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Das Herz

Das Herz

Titel: Das Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Zucken des Monsters seiner Hand entrissen. Das Ungeheuer ließ ihn fallen, bäumte sich auf mit einem grässlichen, gurgelnden Brüllen, so laut, als würde der Himmel selbst von seinem Gewölbe losgerüttelt, ein nicht enden wollendes Wut- und Schmerzgebrüll. Das Monster keuchte, hustete und gurgelte. Ein blutiger, rauchfarbener Stein fiel neben Barrick in den Sand. Dann stürzte der Himmel oder etwas ebenso Großes und Dunkles auf ihn, und die Welt verschwand.

26

Im Licht brennender Schiffe
    »Die Bewohner des Dorfs Tessideme wollten nicht, dass der Junge sich auf eine so gefährliche Suche begab, denn sie hatten ihn sehr gern. Adis der Waisenknabe aber wusste, dass dies die Aufgabe war, die ihm die Götter bestimmt hatten.«
    Der Waisenknabe, sein Leben und Sterben und himmlischer Lohn — ein Buch für Kinder
    Brionys Hoffnung währte nur kurz. Als die Xixier am Strand vor dem Angriff der Dachlinge und ihrer Vögel flohen, brachen plötzlich Reiterscharen des Autarchen aus der Stadt hervor und donnerten die Marktstraße zum Hafen hinab.
    Briony tat es Eneas und den verbliebenen Tempelhunden nach, die sofort ihre Pferde wendeten, um sich dieser neuen, tödlichen Gefahr zu stellen. Alle in der Nähe befindlichen Qar stießen rasch zu ihnen. Manche der Zwielichtler ritten Pferde, die so schlank und schön waren wie die vierbeinigen Strichfiguren, die Briony auf alten Mosaiken gesehen hatte, und die Reiter waren noch seltsamer als ihre Rösser. Etliche waren gar nicht menschenähnlich, sondern Füchse, Wölfe und Wildkatzen, deren bloße Anwesenheit die syanesischen Pferde nervös machte.
    »Verzagt nicht!«, rief Eneas seinen Männern zu, die ängstlich auseinanderwichen, als die fremdartigen Qar zwischen ihnen auftauchten. »Das sind Verbündete! Zusammen werden wir den südländischen Falken erlegen!«
    Sie stellten sich den angreifenden Xixiern dort entgegen, wo die Marktstraße auf die Hafenstraße stieß. Als beide Parteien aufeinandertrafen, waren das Klirren von Stahl auf Stahl und die Schreie von Männern und Pferden so schrecklich, dass Briony, obwohl fast zwei Dutzend Schritt vom Kampfgeschehen entfernt, sich die Ohren zuhalten wollte, bis der grässliche Lärm aufhörte.
    Warum war ich so dickköpfig? Warum habe ich geglaubt, in den Krieg reiten zu müssen wie ein Mann?
Sie hatte Todesangst.
    Aber selbst die tapfersten dieser Reiter müssen auch Angst haben,
dachte sie plötzlich.
Sogar Eneas.
Es spielte keine Rolle, warum sie hier war — sie war hier.
    Danach konnte Briony gar nichts mehr denken, was darüber hinausging, am Leben zu bleiben, die nötigen Hiebe zu führen, um sich selbst zu verteidigen oder einem Kampfgefährten in Not zu helfen — sie bewahrte eine mächtige, bärenähnliche Kreatur vor dem Speerstoß eines berittenen Xixiers, indem sie diesem mit dem Schwert auf den Helm drosch und ihn aus dem Sattel schlug. Das bärenartige Wesen hielt sich nicht damit auf, ihr zu danken, sondern stürzte sich sofort wieder ins Getümmel.
    Sie hielt sich aus dem dichtesten Kampfgeschehen heraus, wo sie durch ihre geringere Körpergröße und Reichweite im Nachteil gewesen wäre, und hieb nur zu, wenn sie musste. Wenn es den Südländern auch nur gelänge, auf einer Seite an ihnen vorbeizukommen, wären Briony und ihre Kampfgefährten zwischen zwei Teilen der xixischen Streitmacht eingeschlossen und würden rasch zermalmt werden. Fackeln strömten aus der Stadt und vom freien Gelände zur Marktstraße — Hunderte, wenn nicht gar Tausende xixischer Fußsoldaten, die erst noch in die Schlacht eingreifen würden. Eneas war zu tief im Getümmel, um es zu sehen, und außerdem zu beschäftigt damit, um sein Leben zu kämpfen — wenn nicht ein Wunder geschah, würde es aus diesem Alptraum kein anderes Entkommen geben als den Tod.
    Da ging plötzlich die Bucht hinter ihr in Flammen auf.
    Nein, nicht die Bucht, erkannte Briony, als sie sich mühte, ihr erschrockenes Pferd zu wenden. Flammen züngelten den Mast des nächstliegenden xixischen Schiffs empor und über die gerefften Segel; während sie noch hinstarrte, fingen ein Dutzend weiterer Schiffe, große und kleine, nacheinander Feuer. Die Flammen schienen über die Bucht zu springen wie Lebewesen: Jeweils zwei, drei südländische Schiffe entzündeten sich gleichzeitig, bis Dutzende lichterloh brannten und ihr flackernder roter Feuerschein das Schlachtfeld so hell erleuchtete, als ob die untergegangene Sonne wiedergekehrt wäre. Vom ganzen Strand

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