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Das Herz

Das Herz

Titel: Das Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Kinder
    »Es sind zu viele!«, schrie der junge Funderling im Rennen. Sein Gesicht war dreckig und blutgesprenkelt; Waffe und Schild hatte er irgendwo fallen lassen. »Die Soldaten des Autarchen haben den Mondlosen Grund überrannt! Flieht!«
    Ferras Vansen wollte ihn festhalten, doch auch Malachit Kupfer war fest entschlossen, den jungen Kämpfer nicht alle anderen mit seiner Panik anstecken zu lassen. Er kam Vansen zuvor, packte den Burschen am Arm und verpasste ihm eine Ohrfeige. Der Funderlingssoldat starrte Kupfer verblüfft an, machte einen wackligen Schritt und sackte dann in die Knie.
    »Steh auf, Mann, und zeig, dass da Mörtel in deinen Fugen ist. Was ist los?«
    »Verzeiht, Meister Kupfer ...!« Der junge Kerl hatte schreckliche Angst; es war offensichtlich, dass er nur weiterrennen wollte.
    »Jetzt erstatte Bericht«, sagte Kupfer, »wie der getreue Lehrling der Steinhauerzunft, der du bist!«
    Die Lippen des Funderlings zitterten, doch er tat sein Bestes, eine soldatische Miene aufzusetzen, was ihm allerdings nur mangelhaft gelang. »Sie haben den letzten Steinwall eingerissen und jetzt treiben sie Jaspis und die anderen vor sich her wie Sandflöhe, Meister Kupfer. Es war schrecklich.« Er sah Ferras Vansen und die übrigen an, als hätten sie dem widersprochen. »Schrecklich! Flammen und überall so was wie brennendes Öl — schreiende Leute und ... und der Geruch, Meister Kupfer, der Geruch ...!«
    »Was könnte das sein, Hofarzt?«, fragte Vansen. »Chaven, habt Ihr gehört?«
    »Äh, worum geht es? Ach, ja, die Flammen, das dürfte wohl eine Mischung aus Naphta und Harz sein.« Der Arzt wirkte etwas konfus, so als hätte er nur halb zugehört. »Kriegsfeuer nannten sie das in Hierosol.« Er wandte sich an Vansen. »Dagegen kann man nichts machen, nur versuchen, die Flammen zu löschen, aber sie lodern furchtbar heiß.«
    »Das glaube ich nicht«, sagte Vansen. »Es gibt gegen jede Waffe ein Abwehrmittel — das hat Murroy immer gesagt.«
    »Wer?«
    »Egal.« Er wandte sich an den verängstigten Funderlingssoldaten, der sich inzwischen etwas beruhigt hatte. »Bringst du irgendeine Botschaft von Schlegel Jaspis? Ist er noch am Leben?«
    »Ich ... ich weiß nicht, H-hauptmann.« Der Funderling schien jetzt vor allem Vansen zu fürchten, weil ihm bewusst wurde, wie jämmerlich er sich verhalten hatte. »Als der Wachunterstand eingestürzt ist ... und wir dann angegriffen wurden ... da ... da hätte ich ...«
    »Aber du dachtest, dass du der Einzige warst, der die Nachricht überbringen konnte«, sagte Zinnober Quecksilber, der bisher geschwiegen hatte. »Das verstehen wir, Junge. Hat Dolomit seinen Abschnitt noch gehalten, als du dort vorbeikamst? Denk nach! Er hat ihn noch gehalten? Gut — dann geh jetzt, such das Feuer des Quartiermeisters, er wird dir etwas zu trinken geben und einen Platz, wo du dich ausruhen kannst. Wir werden Jaspis und den anderen Hilfe schicken.«
    »D-danke, Magister.«
    Als der junge Soldat davonhumpelte, war Malachit Kupfer bereits dabei, Verstärkung für Schlegel Jaspis aufzustellen und zu verhindern, dass der Rückzug der Übrigen zum Ockerschlauch in kopflose Flucht umschlug.
    »Ich wollte, Ihr hättet das nicht getan, Magister«, sagte Vansen leise zu Zinnober. »Er hat seine Kameraden im Stich gelassen. Er hat nicht einmal festgestellt, ob sein kommandierender Offizier noch lebt ...«
    »Das sind keine richtigen Soldaten, Hauptmann«, rief ihm Zinnober in Erinnerung. »Es sind brave Männer, aber sie haben keine militärische Ausbildung. Und ich glaube auch nicht, dass sie noch eine bekommen werden — dazu ist einfach keine Zeit. Doch in Zukunft werde ich mein Bestes tun, Euch diese Männer disziplinieren zu lassen, wie immer Ihr es für richtig haltet.«
    Jetzt fühlte sich Vansen ein bisschen beschämt. Er war kein Funderling, also konnte er sie nicht verstehen — war es das, was Zinnober sagen wollte? Ferras Vansen schluckte seinen Ärger hinunter. Dafür war jetzt nicht der Moment.
    Als noch mehr von Jaspis' und Dolomits Männern kamen, erzählten sie praktisch dieselbe Geschichte wie der erste panische Zunftwächter, aber mit überraschendem Ausgang.
    »Die Männer des Autarchen haben ihren Vorteil nicht genutzt, als wir zurückgewichen sind«, berichteten die Überlebenden. »Sie haben uns nicht mal durch die Gänge zum Ockerschlauch verfolgt, um uns daran zu hindern, Euch hier zu erreichen!«
    Das konnte sich Vansen nicht erklären. »Sie hatten allerbeste

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