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Das Herz meines Feindes

Das Herz meines Feindes

Titel: Das Herz meines Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rexanne Becnel
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schwarzem Leder, die in Kriegermanier kurz geschnitten war. Er war hochgewachsen, hielt sich aufrecht und trug we der Rüstung noch Kette n panzer, gleichwohl umgab ihn der Hauch der Unbesiegbarkeit, als ob weder Pfeil noch Klinge noch Streitkolben ihn von seinem Ziel abhalten konnten. Auf dem Kopf trug er weder Helm noch Kappe, und sein schwarzes Haar wehte sanft in der leichten Brise.
    Sein Haar war das einzige, das weich an ihm zu sein schien.
    Von seinen schwarzen Lederstiefeln bis hin zum durch dringenden Blick seiner Augen sah er aus wie geschmiedetes Eisen. Lilliane musste sich zusa m mennehmen, um nicht schnell das Kreuz über der Brust zu schlagen, als er an ihr vorbeikam. Mutig wie Daniel in der Löwengrube ritt er gera dewegs auf ihren Vater zu, der auf den Stufen vor der gro ßen Empfangshalle stand. Dann stieg er ab und ging Lord Barton dreist in die Halle voraus.
    Als die Türen sich mit einem vernehmlichen Schlag schlössen, ging ein Seufzer durch die Menge. Die gesamte Versammlung im Schlosshof schien den Atem angehalten zu haben. Die beiden Reiter, die ihrem Herrn gefolgt waren, stiegen nicht ab, sondern wandten ihre Rösser, um sich den neugierigen Blicken der Menge zu stellen.
    Im Innern der großen Halle bot Lord Barton seinem uner warteten Gast einen Stuhl an, dann nahm er ebenfalls Platz. Erst als sein alter Diener Thomas zwei Becher Bier eingegos sen und sich dann entfernt hatte, begann er zu sprechen.
    »Euer Bote sagte, dass Ihr ein dringendes Anliegen hättet. Ich muss gestehen, Colchester, dass Eure Anwesenheit mich überrascht.«
    »Und ich gebe zu, dass ich gleichermaßen übe r rascht bin, dass Ihr mir sicheres Geleit zugesichert habt.«
    Lord Barton trank einen Schluck Bier, während er das strenge Gesicht des jungen Mannes, der vor ihm saß, be trachtete. Bevor er sich Prinz Edward angeschlossen hatte, war Corbett of Colchester ein hervorragender Krieger gewe sen, doch jetzt war er ein Kriegsveteran, kampferfahren durch Edwards zahlreiche Feldzüge. Das hübsche Gesicht seiner Jugend hatte er verloren, denn alles Knabenhafte war daraus gewichen. Eine lange, sich kräuselnde Narbe schlängelte sich über seine Stirn und gab ihm ein grimmiges Aus sehen.
    Er sah muskulös und stark aus, breiter als früher, aber oh ne auch nur die kleinste Andeutung übe r flüssigen Fettes. Zum zweiten Mal in dieser Woche bedauerte Lord Barton, dass die Verbindung zwischen Lilliane und diesem jungen Mann nicht zustande kommen konnte. Was für großartige Enkelkinder dieses Paar ihm geschenkt hätte.
    »Ich habe Euch sicheres Geleit zugesichert, weil ich ver wirrt bin. Colchester und Orrick sind noch immer erbitterte Feinde. Oder hat euer Bruder, Hughe, Euch nicht an diese Tatsache erinnert?«
    »Es ist nicht nötig, dass Hughe mich an den Mord an meinem Vater erinnert.«
    Die Worte wurden leise ausgesprochen. Und doch spürte Lord Barton einen Stich der Angst, als er dem standhaften Blick seines Gegenübers begegnete. Er zweifelte nicht daran, dass Sir Corbett ihn mühelos überwältigen konnte. Mit der langen Stahlklinge aus Damaskus, die an seinem Gürtel hing, konnte ihn der junge Mann mühelos aufschlitzen, bevor auch nur ein einziger Wachmann herbeieilen konnte.
    Doch Lord Barton hatte dem Tod schon häufig ins Auge geblickt. Außerdem spürte er zwar Sir Corbetts Feindselig keit, aber es ging keine unmittelbare Bedrohung von ihm aus.
    »Ich beteuere meine Unschuld in dieser Angel e genheit ebenso standhaft wie eh und je«, erklärte er, als er seinen Krug auf dem Eichentisch abstellte. »Aber sicherlich seid Ihr nicht hergekommen, um über die Vergangenheit zu debat tieren. Bringt Euer Anliegen vor.«
    Sir Corbetts Augen verengten sich, und ihr klares Grau schien nun fast schwarz zu sein. Aber welche Gefühle auch von ihm Besitz ergriffen haben mochten, er verbarg sie ge schickt vor dem prüfenden Blick des alten Lord.
    »Was das angeht, irrt Ihr Euch, Lord Barton. Tatsächlich sind es unerledigte Angelegenheiten aus der Vergangenheit, die mich herführen.«
    »Bringt Sie vor, und verschwindet dann von hier. Ich habe viele Gäste hier versammelt, die gekommen sind, um die Heirat meiner Tochter zu feiern.«
    »Ihre Hochzeit?« Corbett sprang plötzlich auf. Sein Ge sicht verzog sich wütend, als er sich über den Tisch beugte und Lord Barton grimmig ansah. »Der Vertrag hat noch im mer Gültigkeit. Kein Mitglied des Hauses Colchester hat sich damit einverstanden erklärt, die Vereinbarung zu lösen.

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