Das Hexenschiff
aus dem Segel, die wie brennende Teppiche auf das Deck fielen.
Noch stärker wurde die Hölle angeheizt. Nicht allein durch das Feuer, auch durch die Schreie der Menschen. Die Gefangenen waren angekettet, sie konnten sich nicht befreien. Auch sie mußten bereits die Hitze des Feuers spüren, das sie irgendwann zerschmelzen würde. Ihre Schreie waren kaum auszuhalten und übertönten das dumpfe Brausen des Feuers.
Jerry Malt, der mir hatte helfen wollen, lag zwischen dem Mast und den Hexen. Er kroch davon und an den Füßen der Tanzenden vorbei. Daß er dabei einige Male getroffen wurde, schien er kaum wahrzunehmen. Er wollte sich nur mehr retten. Die Todesangst hatte letzte Kräfte bei ihm mobilisiert.
Dann schrie ich.
Ein Stück Segeltuch war vom Wind erfaßt und so auf mich zugeweht worden, daß es dicht an meinem Gesicht vorbeistreifte und ich das Gefühl bekam, die Haut würde mir von den Knochen gezogen. Ich schrie!
Und ich kämpfte!
Vielleicht war das Feuer meine Chance. Wenn ich die Nerven behielt, mußten sich die Flammen in Kürze so weit ausgebreitet haben, daß sie auch den Mast erfaßten und ihn zerstörten.
Ich half dabei mit.
Trotz meiner Schwäche, die sich immer stärker in mir ausbreitete, wuchtete ich meinen Körper vor und zurück. Drehte mich auch nach links, dann wieder nach rechts und versuchte, die verdammten Stricke so weit zu lockern, daß ich mich hindurchschieben konnte. Ja, sie saßen nicht mehr so fest.
Und die Hexen tanzten weiter!
Sie drehten ihre Kreise, hüpften von einem Fuß auf den anderen. Makaber und grotesk kam mir ihr Tanz vor.
Für mich sollte er tödlich werden!
Das Brausen der Flammen wurde stärker. Auch die Aufbauten waren mittlerweile vom Feuer erfaßt worden. Da brach das Holz weg. Ich hörte das Krachen und Splittern, sah den dicken, fetten Rauch über das Deck treiben und vernahm auch die Schreie der Angeketteten. Ich konnte ihnen nicht helfen!
Aber was war mit Suko und Bill! Verdammt, sie mußten doch inzwischen angelegt haben! Weshalb kamen sie nicht an Deck und räumten auf? Warum hörte ich keine Schüsse?
Dafür vernahm ich die schaurige Musik des Feuers. Ich mühte mich weiter, zerrte, drehte, lockerte und rutschte durch, denn gleichzeitig hatte ich mich in die Knie fallen lassen.
Ja, ich kam frei!
Am liebsten hätte ich geschrien. Das wiederum hätte Kraft gekostet, die ich unbedingt noch brauchte. Die Hexen würden alles daransetzen, um meine Flucht zu verhindern. Dafür sah ich diese Wesen an. Ich war nach unten gerutscht und berührte mit meinen Knien zuerst den Boden. Dabei spürte ich die Stricke, wie sie an meiner Brust entlangglitten, auch das Gesicht erfaßten, über die Haut zogen und meinem sowieso schon heißen Gesicht noch mehr Schmerzen zufügten. Schrill war das Gelächter der Hexen. Sie hatten meine Bemühungen miterlebt, aber noch nicht eingegriffen. Wie ich auf die Füße kam, wußte ich nicht, ich bekam keine Luft mehr. Immer wenn ich einatmete, hatte ich das Gefühl, Feuer zu trinken, das durch meinen Hals rann und erst im Magen allmählich verlöschte.
Ich wankte auf die Hexen zu.
Sie kamen mir entgegen. Sie wollten endlich den Schlußstrich ziehen, und ich sah im Widerschein der Flammen ihre schrecklichen entstellten und verzerrten Fratzen.
Übergroß erschien Esmeralda vor mir. Ich ging noch immer gebückt und sah, daß sie etwas in der Hand hielt. Es war eine Stange oder ein Balken.
Hoch schwang sie die Arme über den Kopf und setzte zu einem Hieb an, der mir sicherlich den Schädel gespalten hätte.
Ich bewegte mich weiter, glaubte schnell zu sein und war doch nur langsam wie eine Schnecke. Ich dachte nicht einmal mehr an die Beretta, sondern nur mehr daran, dem Feuer zu entkommen. Das nutzte die Hexe aus.
Sie schlug!
Und ich hörte das Klatschen!
***
»Längsseits, verdammt, geh längsseits!« Bill Conollys Stimme überschlug sich, als er Kelly den Befehl zuschrie. Wenn der Mann nicht beidrehte, bestand die Gefahr, daß ihr Motorboot von einer Welle gepackt und gegen das Hexenschiff geworfen wurde.
Wenn das passierte, war es aus!
Kelly gehorchte. Er riß das Ruder hart herum. Bill, der ebenso wie Suko auf dem Sprung stand, um das Hexenschiff zu entern, wurde herum-und zurückgeschleudert. Er fand keinen Halt mehr, krachte auf die Planken und begann zu fluchen.
Aber er war sofort wieder auf den Beinen, blieb breitbeinig und gebückt stehen, sah, daß Suko ebenso reagierte und bekam auch mit, wie eine nächste
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