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Das Herz meines Feindes

Das Herz meines Feindes

Titel: Das Herz meines Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rexanne Becnel
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Gäns e haut. Aber sie kümmerte sich nicht darum. Unter ihr lagen die Ländereien, die zu Orrick gehör ten, in das schwache Licht des abnehmenden Mondes getaucht. Zu ihrer Rechten konnte sie die dunkle, formlose Masse der Wälder in der Ferne erkennen. Vor ihr erstreckten sich friedlich und still die Felder und Wiesen. Das Dorf am Fuße des langgezogenen Hügels war nur eine dunkle An sammlung von Schatten, und doch fühlte Lilliane sich von dem, was sie dort sah, getröstet.
    Es sah genauso aus wie immer, und sie schlang ihre Arme fest um ihre Taille. Orrick Castle hatte seit dreihundert Jah ren überlebt. Es wuchs und gedieh von der sächsischen Fe stung zum normannischen Schloss, und die Menschen in Windermere Fold waren zufrieden. Selbst die letzten fünf Jahre des Ungemachs hatten den Wohlstand nicht zerstören können, und sie fasste Mut. Ganz bestimmt konnte auch Sir Corbett of Colchester es nicht.
    Plötzlich fiel ihr die Entscheidung ganz leicht: Sie würde in die Abtei von Burgram flüchten. Sie hatte keine andere Möglichkeit, die Hochzeit hinausz u zögern. Sie wusste, dass die Äbtissin ihr nicht allzu lange Asyl gewähren würde, wenn ihr Vater kam, um sie zu holen. Aber Sir Corbett war ein stolzer Mann – arrogant, um die Dinge beim Namen zu nennen. Es würde ihn vor dem versammelten Adel demüti gen, wenn seine Braut nicht zur Hochzeit erschien. Und viel leicht, nur vielleicht, würde er voller Abscheu von seinen Plänen ablassen.
    Lilliane wischte die letzten Tränen fort. Sie wusste, dass das kein großartiger Plan war. Aber mehr hatte sie nun ein mal nicht in der Hand. Und irgendwie hatte die Tatsache, dass sie sich überhaupt zu einer Handlungsweise entschlos sen hatte, ihre Stimmung beträchtlich gehoben.
    Wie früher, als sie noch ein Kind gewesen war, atmete Lil liane tief die kühle Nachtluft ein, ließ die Handflächen auf der durch Kra g steine gestützten Wand ruhen und lehnte sich weit über die Mauer hervor. Unter sich konnte sie das grüne Wasser des Grabens erkennen, und wenn sie ihren Hals noch etwas weiter reckte, hätte sie den großen Stein block sehen können, von dem man sagte, dass dies der älteste Teil von Orrick Castle sei. Aber vor diesem Anblick bewahr te sie ein harter, muskulöser Arm, der sie ohne Warnung er griff und sie grob vom Geländer fortzerrte.
    »Woran denkt Ihr, Weib!« rief eine herrische Stimme. »Wollt Ihr lieber für immer in der Hölle schmoren, als mit mir verheiratet zu sein?« Dann wurde sie herumgewirbelt und sah sich Sir Corbetts wütendem Blick gegenüber.
    Voller Zorn versuchte sie seinen kräftigen Griff um ihre Schultern abzuschütteln. Aber genau so gut hätte sie versu chen können, die Schlossmauern zum Einsturz zu bringen, so wenig Wirkung zeigten ihre Anstrengungen.
    »Lasst mich sofort los, gemeiner Schuft! Wird mir denn gar keine Privatsphäre mehr gewährt?«
    »Nicht bis wir verheiratet sind und Ihr einen Erben zur Welt gebracht habt«, gab er mit zusammeng e bissenen Zähnen zurück. »Ich werde nicht zulassen, dass Ihr meine Pläne vereitelt, weil Ihr Euch die törichte Idee in den Kopf gesetzt habt, Euch von diesem Turm hinabzustürzen!«
    »Mich hinabzustürzen?« sprudelte Lilliane entrüstet her vor. »Ihr schmeichelt Euch etwas zu sehr, wenn Ihr glaubt, dass ich Euretw e gen meinem Leben ein Ende machen würde. Ich habe vor, noch viele Jahre, nachdem Ihr Orrick verlassen habt, lebendig und gesund hier zu weilen!«
    Vielleicht hatte er Tränen und hysterische Schreie erwar tet. Vie l leicht amüsierte ihn ihre wütende Antwort. Aus wel chem Grund auch immer, Sir Corbett lockerte jedenfalls seinen Griff, und sie wich auf der Stelle vor ihm zurück. Der Aussichtsturm war nicht allzu groß, und Corbetts Anwesen heit ließ ihn sogar noch kleiner erscheinen. In der Dunkelheit konnte Lilliane sehr wenig von ihm erkennen, aber an seiner starren Haltung und seinen geballten Fäusten konnte sie erkennen, dass er gegen heftige Empfi n dungen ankämpfte. Je der Muskel seines kraftvollen Körpers schien wie zum Kampf gespannt zu sein, und sie zuckte innerlich zusam men. Aber allein die Angst, die er in ihr hervorrief, fachte ih ren Zorn aufs Neue an. Sie würde ihm diese Macht über sie nicht gewähren. Auf gar keinen Fall!
    »Jetzt, da Ihr mich vor mir selbst gerettet habt«, begann sie in beißendem Ton, »könnt Ihr gehen. Ihr habt sowieso keinen Grund, Euch hier aufzuhalten.«
    »Oh, aber sicher habe ich den«, antwortete er in gleicher

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