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Das Herz

Das Herz

Titel: Das Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Unterrichtszimmers verwiesen worden war, um über seine Sünden nachzudenken.
    »Oh!« Sie wich erschrocken einen Schritt zurück, als sie ihn schließlich sah. Er war so hell blond, dass sein Haar in dem dunklen Raum weiß wirkte. Seiner Kleider wegen hielt sie ihn im ersten Moment für einen Funderling, aber sein Gesicht war, so ernst es auch dreinblickte, eindeutig das eines Kindes. Er mochte etwa neun oder zehn Jahre alt sein. »Guten Tag«, sagte sie, als sie sich wieder etwas erholt hatte. »Der Segen der Drei sei mit dir und die Gnade Zoriens.«
    Er rutschte von der Bank, stand jetzt. »Segen auch Euch, Schwester Utta. Ich muss jetzt gehen, aber vorher wollte ich Euch noch etwas sagen.«
    Das Kind war sonderbar, wenn sie auch nicht genau sagen konnte warum, aber irgendwie ging etwas so Zwingendes von ihm aus, dass sie nicht wieder zurückwich, auch dann nicht, als der Junge auf sie zukam und ihre Hand ergriff »Bitte, kümmert Euch um Merolanna. Sie ist mir wichtig, und sie wird traurig sein, wenn sie herausfindet, dass ich weg bin. Sie hat nicht mehr viel Zeit — ich fürchte, sie wird schon vor nächstem Frühling gerufen werden —, also wird es wohl nicht zu viel Mühe für Euch sein.« Während sie ihn noch verblüfft und beunruhigt anstarrte, drückte er ihre Hand. Seine Augen waren so blau wie klarer Frühlingshimmel. »Ich muss jetzt in den Stall.« Ohne nähere Erklärung fuhr er fort: »Ihr habt noch viele Jahre, Schwester, also braucht Ihr nicht zu befürchten, dass Euch die Sorge für Merolanna um das bringt, was Ihr selbst erreichen wollt. Ich kann Euch sagen, dass Ihr meiner Mutter viele, viele Herzen zuführen werdet.«
    Und während die Worte noch in ihrem Kopf nachhallten, ließ der Junge Uttas Hand los und verschwand aus den Gemächern der Herzoginwitwe.
    »Ach, was für ein Vormittag!«, sagte Merolanna, als Utta an ihr Bett trat. »Mein Sohn war bei mir! Hier in meinem Zimmer! Ich wollte, Ihr hättet ihn sehen können!«
    Utta fiel nichts Unverfängliches ein, was sie hätte sagen können, außer: »Das war gewiss ein Himmelssegen.«
    »Ein Himmelssegen, ja, das ist das richtige Wort. Er kam zu mir und erzählte mir von so vielen wunderbaren Dingen, die er mir eines Tages zeigen will! Ich kann es kaum erwarten!«
    Utta betrachtete das Lächeln der alten Frau und wandte sich dann ab, um sich diskret die Augen zu tupfen. »Alles kommt dann, wenn es die Götter für richtig befinden.«
    »Das klingt, als ob Ihr nicht glaubt, dass er bald wiederkommt«, sagte die Herzoginwitwe, »aber zu viel Zeit sollte er sich nicht lassen. Immerhin sind es meine Kutsche und mein Kutscher, die er genommen hat!« Merolanna schob ihre Kissen zurecht, lehnte sich zurück und griff dann nach Uttas Hand. »Aber einstweilen, teure Freundin, seid doch so gut und setzt Euch ein wenig zu mir. Was ist denn heute für Wetter? Ist es wirklich endlich Sommer?«
    Utta ließ sich auf den Stuhl hinabziehen; ihre Gedanken jagten. »Sommer? O ja, ich ... ich denke schon. Es ist nicht übermäßig warm, aber der Himmel ist hell und weit ...«

    »Sie ist des Mordes schuldig. Mehr noch, sie ist der Verschwörung zur Ermordung eines Prinzregenten schuldig. Ihr könnt sie nicht am Leben lassen, Prinzessin.«
    Rose machte sich die ganze Zeit an einem aufgegangenen Band von Brionys Mieder zu schaffen, und allmählich wurde es lästig. Briony scheuchte die junge Frau mit einer Handbewegung weg. »Dan-Faar, wir sprechen von meiner Stiefmutter — der Witwe meines Vaters. Es ist nicht so einfach, wie Ihr es darstellt.«
    »Gerade deshalb
ist
es so einfach. Wenn es zu Unzufriedenheit mit Eurer Herrschaft kommt, wird Anissa zum Zentrum allen Widerstands werden — sie ist schließlich die Mutter des Kleinen. ›Setzt Olins Sohn auf den Thron!‹, werden sie sagen. ›Wir brauchen einen König?‹«
    »Im Gegensatz zu einer Königin?«, fragte Briony. »Ihr kennt die Geschichte meines Volkes nicht so gut, wie Ihr glaubt, Dawet ...«
    »Ja, ja, wir kennen alle Königin Lily, den Stolz des Hauses Eddon«, sagte er mit diesem aufreizenden Lachen, das er an sich hatte — als ob er sämtliche Gedanken anderer längst selbst gedacht, geprüft und verworfen hätte. »Aber das war vor langer Zeit, und niemand wagte, sich gegen Anglins Blut zu stellen. Die Zeiten haben sich geändert, Hoheit. Die Welt ist durcheinandergeraten, vor allem hier in Südmark, und niemand wird sich je wieder so sicher sein, was wichtig ist und was nicht.«
    Briony

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