Das Herz meines Feindes
seine Lippen hob und ihren unberingten Finger küsste, war sie tief und fest eing e schlafen.
8
Lilliane erwachte durch einen erstickten Fluch und durch die kalte frische Morgenluft auf ihrer nackten Haut. Einen Au genblick lang griff sie nach der Wärmequelle, die sie die gan ze Nacht über warm gehalten hatte. Dann erwachte sie durch ein ungeduldiges Klopfen an der Tür vollends, und sie rappelte sich auf, um ein Tuch zu finden, mit dem sie ihre Blöße bedecken konnte. Sir Corbett war bereits auf den Bei nen und zog seine Beinlinge an, als er dem lärmenden Besu cher vor der Tür etwas zurief.
»Halt ein, Mann! Gib mir eine Minute!«
»Beeil dich, Corbett!« ertönte die Stimme Sir Dunns. »Al dis ist mir dicht auf den Fersen. Zuerst einmal ist er nicht all zu glücklich über eure Ehe. Es wird nicht viel brauchen, um ihn zu Gewalttätigkeiten zu verleiten, wenn er herausfinden sollte, dass du…« Der Mann räusperte sich und überdachte seine Worte. »Wenn er euch beide im Bett vorfindet.«
Lillianes Wangen brannten bei diesen Worten vor Verle genheit, und sie zog ihre kleine Decke fester unters Kinn. Corbett grinste beim Anblick ihrer rosigen Wangen und ih res zerzausten, kastanie n braunen Haares. Geschwind zog er seine Kniehose und seine Stiefel an.
»Steh auf, Lily. Dein Schwager wird bald bei uns sein, und er brennt auf einen Kampf.« Er hielt inne und ließ seine Augen über sie wandern. »Es ist nicht gut, wenn er dich so sieht, so hübsch du auch zugegebenermaßen bist.«
Lilliane konnte nicht antworten, und seinen mageren Ver such, humorvoll zu sein, schätzte sie auch nicht gerade. Sie war viel zu gedemütigt angesichts ihrer leidenschaftlichen Erwiderung seiner Liebe und zu sehr von Ehrfurcht ergrif fen, als sie ihn dort im Licht des frühen Morgens stehen sah, um klar denken zu können. Er war von der Taille aufwärts nackt; der Umriss eines jeden Muskels war erkennbar, als er sich vorbeugte, um sein Wams aufzuheben und hineinzu schlüpfen. Sein schwarzes Haar fiel ihm ins Gesicht und lockte sich im Nacken, aber er kümmerte sich offensichtlich nicht um sein Erscheinungsbild. Als er sich in seine steif ge trocknete Tunika zwängte, wandte er sich um und sah sie an.
»Zieh dich schnell an. Ich warte draußen, aber nicht allzu lange«, warnte er sie, sein Gesicht nahm einen strengen Aus druck an. Er schlang seinen Gürtel um die Taille und hielt dann inne. »Du magst die Geschichte deines Leidens deinem Vater erzählen, aber niema n dem sonst. Ist das klar? Wenn wir uns Sir Aldis anschließen, behältst du deine Klagen über mich für dich. Ich lasse es nicht zu, dass meine Männer wegen unserer Zwistigkeiten in Gefahr geraten.«
Lilliane hätte sich am liebsten mit geharnischten Worten zur Wehr gesetzt, als sie gewahr wurde, wie ruhig er diesem Tag entgege n blickte, als ob nichts von Belang in dieser Hütte geschehen wäre. Und um sie noch mehr zu beleidigen, erwartete er von ihr, dass sie schwieg. Um ihn vor Aldis Zorn zu bewahren! Lillianes Augen funkelten vor Wut und Schmerz, als Corbett die Truhe von der Tür fortschob und die Hütte ohne einen weiteren Blick zurück verließ.
Einige lange Sekunden blieb sie in ihrem wollenen Versteck liegen und hatte das gereizte Bedürfnis, ihm ungehor sam zu sein. Aber der Gedanke, dass Sir Aldis und seine Männer sie vollkommen unb e kleidet vorfinden könnten, ließ sie schnell aufstehen. Obwohl ihr Gewand noch feucht war, war sie gezwungen, es über ihr armseliges Unterkleid zu streifen. Dieses ärmliche Kleidungsstück war ohne viel ‘Federlesens in eine weit entfernte Ecke geworfen worden, und sie errötete bei dem Gedanken daran, was danach geschehen war.
Sie hatte weder Kniehosen noch Schuhe, denn beides hatte sie bei ihrer gescheiterten Flucht verloren. Es gelang ihr, sich mit dem, was von den Bändern übriggeblieben war, das Gewand zuz u binden, dann versuchte sie ihr Haar in Ordnung zu bringen. Aber als sie in der Ferne die Pfer dehufe hörte, gab sie dieses Bemühen auf und eilte nach draußen.
Die frühe Morgensonne schien so hell, dass sie geblendet war. Der Boden war immer noch nass und fühlte sich unter ihren bloßen Füßen sehr kalt an, aber der Himmel war mit einem klaren und lichten Blau überzogen. Im funkelnden Morgenlicht erhob sich der Grenzstein groß und bedrohlich hinter den Feldern des Schäfers.
Neben dem Stall stand Corbett und sprach mit ein paar Männern. Alle außer Corbett und einem älteren Mann, der
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