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Das Herz

Das Herz

Titel: Das Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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widersprechen, aber hinter den Worten lief etwas Urtümlicheres ab, und er konnte auch nicht einfach lockerlassen. »Aber über ihre Einzigartigkeit sind wir uns einig.«
    »Recht gesprochen!« Seltsamerweise schien der Prinz nicht verärgert. »Ich meinte ja nur, dass ihre ... Entschlossenheit so etwas Reines ist. Wie der Drang eines Vogels zu fliegen ...«
    Hochrufe erschallten, wenn sie auch an der ungeschützten Straße rasch vom Wind davongerissen wurden. Tempelhunde drängten sich, Schwerter und Banner in der Luft schwenkend, um Briony, um sich von ihr zu verabschieden, und jede militärische Ordnung war dahin.
Aber die Menschen sind so wenige, und die Welt ist so groß,
dachte Vansen, als er von dem Knäuel von Soldaten und Reitern zu den leeren Hügeln hinüberblickte.
Wie sollen wir ohne die Götter leben?
    Idiot,
schalt er sich gleich darauf
Wir haben genauso viel von den Göttern, wie wir immer hatten.
    Als Prinz Eneas und seine Männer schließlich nach Süden in Richtung Syan aufgebrochen waren, ritt Briony mit ihrem Gefolge durch Südmarkstadt zurück. Die Stadt war jetzt so leer und geisterhaft wie die Orte, die Vansen an der Nordmärkerstraße gesehen hatte, als er mit Collum Saddler und dem armen Kaufmannsneffen Raemon Beck dort entlanggeritten war.
    »Ich treffe mich jetzt mit meinem Bruder«, erklärte ihm Briony. »Ihr habt zu Hause viel zu tun, und Feldwebel Davis kann ja auf mich aufpassen.«
    Der junge Doff Davis war, wie Vansen wusste, fast so bezaubert von der Prinzessin wie er selbst und hatte für die Qar nichts übrig. Vansen bezweifelte nicht, dass er sehr gewissenhaft auf die Prinzessin aufpassen würde, aber das war nicht das Einzige, worum es ihm ging. »Nein«, sagte er. »Ihr könnt mich natürlich wegschicken, Hoheit, aber wenn Ihr gestattet, würde ich Euren Bruder gern noch einmal sehen. Wir sind lange zusammen gereist.«
    »Was ist hinter der Schattengrenze mit ihm passiert, teurer Hauptmann?«
    Er schüttelte ratlos den Kopf »Ich kann es Euch nicht sagen, nicht genau. Als ich ihn in Große Tiefen das letzte Mal sah, war er nicht so anders, als Ihr ihn kanntet. Ein bisschen härter vielleicht. Ein bisschen ruhiger. Dabei, ein Mann zu werden, würde ich sagen, denn anders hätte er diesen schrecklichen Ort nicht überlebt.« Die Sonne sank auf die Hügel im Westen zu, als sie sich jetzt auf der Marktstraße der Kreuzung mit der Küstenstraße gleich vor der Stadt näherten. »Dann gab ihm Gyir, der Zwielichtler, von dem ich Euch erzählt habe, den Auftrag, einen Spiegel, der von Yasammez kam, dem Qar-König zu bringen. Warum genau, weiß ich immer noch nicht, aber irgendwie sollte der Spiegel Königin Saqri auferwecken, also muss er ihn wohl abgeliefert haben.« Er zuckte die Achseln. »Das nächste Mal gesehen habe ich ihn wenige Stunden vor Euch. Da war er praktisch ein anderer.«
    »Nicht ganz.« Sie schirmte ihre Augen gegen die Sonne ab und blickte die Straße entlang. »Er war immer schon voller Geheimnisse. Es ist typisch Barrick, mich dort draußen treffen zu wollen, weit weg von allen anderen Leuten. Als Kinder haben wir uns immer vor der Familie und den Bediensteten versteckt — oder zumindest Barrick war plötzlich vom Erdboden verschluckt. Aber ich habe ihn immer gefunden.« Sie sah so traurig aus, dass Ferras Vansen sie trotz ihres ganzen Gefolges von Wachen, Reitknechten und Pagen beinahe an sich gezogen und geküsst hätte. »Wir haben uns immer gemeinsam vor der Welt versteckt. Ich glaube, das macht mir am meisten zu schaffen. Jetzt läuft er wieder weg und versteckt sich, aber diesmal kann ich nicht mit. Jemand muss hierbleiben. Jemand muss den Herrscher spielen.«
    Die Sonne stand schon sehr tief, doch von der Kreuzung aus war immer noch niemand zu sehen. Auf Vansens Beharren hin war ein Zelt aufgestellt worden, damit die Prinzessin vor Sonne und Wind geschützt auf ihren Bruder warten konnte, und dort saß sie mit einem Becher Wein und hing schweigend ihren Gedanken nach, als die Späher meldeten, dass jemand nahe. Es war nicht die Zwielichtlerarmee, wie Vansen erwartet hatte, sondern eine einzelne zweispännige Kutsche, die auf der ausgefahrenen Straße heranratterte.
    So erstaunt Vansen auch über das Gefährt war, das das Wappen Herzog Damans, des längst verstorbenen Bruders von König Olin, trug und von einem Kutscher in voller Livree gelenkt wurde, war er doch noch viel verblüffter, als es hielt und er die Passagiere die schmale ausklappbare Treppe

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