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Das Herz meines Feindes

Das Herz meines Feindes

Titel: Das Herz meines Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rexanne Becnel
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ältestes Gewand und das äl teste Unterkleid.
    Ihr dickes, kastanienbraunes Haar war mit einem Streifen einfachen Leinen zusammengebunden, um ihr nicht ins Ge sicht zu fallen.
    Sie war gemeinsam mit dem Major Domus und dem Sene schall in den Wirtschaftsgebäuden, als die Glocke Alarm schlug. Sie ließ von ihrer Arbeit ab und eilte in den Schlos shof. Dort herrschte Chaos. Soldaten erklommen geschwind die Treppen, die zu den Zinnen hinaufführten. Tiere wurden hinter die schützenden Mauern getrieben, und die Dorfb e wohner flohen von den Feldern und ihren Häusern. Frauen sammelten in wilder Hast ihre Kinder um sich und zählten die Köpfe, um sicherzugehen, dass keines fehlte. Aber trotz des Lärms und der Verwi r rung und dem Staub, der sie fast blind machte, hörte Lilliane die bellende Stimme ihres Vaters und bemerkte, wie seine massive Gestalt den Hof überquer te.
    »Vater! Warte!« rief sie und hob ihre Röcke, um schnell zu ihm hinlaufen zu können. »Was ist geschehen? Was ist los?«
    »Mach dir keine Sorgen.« Abwesend tätschelte er ihren Arm, seine Augen waren besorgt auf die hastigen Vorberei tungen gerichtet. »Es gibt nichts, weshalb du dir Sorgen ma chen müsstest. Schaffe nur die Frauen in die große Halle und versuche, alle ruhig zu halten.«
    »Aber kannst du mir nicht sagen, was hier vor sich geht? Ich muss es wissen«, bat sie eindringlich und klammerte sich an seinen Arm.
    Jetzt schien er sie zu hören, und zumindest blickte er ihr in die besorgten Augen. »Ein volles Bataillon bewaffneter Männer nähert sich der Burg. Ritter zu Pferd, Soldaten zu Fuß, gefolgt von einem Tross.« Er hielt inne. »Sie tragen schwarz-rote Banner.«
    Lord Barton eilte davon, unzählige Befehle rufend, und Lilliane sah ihm entsetzt hinterher. Colchester trug die Farben schwarz und rot. Colchester griff Orrick an! Es gab kei nen anderen Grund, warum er die Zugangsstraße hinauf marschieren sollte. Im Norden herrschte kein Krieg, nichts, das eine solche Zurschaustellung kriegerischer Stärke erforderlich gemacht hätte.
    Sie hätten es besser wissen sollen, statt in den letzten friedlichen Jahren selbstzufrieden und träge zu werden, är gerte sich Lilliane, als sie sich umwandte, um nach Tullia und Odelia zu suchen. Die Colchesters waren ein böser und grausamer Haufen, Weder ihrem Wort noch ihren Taten konnte irgend jemand auf Orrick trauen. Jetzt war es offen sichtlich, dass sie Orrick demütigen wollten, indem sie die Hochzeitsgäste gefangen hielten und das Schloss belagerten. Lilliane hatte kein anderes Ventil für ihre Wut und Entrüstung, als umsichtig dafür zu sorgen, dass die verängstigten Gäste in Sicherheit gebracht und beruhigt wurden.
    Es dauerte zwei lange Stunden, bevor die erste Botschaft zu den Frauen und Kindern durchdrang, die sich in der gro ßen Halle versammelt hatten. Selbst dann jedoch blieben mehr Fragen als Antworten übrig, denn der Befehl, den Lord Barton an Lilliane ergehen ließ, forderte sie auf, die Halle räumen zu lassen und einen Krug des besten Bieres, den die Bierbrauerin zu bieten hatte, sowie zwei Bierkrüge bereitzustellen. Außer dieser kurzen Anweisung gab es nichts Neu es.
    Als die Brücke herabgesenkt wurde, war der Schlosshof voller Familienmitglieder, Gäste und Gefolgsleuten. Doch die Menge war still, das einzige, was man hören konnte, war das widerstrebende Quietschen der selten benutzten Kurbel. Selbst die Schafe und Kühe, die man vorübergehend zwi schen den Ställen und der Gerberei eingepfercht hatte, schie nen zu wissen, dass sie ihre Stimmen jetzt besser nicht erho ben.
    Schließlich vernahm man den schweren, geme s senen Gang eines großen Pferdes, das die Brücke überquerte. Der Laut war so unhei l verkündend wie das Jüngste Gericht. Als man die Hufe zweier weiterer Pferde hörte, zuckte Lilliane trotz all ihrer Vorsätze zusammen.
    Der erste Reiter, der das Tor durchschritt, bot einen beein druckenden Anblick. Sein Pferd war ein Tier mit breiter Brust, ein Streitross, das eindeutig stark, ausdauernd und schnell war. Das Tier war schwarz wie Kohle, und sein stolz gewölbter Nacken und der fast tänzelnde Gang schienen die stumm Maulaffen feilhaltende Menge herausz u fordern.
    Lilliane, die zwischen ihren Schwestern stand, war genau so beei n druckt von dem großartigen Pferd wie alle anderen. Aber der große Ritter, der auf dem Rücken des Tieres einher ritt, flößte ihr wahre Ehrfurcht ein.
    Er trug ein schwarzes Hemd und eine ärmellose Tunika aus

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