesetzt wurde, war Antonapoulos sehr stolz und zufrieden.
    Die beiden Taubstummen hatten sonst keine Freunde; bis auf die Arbeitsstunden waren sie immer zu zweit. Ein Tag glich dem anderen, weil sie so zurückgezogen lebten, dass nichts ihre Zweisamkeit störte. Einmal wöchentlich gingen sie zur Bibliothek, um für Singer einen Kriminalroman zu holen, und jeden Freitagabend sahen sie sich einen Film an. Am Zahltag gingen sie zum Passfotografen im ersten Stock über dem Laden mit den Militärkleidern, und Antonapoulos ließ sich fotografieren. Sonst gingen sie nirgends hin. Viele Stadtteile hatten sie noch nie gesehen.
    Die Stadt lag mitten im tiefsten Süden. Die Sommer waren lang, und es gab nur wenige kalte Wintermonate. Fast immer leuchtete der Himmel in glasklarem Blau, fast immer brannte die Sonne glühend herab. Dann kam der feine, kühle Novemberregen; später gab es vielleicht Frost und ein paar kalte Monate. Die Winter waren unterschiedlich, die Sommer aber immer brütend heiß. Die Stadt war recht groß. An der Hauptstraße lagen mehrere Blocks zwei- und dreistöckiger Läden und Bürohäuser. Die größten Gebäude aber waren die Fabriken, in denen ein großer Teil der Bevölkerung beschäftigt war. Es waren gutgehende, reiche Baumwollspinnereien, aber die meisten Arbeiter der Stadt waren sehr arm. Auf der Straße sah man oft Gesichter, aus denen verzweifelter Hunger und Einsamkeit sprachen.
    Doch die beiden Taubstummen waren überhaupt nicht einsam. Sie waren zufrieden, zu Hause zu sitzen, zu essen und zu trinken, und Singers eifrige Hände erzählten dem Freund alles, was ihm durch den Kopf ging. So gingen die Jahre still dahin, bis Singer zweiunddreißig Jahre alt war und schon zehn Jahre lang mit Antonapoulos in der Stadt lebte.
    Da wurde der Grieche eines Tages krank. Er saß, die Hände auf dem dicken Bauch, im Bett, und große, ölige Tränen rollten ihm über die Wangen. Singer sagte dem Vetter seines Freundes, dem Besitzer des Obstladens, Bescheid und nahm selber Urlaub. Der Arzt verordnete Antonapoulos eine Diät und sagte, er dürfe keinen Wein mehr trinken. Singer achtete darauf, dass die Anordnungen des Arztes genau befolgt wurden. Er saß den ganzen Tag am Bett des Freundes und tat alles Menschenmögliche, um ihm die Zeit zu vertreiben. Antonapoulos aber sah ihn nur böse von der Seite an und wollte sich nicht aufheitern lassen.
    Der Grieche war sehr gereizt und hatte an den Fruchtsäften und Speisen, die Singer ihm zubereitete, immer etwas auszusetzen. Ständig ließ er sich von seinem Freund aus dem Bett helfen, um zu beten. Wenn er kniete, hing sein gewaltiges Hinterteil bis zu den dicken kleinen Füße herab. Fahrig formten seine Hände die Worte ›Liebste Maria‹; dann berührte er das kleine Messingkreuz, das er an einer schmutzigen Schnur um den Hals trug, und seine großen Augen wanderten verängstigt zur Zimmerdecke hinauf. Hinterher war er sehr mürrisch und wollte sich von seinem Freund nichts erzählen lassen.
    Singer war geduldig und tat, was er konnte. Um ihn aufzumuntern malte er kleine Bildergeschichten, einmal sogar eine mit seinem Freund als Hauptfigur. Aber das kränkte den dicken Griechen sehr, und er war erst wieder versöhnt, als Singer sein Gesicht ganz jung und hübsch gemacht und sein Haare hellblond und seine Augen porzellanblau gefärbt hatte. Und selbst dann noch versuchte er, seine Freude zu verbergen.
    Singer pflegte seinen Freund so gewissenhaft, dass Antonapoulos nach einer Woche wieder zur Arbeit gehen konnte. Seit dieser Zeit aber war ihr Leben anders geworden. Unglück kam

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