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Das Herz

Das Herz

Titel: Das Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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ihm wieder ein — ein mächtiger Schatten war auf ihn gefallen und hatte ihn ins Dunkel geschleudert. »So dunkel ...!«
    »Es ist alles eins«, sagte Saqri. »Was du gesehen hast, was du fürchtest, wogegen du gekämpft hast. Alles ein und dasselbe in tausend mal tausend Verkleidungen. Und dieses Eine ist
Vergessen.
Denk daran, Barrick Eddon. Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass du aufhörst zu existieren. Ist das so schlimm?« Saqri hatte ihre Kampfrüstung abgelegt und trug jetzt ein Gewand aus leuchtend weißer Seide. Neben ihr stand eine kleinere Qar-Frau, die mit ihren spitzen Zügen und ihren Tieraugen gleichzeitig weniger menschlich und weniger beängstigend aussah als Saqri. »Das ist Perle des Sonnenuntergangs«, sagte Saqri. »Sie ist Heilerin.«
    Urayanu,
murmelten die Feuerblumenstimmen.
Die von der Stärkenden Berührung.
    »Was ist passiert?« Etwas fehlte. Wie war er hierhergekommen?
    »Du hast die Steinschluckerin vernichtet, dann bist du gefallen.«
    »Dieses Etwas, diese Frau oder ... Bestie ... Wer war das?
    Saqri schüttelte den Kopf. »Eine Dienerin des Autarchen. Aber der Stein, den sie von ihrem Gebieter hatte — das war wahrhaftig eine mächtige Waffe. Ein Bruchstück von einer Kachel, ein Bröckchen von Silberglanz' zerstörtem Palast — ein
Kulik Khors,
wie manche Sterblichen es nannten. So wie die größeren Kacheln eine Tür zu Großmutter Leeres Straßen zu öffnen vermögen, so können auch diese Bruchstücke dasselbe bewirken. Doch sie öffnen nur eine Tür zu einem sehr unangenehmen Ort, und wenn dieser Weg frei ist, kommt eins von den Wesen, die dort leben, heraus, um in den Körper des Steinschluckers zu fahren. Das ist es, was du gesehen hast. Das ist es, wogegen du gekämpft hast.« Sie wandte sich an die andere Qar-Frau. »Wie steht es um die Verletzungen des Menschenkinds?«
    »Das Schlimmste war das Etwas, das im Todeskampf auf ihn gefallen ist«, sagte die kleine Frau. »Er wird überleben, Herrin, aber er braucht Ruhe.«
    »Die wird er bekommen. Danke, Perle des Sonnenuntergangs.« Saqri berührte Barricks Stirn mit ihren kühlen Fingern. »Du hast etwas Tapferes getan, Menschenkind. Du hast dich einem schrecklichen, erbarmungslosen Feind entgegengestellt, der viele getötet hätte ...«
    Plötzlich fiel ihm wieder ein, was vor seiner Begegnung mit der Steinschluckerin passiert war. »Der Autarch — all diese Soldaten — was ist geschehen? Haben wir ihn geschlagen?«
    »Der Südländerkönig ist nicht mehr im Lager am Buchtufer«, erklärte Saqri. »Aber das hast du dir ja wohl schon gedacht. Er ist mit seiner Hauptstreitmacht in die Felstiefen hinabgezogen, also ist die Gefahr unvermindert groß. Wir und unsere sterblichen Verbündeten mussten es nur mit den Truppen aufnehmen, die er zurückgelassen hat, obschon selbst diese uns an Zahl um ein Vielfaches überlegen waren.« Sie erzählte ihm, wie der Schlachtplan aufgegangen war, wie die fliegenden Bogenschützen und die Skimmer mit ihren Brandpfeilen und ihren lautlosen, kleinen Booten die Xixier überrumpelt hatten. »Nur die Überraschungsangriffe unserer Vettern haben uns gerettet«, schloss Saqri. »Die Reihen der Südländer gerieten in Auflösung, und die Überlebenden sind in die Berge geflohen, also sind wir für den Augenblick sicher.« Sie schüttelte so sachte den Kopf, dass sich ihr glänzendes Haar kaum bewegte. »Mein Gemahl hatte recht. Er hat mir oft gesagt, dass wir eines Tages wieder Seite an Seite mit unseren verstreuten Verwandten kämpfen würden. Ich war sicher, dass es nur seine Hoffnung auf etwas war, das nie eintreten würde.«
    »Und Ihr?«, fragte Barrick. Er war müde und hatte Schmerzen, fühlte sich der Königin aber enger verbunden denn je. »Seid Ihr wohlauf, Saqri? Habt Ihr Euch ausgeruht?«
    »Ich bin gerade aus einem unfreiwilligen hundertjährigen Schlaf erwacht, Barrick Eddon. Ich brauche nicht mehr zu ruhen, ehe mein Leben gelebt ist.« Sie legte die Finger zum
Schlaf der Spinne
aneinander, was für einen Moment der Veränderung stand. »Jetzt zählt für uns jeder Augenblick ... die Zeit drängt. Ich treffe mich gleich mit den Sterblichenkriegern, die uns zu Hilfe gekommen sind, und bespreche mit ihnen, was wir als Nächstes tun. Ich hätte dich gern dabei.« Sie betrachtete ihn eine ganze Weile. »Aber ich glaube, Perle des Sonnenuntergangs wäre mir böse, wenn ich dich mitnähme. Du warst nah am Rand und bist gerade erst zurückgekehrt.« Sie zögerte, was er bei ihr

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