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Das Herz meines Feindes

Das Herz meines Feindes

Titel: Das Herz meines Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rexanne Becnel
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das ihr schweres Haar in einer dicken Tolle im Nacken hielt. Als sie über den Schlosshof auf den Burgfried zuging, konnte sie nicht wissen, wie die Morge n sonne ihr Haar in leuchtendes Rot verwandelte. Ebenso wenig ahnte sie, wie es die Röte ihrer Wangen betonte. Aber mehr als nur ein Kopf wandte sich nach ihr um, als sie vor beischritt.
    Als sie die große Halle betrat, ließ sie ihren besorgten Blick schnell über den Raum schweifen. Wie sie erwartet hat te, waren nur noch wenige Gäste mit ihrer Mahlzeit beschäf tigt. Die anderen hatten sich alle den vielen verschiedenen Aktivitäten angeschlossen, die zu ihrem Vergnügen geplant worden waren.
    Diener hasteten in der Halle umher, wischten die Tische ab, sammelten die Essensreste für die Hunde ein und brachten die Teller und Platten in die Küchenräume zurück. Alles war so wie es sein sollte, bemerkte sie mit der Befriedigung einer guten Schlossherrin.
    Und doch verspürte sie ein vages Gefühl der Unzufriedenheit, das sie nicht näher zu benennen vermocht hätte. Hatte sie sich etwa auf eine weitere Auseinandersetzung mit dem kriegerischen Ritter gefreut? Hatte sie sich danach gesehnt, sich mit ihm zu messen und durch ihre scharfen An klagen und Beleidigungen vielleicht seinen Stolz zu verlet zen?
    Sie hatte nicht die Zeit, länger darüber nachz u denken, denn ohne Vorwarnung trat William hinter einer breiten Säule hervor, und sie blieb stehen. Vor Überraschung machte ihr Herz einen Satz.
    »O je!« keuchte sie und bemerkte, dass sie nun sogar noch u n glücklicher war als zuvor. »Du darfst dich nicht so an mich heranschleichen!«
    »Ich habe befürchtet, dass du mich meidest«, antwortete er offen heraus, sein immer noch jungenhaftes Gesicht war wachsam.
    »Ich meide dich nicht«, rief sie aus. »Ich meide nieman den.«
    »Noch nicht einmal den Lockvogel des Königs?«
    »Den Lockvogel des Königs? Wen meinst du damit?«
    »Dann hast du von seinen großen Ruhmestaten noch nichts gehört?« Williams Stimme klang sarkastisch. »Dein Bräutigam ist ein großer Freund Edwards, zumindest, wenn man dem Klatsch in London Glauben schenkt. Obwohl es wahr ist, dass er im Morge n land zusammen mit Edward in die Schlacht geritten ist, bezweifle ich, dass er tatsächlich all die Heldentaten begangen hat, die ihm zug e schrieben wer den.«
    »Aber… der Lockvogel des Königs? Warum, Edward ist doch bis jetzt noch nicht einmal gekrönt worden.«
    »Genau. Er treibt sich in der Normandie herum, wo er doch schon längst hier sein sollte. England ist ein Schiff ohne Kapitän«, sagte er entrüstet. »Aber Edward schickt Corbett, seinen Jäger, her, um für ihn einen Auftrag zu erledigen«, fügte er nachdenklich hinzu.
    »Wenn Corbett of Colchester tatsächlich der Ve r traute des Königs ist, auch wenn dieser noch nicht gekrönt ist, warum sollte er sich mit Orrick abgeben? Und mit mir?« fügte sie hinzu. Zweifel zeigten sich auf ihren sanften Zügen. »Sicher lich würde ihn Edward mit einem Gut belohnen, das wichti ger ist als Orrick.«
    Williams gutaussehendes Gesicht verzog sich zu einem seltsamen Lächeln, und er sah ihr tief in die Augen. »So leichthin solltest du über Orrick Castle nicht urteilen, liebste Lilliane. Es gibt wenige englische Burgen an der Grenze zum schottischen Hochland, die so sicher sind. Ich halte unseren neuen König zwar für einen Narren, wenn er so lange im Ausland bleibt, aber seinem Urteilsvermögen gegenüber he ge ich weniger Vorbehalte. Nein, er weiß, was er tut. Und Sir Corbett hat nur eines im Sinn: Seinem König zu dienen.«
    »Dann hat mein Vater dieser abscheulichen Verbindung deshalb so schnell zugestimmt!« schloss Lilliane sofort. »Es geschah auf Wunsch des Königs!«
    »Vielleicht«, murmelte William und kam ihr noch ein Stück näher. Er ließ seine Augen in der Halle umherschweifen, entdeckte aber lediglich drei Diener, die mit ihren Auf gaben beschäftigt waren. »Du hättest mir gehören sollen«, flüsterte er noch leiser. Ernst nahm er ihre Hände in die seinen. »Ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass er dich zu seiner Frau macht.«
    Lilliane errötete bei seinen kühnen Worten heftig und ver suchte, sich aus seinem Griff zu befreien. Aber er ließ sie nicht los.
    »Wenn es einen Weg gäbe, diese Heirat zu ve r hindern, würde ich ihn voller Freude gehen«, gab sie zu.
    »Also findest du dieses Narbengesicht ebenfalls abscheu lich. Viele der Damen bei Hof fanden sein brutales Erschei nungsbild beängst i

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