Das Herz meines Feindes
stieg in ihrer Kehle auf. Schlimmer noch, von Respekt konnte ebenso wenig die Rede sein. Sie hatte nicht erwartet, für den Ehemann, den man ihr auswählte, Liebe empfinden zu können, zumindest nicht am Anfang. Aber doch sicherlich Respekt!
Doch entgegen aller Vernunft spürte Lilliane, wie sie seine Liebk o sungen erwiderte. Ohne Vorwarnung hob er sie hoch und ging zu dem Bett aus Schafsfellen hinüber. Sie versuch te, sich wegzudrehen, als er sie hinlegte, aber es war sinnlos. Er warf sich auf das Lager und hielt sie sofort unter seinem großen, schweren Körper gefangen.
»Nein! Nein, tut das nicht«, protestierte Lilliane, während sie versuchte, seinen gewandten Händen zu entgehen. Aber er war geschickter als sie und entkleidete sie mit Leichtigkeit von ihrem losen Unterkleid. Sie hörte, wie er scharf die Luft einsog, als er es zur Seite warf.
In diesem Augenblick verließ sie der Wunsch zu kämp fen. Ihre einzige Sorge bestand darin, ihre Nacktheit vor ihm zu verbergen. Aber Corbett wollte nichts davon wissen, und schnell umfing er ihre Hände.
»Ich hasse Euch!« flüsterte sie, als er ihren Hals küsste. Ih re sanfte Stimme konnte ihre aufgewühlten Gefühle nicht verbergen, denn sie strebte ebenso sehr danach, sich selbst von der Wahrheit dieser Worte zu überzeugen, wie sie hoffte, ihn zu verletzen.
»Hasse mich nur. Aber unter deiner Kälte habe ich dein Feuer gesehen. Du hast die Wahl, Lily. Bleib kalt und teil nahmslos und tu nur das Nötigste deiner Pflichten als Ehe frau. Oder sei eine wahre Frau und empfange mich mit all der Leidenschaft, von der ich weiß, dass du sie in dir hast.«
Aber sie war nicht seine Ehefrau, sagte sie sich. Und sie wollte auch nicht zugeben, dass sie überhaupt Leidenschaft für ihn empfand. Sie schloss ihre Augen fest und zwang sich, nichts zu empfinden. Aber als er sanft ihre Wange liebkoste und seine Finger ihren Hals hinabgleiten ließ, konnte sie das schreckliche Beben, das ihren ganzen Körper erfasst hatte, nicht mehr kontrollieren. Genauso wenig konnte sie verhin dern, dass zwei Tränen unter ihren dunklen Wimpern her vorquollen. Das war die Krönung der Demütigung, und ihre Kehle zog sich zusammen vor Anstrengung, nicht in lautes Schluchzen auszubrechen.
Dann spürte sie einen zärtlichen Kuss erst auf das eine Au ge, dann auf das andere, und das brachte sie vollends aus der Fassung. Wie ein Strom flössen die Tränen über ihre Wangen, heiß und salzig und scheinbar endlos. Sie spürte, wie Corbetts Gewicht sich verlagerte, als er sich leicht von ihr löste. Mit seinem Daumen versuchte er, ihr die Tränen abzuwischen. Als das nicht reichte, benutzte er sein Hemd. Doch je mehr er ihren Tränen Einhalt gebieten wollte, um so heftiger flössen sie.
Sie hörte einen leise gemurmelten Fluch, dann legte er sich neben sie und zog sie dicht zu sich heran. Mit zunächst ungeschickten Händen begann er, ihr zerzaustes Haar zu glätten und ihr sanft den Rücken zu streicheln.
»Still, Lily. Still«, flüsterte er ihr ins Ohr. »Es gibt nichts, wovor du dich fürchten müsstest.«
Als ihr Weinen nicht aufhörte, versuchte er, sie dazu zu bewegen, ihm ins Gesicht zu blicken. »Du musst mit dem Weinen aufhören. Du machst dich selbst krank.«
Aber sie wollte nicht hören. Sie hatte Angst vor ihm und vor den Gefühlen, die er in ihr hervorgerufen hatte, zunächst so viel Zorn und dann diese Schwäche und Wärme. Wie ein unglückliches Kind versuchte sie, ihr Gesicht vor seinem scharfen Blick zu verbergen. Corbett jedoch ließ es nicht zu. Mit sanften, aber entschlossenen Händen rollte er sie auf den Rücken, so dass er über ihr war. Dann begann er, sie zu küs sen.
Zunächst ihre Augen. Dann ihre Wangen und ihre Stirn. Dann in kleinen, vorsichtig knabbernden Küssen ihr Kinn und den Kiefer entlang. Und die ganze Zeit über spielten sei ne Hände mit ihrem dichten, gewellten Haar.
Unter ihr kitzelte sie die lockige Schafswolle, während über ihr sich die verwirrende Wärme seines Körpers ausbrei tete. Ihre Hände waren nicht länger gefangen, und doch dachte sie gar nicht daran, ihn abzuwehren. Corbett spürte ihre neu gewonnene Gefügigkeit und ließ seine Küsse ihre Kehle hinabwandern. Lilliane fühlte ein Beben in ihrem Innern, als seine Lippen ihr zartes Fleisch hinabgli t ten. In der kleinen Kuhle ihrer Kehle beschrieb seine Zunge einen klei nen feuchten Kreis, und ihr Herz begann schneller zu schla gen.
Ihr kam der Gedanke, dass sie diesem Wahnsinn ein
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